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Politik verstärkt Kampf gegen Rechtsterror

8. Februar 2012

Neben parlamentarischen Untersuchungsausschüssen will eine Bund-Länder-Kommission klären, wie es zu der Neonazi-Mordserie kommen konnte. Um politische Verantwortlichkeiten soll es aber nicht gehen.

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Ein durchgestrichenes Hakenkreuz symbolisiert den Kampf gegen Neonazis und Rechtsextremismus. Das Bild stammt von einer Demonstration, die im Dezember 2011 in Eschede stattgefunden hat. Die Teilnehmer protestierten gegen ein Treffen von Neonazis. (Foto: Alexander Körner / dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Die Bekämpfung des Rechtsextremismus in Deutschland habe eine "hohe Priorität", betonte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich anlässlich der von ihm am Mittwoch (08.02.2012) in Berlin einberufenen "Bund-Länder-Kommission Rechtsextremismus". Dem Gremium gehören zwei frühere Länder-Innensenatoren, ein Strafrechtsexperte und ein ehemaliger Bundesanwalt an. Minister Friedrich erwartet von der Kommission Vorschläge für eine "verbesserte Zusammenarbeit" der Behörden.

Mangelhafte Kommunikation insbesondere zwischen den Verfassungsschützern der Länder und des Bundes hatten offenbar das Untertauchen mutmaßlicher Rechtsterroristen begünstigt, die in den Jahren von 2000 bis 2007 mindestens zehn Menschen mit überwiegend ausländischen Wurzeln ermordet haben. Mit den Hintergründen der im November 2011 bekannt gewordenen Mordserie befassen sich bereits Untersuchungsausschüsse des Bundestages und des Parlaments in Thüringen. Das dort ansässige Landesamt für Verfassungsschutz hat die mutmaßlichen Mörder trotz jahrelanger Beobachtung Ende der 1990er Jahre aus den Augen verloren.

Ex-Senator Körting: "Wir stellen Strukturdefizite fest"

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (r.) während der Pressekonferenz zur Einsetzung der Bund-Länder-Kommission. Neben ihm Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann, Es-Bundesanwalt Bruno Jost und der frühere Berliner Innensenator Ehrhart Körting. (Foto: Wolfgang Kumm / dpa)
Vereint im Kampf gegen Rechtsterrorismus: Ex-Senator Körting, Ex-Bundesanwalt Jost, Niedersachsens Innenminister Schünemann, Bundesinnenminister Friedrich (v.l.n.r.)Bild: picture-alliance/dpa

Die nun eingesetzte Bund-Länder-Kommission will eng mit den Untersuchungsausschüssen zusammenarbeiten. Deren Erkenntnisse sollen ebenso berücksichtigt werden wie Ergebnisse aus eigenen Nachforschungen. Dabei soll es eine klare Arbeitsteilung geben. Für strafrechtliche Ermittlungen und die Frage nach der Schuld sei ohnehin der Generalbundesanwalt zuständig, dass sei nicht Aufgabe der Kommission, sagte der frühere Innensenator des Stadtstaates Berlin, Ehrhart Körting. "Wir stellen Strukturdefizite bei der Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern fest", kündigte Körting an.

Anders als ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss hat die Bund-Länder-Kommission keine offiziellen Ermittlungsrechte. Körting sieht darin kein Problem. Sein Gremium solle Schwachstellen bewerten. Dass es bei dieser Aufgabe auch Zugriff auf Informationen aus anderen Gremien und von Sicherheitsbehörden erhält, davon geht Körting aus, obwohl die Länder gesetzlich nicht zur Herausgabe verpflichtet sind.

Ein Gremiumsmitglied war selbst Verfassungsschützer

Einen kritischen Blick auf die Arbeit der Verfassungsschützer hat sich der ehemalige Chef des Hamburger Landesamtes, Heino Vahldieck, vorgenommen. Gerade wenn man es gut meine mit dem Verfassungsschutz, müsse man "natürlich die Schwachstellen analysieren, erkennen, benennen und abstellen". Das sei sein persönlicher Ehrgeiz, "denn danach können die Sicherheitsbehörden nur gestärkt aus einer solchen Untersuchung herausgehen", sagte Vahldieck.

Kritik an der Art der Aufklärung hat die Deutsche Polizeigewerkschaft geübt. Deren Vorsitzender Rainer Wendt sagte dem TV-Sender "Phönix", er finde es "fast schon skandalös", dass jetzt jede Menge Kommissionen und Ausschüsse eingesetzt würden, um Fehler bei Polizei und Verfassungsschutz zu untersuchen. Er wünsche sich auch einmal eine Kommission, "die die politischen Defizite erhellt". Darum wird es in den bislang eingesetzten Gremien in der Tat nicht gehen.

Sowohl die Untersuchungsausschüsse als auch die Bund-Länder-Kommission wollen sich vor allem um strukturelle Schwächen bei den Sicherheitsbehörden kümmern. Darüber hinaus hat die Politik zahlreiche weitere Maßnahmen ergriffen. Bereits im Dezember wurde das "Gemeinsame Abwehrzentrum Rechtsextremismus" eingerichtet. Eine zentrale Neonazi-Datei befindet sich ebenso im Aufbau wie ein Informations- und Kompetenzzentrum gegen Rechts.

Autor: Marcel Fürstenau
Redakteur: Peter Stützle