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Politiksponsoring? Nur in Grenzen!

8. März 2010

Spenden und Sponsorengelder für Gespräche mit Ministern. Wer am meisten zahlt, hat den größten Einfluss auf die Politik? Lösungen für den Umgang mit verdeckten Parteifinanzierungen hat die Initiative LobbyControl.

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T-Shirt eines Delegierten auf dem SPD Landesparteitag mit der Aufschrift "Erst Mieten, dann Kaufen. Rent a Rüttgers", Foto: dpa
Die Affäre um Geld für ein Treffen mit Ministerpräsident Rüttgers hat die Debatte losgetretenBild: dpa
Der deutsche Außenminister Guido Westerwelle.
Gilt auch bei Westerwelle: Spender bevorzugt?Bild: AP

Der deutsche Außenminister ist derzeit in Südamerika unterwegs, im Gefolge eine hochkarätige Wirtschaftsdelegation. Die Manager wurden vom Auswärtigen Amt ausgesucht – das ist so üblich. Das Nachrichtenmagazin "Spiegel" will aber herausgefunden haben, dass Unternehmer bevorzugt wurden, die zuvor an die Partei des Ministers, also die FDP gespendet haben. Eine Nachricht, die einmal mehr die Frage aufwirft, wie sehr Spenden und Sponsorengelder inzwischen Einfluss auf Politiker und die Politik nehmen und wie man mit ihnen umgehen soll.

220 Euro kostete ein Quadratmeter Standfläche für Aussteller auf dem FDP-Bundesparteitag in Hannover im vergangenen Jahr. Ein Angebot, von dem zahlreiche Wirtschaftsunternehmen regen Gebrauch machten. Fast 70 Sponsoren listet die Internetseite zum Parteitag auf, vom Apotheker-Verband über zahlreiche Energieversorger, das Deutsche Atomforum und private Krankenversicherungen bis hin zu Automobilherstellern wie VW und Audi.

Standmiete als verdeckte Parteienfinanzierung

Reinigung der Audi-Ringe. Foto: dpa
Nicht gut fürs Image: Auch Audi hat offenbar für Ministerkontakt bezahlt.Bild: picture alliance / dpa

Letztere ließen sich ihren Auftritt mehr als 20.000 Euro kosten, rechnet Heidi Klein von der Initiative LobbyControl vor. „Audi hatte einen Stand von über 100 Quadratmetern auf dem Parteitag, da sind große Summen geflossen."Ein solcher Stand sei aber keine adäquate Gegenleistung für so eine große Geldsumme. Die Partei zahle einen bestimmten Preis für die Hallenmiete und der entspreche dem wirtschaftlichen Wert des Standes. "Der Rest ist eine verdeckte Parteienfinanzierung.“ Diese verdeckten Zuwendungen seien allerdings nirgendwo richtig ausgewiesen. In den Rechenschaftsberichten gäbe es lediglich den Posten 'sonstige Einnahmen und Ausgaben' "und da findet sich das irgendwo", sagt Klein. "Es ist für den Bürger oder die Bürgerin nicht sichtbar, wo welche Gelder in diesem Bereich Sponsoring fließen.“

Ebenso unklar ist, welcher Einfluss über die Gelder genommen wird. So eröffnete in Nordrhein-Westfalen und in Sachsen die CDU ihren zahlungskräftigen Sponsoren auf dem Parteitag auch die Möglichkeit, den Ministerpräsidenten persönlich zu sprechen - natürlich gegen einen entsprechenden Obolus. Für den linken Bundestagsabgeordneten Ulrich Maurer ist das ein Skandal, denn es sei doch klar, dass sich die Geldgeber von dem Treffen Vorteile versprechen würden. "Wenn man in Deutschland einen Ministerpräsidenten – und sei es nur auf Stundenbasis – mieten kann, weil man sich davon Vorteile verspricht, dann untergräbt das das Vertrauen der Bevölkerung," klagt Maurer. "Man muss leider sagen: das Restvertrauen – in die Demokratie.“

Glaube in Politik schwindet

Symbolbild. Überreichen von Geld
Je mehr Geld, desto mehr Einfluss - daran glauben viele DeutscheBild: BilderBox.com

Mehr als 80 Prozent der Deutschen gehen mittlerweile davon aus, dass über Parteispenden und Sponsorengelder Einfluss auf Politiker genommen wird. Trotzdem möchten die Parteien, abgesehen von der Linken, auf die Zahlungen nicht verzichten. Rein staatlich finanzierte Parteien seien vom Grundgesetz nicht gewollt, so der Unionsabgeordnete Ingo Wellenreuther. Er verweist darauf, dass die Parteien nach dem Grundgesetz den Auftrag haben, an der politi­schen Willensbildung des Volkes mitzuwirken. Und dafür bräuchte sie eine entsprechende Finanzierung, meint Wellenreuther. "Wir haben uns in Deutschland ganz be­wusst gegen eine rein staatliche Alimentierung entschie­den und die gesellschaftliche Verankerung als Wesenselement politischer Parteien definiert.“

Doch was heißt in diesem Fall gesellschaftliche Verankerung? Heißt es, dass diejenigen den meisten Einfluss auf die Politik nehmen können, die am meisten zahlen? Aus Steuergeldern erhalten die Parteien jedes Jahr maximal 130 Millionen Euro. Das reicht aber offensichtlich nicht. Deswegen nehmen die Parteien Spenden und Mitgliederbeiträge, über die laut Parteiengesetz allerdings genau Auskunft erteilt werden muss.

Das Sponsoring, das im Sport und in der Kultur seit langem üblich ist, wird durch das Parteiengesetz hingegen nicht erfasst. Damit ist es für die Parteien in Zeiten sinkender Mitgliedzahlen und steigender Ausgaben eine attraktive Möglichkeit, die Kassenlage zusätzlich aufzubessern. Auch für Unternehmen ist Sponsoring interessant, denn zum einen ist der Auftritt auf einem Parteitag werbewirksam und zum anderen können die Zahlungen auch noch als Betriebsausgaben von der Steuer abgesetzt werden.

Kein grundsätzliches Verbot von Sponsoring

Ministerpräsident Rüttgers
Kein Verzicht, sondern Grenzen und Transparenz für SponsorengelderBild: dpa

Außerdem gibt es für Sponsorengelder keine Obergrenzen. Genau das aber, so sagt Heidi Klein von LobbyControl, müsse sich ändern. „Sponsoring muss, was die Transparenz angeht, gleichbehandelt werden mit Spenden." Finanzflüsse ab 10.000 Euro müssten sofort veröffentlicht werden und Finanzflüsse ab 2.000 Euro müssten namentlich im Rechenschaftsbericht der Parteien erwähnt werden. Außerdem dürfe das Sponsoringgeld nicht zusätzlich steuerlich absetzbar sein. Derzeit ist es aber absetztbar, während Parteispenden das nicht sind. Außerdem sollten Parteispenden und Sponsoring zusammen 50.000 Euro nicht überschreiten, meint Klein.

Von einem grundsätzlichen Verbot von Parteispenden und Sponsoring hält man bei LobbyControl nichts. Geld finde immer seinen Weg, das sehe man in den USA, wo die Spendenpraxis viel strenger ausgelegt wird. Es gehe vielmehr darum, die Zahlungen in größtem Maße transparent und damit auch für Bürger nachvollziehbar zu machen. Eine Meinung, die sich angesichts der zunehmenden Diskussionen auch bei den Parteien durchzusetzen scheint.

Autorin: Sabine Kinkartz

Redaktion: Insa Wrede