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Polizei räumt Protestcamp der "Stuttgart 21"-Gegner

15. Februar 2012

Ein Großaufgebot der Polizei hat dafür gesorgt, dass das Protestcamp gegen das Bahnprojekt "Stuttgart 21" geräumt wurde. Die S21-Gegner beklagen das harte Vorgehen der Polizei.

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Drei Polizisten holen am Mittwoch mit einer Hebebuehne einen Aktivisten der Umwelt- und Naturschutzorganisation Robin Wood und Gegner des umstrittenen Bahnprojekts 'Stuttgart 21' von einer Plattform an einem Baum im Schlossgarten in Stuttgart (Foto: dapd)
Bild: dapd

"Wir haben die Lage voll im Griff und liegen voll im Zeitplan", sagte der Stuttgarter Polizeipräsident Thomas Züfle. Am frühen Nachmittag konnte er der Bahn das Gelände am Schlossgarten für die Bauarbeiten übergeben. Bis dahin hatte die Polizei die letzten Projektgegner von dem rund 40.000 Quadratmeter großen Gelände entfernt.

Während der Polizeieinsatz lief, wärmten sich viele, vor allem auch ältere Menschen an Feuern. Bei Temperaturen um den Gefrierpunkt hatten Demonstranten Baumhäuser gebaut und um einige Bäume Grablichter gestellt. Die Räumung sei nur eine "Machtdemonstration" der Bahn, meinte eine Frau, die bereits am Dienstag in den Park gekommen war. Seit dem Abriss des Nordflügels, habe die Bahn "nichts gebaut, nur zerstört", kritisierte sie. Etwa 50 Gegner wurden nach Angaben der Polizei vom Gelände getragen. Dort will die Bahn in den kommenden Tagen mehr als 170 Bäume fällen oder verpflanzen lassen.

Friedliche Proteste im Stuttgarter Schlossgarten

"Man hätte mehr reden können", meinte der Sprecher der "Parkschützer", Mathias von Herrmann. Diese werfen der Polizei einen "überfallartigen Einmarsch" vor. Die Einsatzkräfte hätten "aggressiv und provozierend" gewirkt und ein "rotes Telefon" mit direktem Draht zum Polizeipräsidenten sei auch nicht besetzt gewesen. Der Beginn des Großensatzes war "sehr hektisch und eskalierend", meinte Herrmann. Die Beamten hätten sofort Schlagstöcke eingesetzt. Die ruhige Stimmung wäre allein den besonnen agierenden Demonstranten zu verdanken. Am Ende sei die Aktion "so weit ok" gewesen.

Wutbürger gehen friedlich nach Hause

Innenminister Reinhold Gall (SPD) kündigte den Großensatz als den "am besten geplanten Einsatz in der Geschichte Baden-Würtembergs" an. Gegen 3.00 Uhr morgens hatten die Beamten das Gelände im mittleren Schlossgarten abgesperrt und Gitter aufgestellt. Hartgesottene Parkschützer legten Baumhäuser und Plattformen an, um das Fällen der alten Schlossbäume zu verhindern. Zwei Bahnhofs-Gegner hatten sich mit Ketten in den Boden einbetoniert. Die Polizei holte mehrere Demonstranten von den Bäumen. Fast alle der anfangs rund tausend S21-Kritiker verließen im Laufe der Nacht den Schlosspark. Auch nach der Räumung des Geländes sollen die Montagsdemonstrationen weitergehen, denn der geplante Bau des Tiefbahnhofs in Stuttgart ist nach wie vor umstritten.

Dass eine Räumung auch problematisch sein kann, hatte sich bei den Protesten am 30. September 2010 gezeigt. Damals eskalierte eine Räumung durch die Polizei, mit über hundert Verletzten wurde damit auch der Begriff "Wutbürger" geprägt. "Wir sind alle froh, dass offensichtlich alles sehr friedlich abgelaufen ist", meinte Wolfgang Dietrich, Projektsprecher von Stuttgart 21, und zeigte sich erleichtert über den Polizeieinsatz. Um eine Eskalation zu verhindern und Ruhe zu bewahren, kamen bei dem Großeinsatz etwa 2500 Polizisten zum Einsatz.

Polizei räumt Protestcamp Stuttgart 21


Bis Ende 2020 will die Bahn für rund 4,1 Milliarden Euro den 16-gleisigen Kopfbahnhof in einen achtgleisigen Tiefbahnhof mit kilometerlangen Tunnelanfahrten umbauen. Seit Jahren gibt es dagegen heftige Proteste. Nach einer Volksbefragung im November letzten Jahres hatte eine Mehrheit der Baden-Würtemberger für den Bau des Stuttgarter Bahnhofs gestimmt.

ma/li (afp, dapd, dpa, rtr)