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Portugals Tanz auf dem Drahtseil

Johanna Schmeller5. Mai 2014

Ohne Übergangshilfen will Portugal noch im Mai aus dem Euro-Rettungsschirm ausscheiden. Derzeit steht das Land auf eigenen Beinen. Wie dauerhaft kann der Aufschwung sein?

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Protugiesischer Euro (Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Es klingt nach einer guten Nachricht: Portugal verlässt noch in diesem Monat den Euro-Rettungsschirm. Damit hat das Land die anfänglichen Erwartungen der internationalen Geldgeber übertroffen.

Positive Entwicklung

Seit Mai 2011 hatte Portugal Kredite in einer Höhe von 78 Milliarden Euro von der Troika aus Europäischen Union (EU), Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) bekommen. Im Gegenzug musste die Regierung harte Sparauflagen umsetzen, die Staatsschulden durch Einschnitte zurückführen, Wachstumshemmnisse abbauen, den Binnenkonsum anreizen und die Arbeitslosigkeit zurückführen.

Portugals Ministerpräsident Coelho (Foto: AP Photo/Francisco Seco)
Ministerpräsident Coelho: "Portugal hat seine Glaubwürdigkeit zurückerlangt"Bild: picture-alliance/AP Photo

Dies scheint geglückt: Im Schlußquartal 2013 legte die Wirtschaftsleistung um 1,6 Prozent gegenüber dem gleichen Vorjahresquartal zu, stärker als überall sonst in der Eurozone. Auch für das laufende Jahr stehen die Aussichten gut: Die EZB rechnet mit 1,2 Prozent Wachstum. Die Ausfuhren sind um 24 Prozent gestiegen, womit die Exporte nun über 40 Prozent des Bruttoinlandproduktes ausmachen - 13 Prozent mehr als 2008. Auch die Arbeitslosigkeit ging um zwei Prozent zurück.

Schuldenkrise "beinahe überwunden"

Portugal ist nach Irland und Spanien das dritte Land, das den Rettungsschirm verlässt. Im portugiesischen Fernsehen hatte der Ministerpräsident Pedro Passos Coelho am Sonntag angekündigt, dass die Regierung dasselbe Modell wählt wie zuvor schon Irland: den kalten Ausstieg ohne Übergangshilfen und ohne Notfall-Kreditlinie. Das Land verfüge inzwischen über genug Ressourcen, um ein Jahr lang wirtschaftliche Turbulenzen auszugleichen, so Coelho.

Einzelhändler in Portugal (Foto: AP Photo/Francisco Seco)
Bild: picture-alliance/AP Photo

Die europäische Schuldenkrise sei damit beinahe schon überwunden, meint Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank, da es für die Krisenländer inzwischen wieder "relativ einfach" sei, Käufer für die eigenen Staatsanleihen zu finden.

In Portugal gebe es zudem Fortschritte bei der Wiedergewinnung der Wettbewerbsfähigkeit. Die Lohnexzesse der Vergangenheit habe das Land rückgängig gemacht, wie zuvor schon Spanien und Irland.

Portugal könne demnächst "die Konsolidierung seiner Staatsschulden abschließen", so die Chefin des IWF, Christine Lagarde. Auch der deutsche Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) zollte Anerkennung: "Portugal ist es eindrucksvoll gelungen, sich wieder selbst zu finanzieren", so Krämer zur DW.

Analyst Jörg Krämer ist zuversichtlich, dass dies auch ohne Sicherheits-Kreditlinie gelingen wird: "Ich glaube, das ist mittlerweile nicht mehr notwendig. Es stehen genug Investoren bereit, die Staatsanleihen zu kaufen - auch ohne das implizite Hilfsangebot des Steuerzahlers."

Langfristiges Wachstum ungewiss

Abzuwarten bleibt jedoch, ob die derzeitige Stabilisierung dauerhaft Bestand haben kann. Während Irland beim Ausscheiden aus dem Rettungsschirm 20 Milliarden in der Staatskasse hatte, sind die portugiesischen Rücklagen wesentlich kleiner. Hinzu kommt die hohe Verschuldung der Privathaushalte und der Unternehmen.

Arbeitsamt in Portugal (Foto: EPA/Miguel Lopes)
Arbeitsamt in PortugalBild: picture-alliance/dpa

Nach wie vor vergeben die portugiesischen Banken kaum Kredite, um die Eigenkapitalbasis konstant zu halten. Die Unternehmen kämpfen darum, Kapital für wichtige Investitionen zu finden. Langfristig könnte dies die Wachstumsprognose deckeln.