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GesellschaftEuropa

Vom Hammerlockdown zum Entspannungskurs

8. April 2021

Mit einer Sieben-Tages-Inzidenz von 30 lockert Portugal seinen knallharten Lockdown. Wir werfen einen Blick auf die Maßnahmen, die die Regierung in Lissabon angeordnet hatte, als die Kennzahl auf die 900 zuging.

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Portugal | Coronavirus | Lockerungen der Einschränkungen
Bild: Pedro Fiuza/NurPhoto/picture alliance

Portugal wagt sich schrittweise wieder vor die Tür. Zwei Monate lang durften die Menschen in dem Land kaum vor die Tür. Mitte März kassierte die Regierung in Lissabon dann die ersten Restriktionen und präsentierte einen Fahrplan, der am 3. Mai in eine weitgehende Normalität für das private und öffentliche Leben münden soll.

Zum Jahresbeginn noch ein ganz anderes Bild an der Südwestspitze Europas: Die registrierten Infektionen in Portugal stiegen sprunghaft an. Dabei war Mitte Dezember die Zahl der Neuinfektionen noch gesunken. In der Woche vor dem Weihnachtsfest registrierten die Behörden dann 246 positive Corona-Tests pro 100.000 Einwohner. Bis Ende Januar schoss diese Zahl bis auf 885. Sowohl die Sieben-Tages-Inzidenz als auch die Todeszahlen waren zu dem Zeitpunkt die höchsten Werte weltweit: Bis zu 30 Menschen pro einer Million Einwohner starben mit einer Sars-CoV-2-Infektion. In dieser Phase entsandte Deutschland 26 Bundeswehrsoldaten nach Lissabon, um das portugiesische Gesundheitssystem zu unterstützen.

Mitte Januar zog die Regierung von Premierminister António Costa die Notbremse und brachte das soziale Leben in Portugal nahezu zum Erliegen. Das Mittel wirkte: So rapide die Zahlen zuvor gestiegen waren, so plötzlich fielen sie auch wieder: Vier Wochen später sank die Sieben-Tages-Inzidenz unter die Marke von 100. Mittlerweile liegt sie unter 30. 

24-Stunden-Ausgangssperre

Die Maßnahmen der Regierung waren extrem streng: Seit dem 15. Januar durfte in Portugal niemand mehr ohne besonderen Grund die eigene Wohnung verlassen. Zu den Ausnahmen zählten notwendige Besorgungen, der Weg zur Arbeit oder zur Schule und für kurze Aufenthalte an der frischen Luft. Treffen mit Personen anderer Haushalte waren nicht erlaubt. Mittlerweile gelten mehr Ausnahmen, aber die Empfehlung, das Haus so wenig wie möglich zu verlassen, besteht weiterhin. 

Maskenpflicht überall

Unabhängig vom Zweck des Ausflugs muss jeder in Portugal, der die eigene Wohnung verlässt, einen Mund-Nasen-Schutz tragen - nicht nur beim Einkaufen, sondern auch auf der Straße. Diese Vorschrift gilt weiterhin.

Portugal macht sich locker

Kultur und Sport verboten

Sämtliche Kultur-, Sport- und sonstige Freizeiteinrichtungen des Landes wurden im Januar geschlossen. Seitdem war körperliche Ertüchtigung ausschließlich allein und im unmittelbaren Umfeld des Wohnsitzes erlaubt, um sich - und gegebenenfalls seinem Hund - ein wenig Bewegung und frische Luft zu verschaffen.

Seit diesem Montag sind weitere Aktivitäten mit "niedrigem Risiko" wieder erlaubt. Dazu zählen Sportarten wie Tennis, Golf, Rudern und Surfen. Auch Museen, Parks und andere Sehenswürdigkeiten können wieder besichtigt werden. Dabei ist ein Abstand von zwei Metern zu anderen Personen einzuhalten.

Nur notwendige Besorgungen möglich

Einzelhandel, Gaststätten und Dienstleistungsgeschäfte mussten schließen. Verkauft werden durften ausschließlich lebensnotwendige Artikel wie Lebensmittel und Hygieneprodukte. Restaurants durften Essen ausliefern oder zum Mitnehmen anbieten.

Portugal | Coronavirus | Lockerungen der Einschränkungen
Restaurants in Portugal: Zweieinhalb Monate lang durften Sie nur Essen kochen, nun auch wieder Gäste empfangenBild: Jorge Mantilla/NurPhoto/picture alliance

Seit Mitte März dürfen Friseur- und Kosmetikstudios wieder arbeiten, seit Anfang April auch kleinere Einzelhändler mit eigenem Eingang und Kioske. Restaurants und Cafés sollen erst Mitte April dran sein.

Homeoffice-Pflicht für Unternehmen

Sofern es irgendwie möglich ist, sind Portugals Arbeitgeber verpflichtet, ihre Mitarbeiter von zu Hause aus arbeiten zu lassen. Ausgenommen davon waren nur Berufe, die als "essenziell" eingestuft sind - oder wie wir es in Deutschland nennen: Menschen, die in "kritischen Infrastrukturen" arbeiten. Diese Regelung gilt weiterhin.

Öffentliche Erziehung und Bildung ausgesetzt

Schulen, Universitäten und Kindergärten wurden erst Ende Januar geschlossen. Zu den wenigen Ausnahmen gehörten Sonderschulen, doch auch die durften ausschließlich für die therapeutische Unterstützung von Menschen mit Behinderungen öffnen.

Seit Mitte März sind nun Kindergärten wieder geöffnet, Schüler der ersten und zweiten Klasse haben wieder Unterricht, seit dieser Woche auch die Klassen drei und vier.

Grenzen dicht

Die Landesgrenzen nach Spanien sind geschlossen. Auch Flüge wurden ausgesetzt. Nur notwendige Einreisen waren überhaupt erlaubt. Wer sie antrat, musste vor dem Abflug nach Portugal einen frischen - negativen - Corona-Test vorweisen.

 Portugal: Grenzübergang zu Spanien bei Valença
Grenzübergang zu Spanien bei Valença: Mindestens bis zum 16. April geschlossenBild: Marta Vázquez Rodríguez/EUROPA PRESS/dpa/picture alliance

Doch auch dann muss man sich - je nach Abreiseland und Aufenthaltsdauer - in eine 14-tägige Quarantäne begeben. Lockerungen bei den Einreiseregeln gibt es bisher nur für Länder des Schengenraums.

Bußgelder und Haftstrafen

Die Polizei kontrolliert streng, dass die Maßnahmen eingehalten werden, Medienberichten zufolge sogar per Hubschrauber. Einfache Verstöße, zum Beispiel gegen die Maskenpflicht auf der Straße, werden mit einem Bußgeld von mindestens 100 Euro bestraft. Wer vorsätzliche handelt oder auf Ermahnungen durch Beamte nicht reagiert, muss mit härteren Strafen bis hin zur Festnahme rechnen.

Portugals Gesundheitssystem: Fast zu Tode gespart

Jan Walter Autorenfoto
Jan D. Walter Jan ist Redakteur und Reporter der deutschen Redaktion für internationale Politik und Gesellschaft.