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Die Frittenkrise

Bernd Riegert21. Mai 2008

Haben sich die belgischen Pommesbräter gegen die Kunden verschworen? Ja, glaubt die Regierung. Eine Untersuchung soll nun Klarheit schaffen. Oder ist doch die OPEC an allem schuld?

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Bild: DW
Bernd Riegert

Der neue belgische Wirtschaftsminister Vincent van Quickenborne sorgte Ende April in Brüssel für Aufregung, als er ankündigte, die Preisentwicklung beim belgischen Nationalgericht, den Pommes Frites oder Frieten, werde genau untersucht. Es gebe den Verdacht der Preisabsprachen, denn der Preis für die fettigen Gaumenfreuden sei stärker gestiegen als der Preis für die Hauptzutat, die Kartoffeln. Sein Ministerium meinte, da stimme etwas nicht, und will nun Beamte an die Frittenbuden schicken, um ein möglicherweise heimlich agierende Frittenkartelle aufzudecken.

Gestiegener Ölpreis

Alles Quatsch, kontert jetzt der Chef des belgischen Frittenbudenverbandes, Bernard Lefevre, in der Zeitung Handelsblatt. Die Preise seien nicht stärker gestiegen als die normale Inflationsrate im Königreich der Fritten. Vielleicht ist es ja doch eine Ölkrise. Denn der Preis für Speiseöl, das in den belgischen Friteusen angeblich täglich gewechselt wird, hat stark angezogen. Er folgt mit Verzögerung dem Preis für Erdöl.

Denn durch die explodierenden Rohölpreise sei die Nachfrage nach pflanzlichen Ölen für die Erzeugung von Biodieseln gestiegen. Das wiederum wirkt sich auf den Speiseölpreis und Rindertalgpreis in Belgien aus, glaubt der belgische Frittenverband. Also hat die Opec auch etwas mit der Pommestüte zu tun. Dass ist Globalisierung mit Mayo und Ketchup sozusagen.

Finsteres Schokoladen-Kartell?

Ob es nun ein Preiskartell gibt ist unklar. Die Untersuchung des belgischen Wirtschaftsministeriums ist noch nicht abgeschlossen. Minister van Quickenborne geht auch noch gegen eine andere heilige Institution vor. Die Süßwarenhersteller. Auch die sollen, so glaubt der Minister, ihre Preise wettbewerbswidrig abgesprochen haben. Es gab Hausdurchsuchungen und Beschlagnahme von Beweismitteln. Gegen die Schoko- und Keksbranche wird auch in anderen Ländern Europas und in Nordamerika ermittelt.

Beobachter der belgischen Politikszene glauben dennoch, dass der Minister durch seinen Aktionismus vor allem von der wieder einmal dräuenden Regierungskrise in Belgien ablenken will. Die Regierung steht wie immer kurz vor dem Scheitern, weil sie sich nicht auf grundlegende Staatsreformen und den Zuschnitt eines wichtigen Wahlkreises einigen kann. Und auch die Krise hat entfernt wieder mit den Fritten zu tun. Im Internet kann man auf einer flämischen Netzseite das Datum für die Auflösung des belgischen Staates schätzen. Wer das Datum richtig rät, dessen Lebendgewicht wird nicht etwa in Gold, nein es wird in echten Fritten aufgewogen. Ein wahrlich belgischer Preis.