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Preisverdächtig - Hirnforschung wird die Welt verändern

2. Juli 2010

Nobelpreisverdächtige Forschung: dazu gehört die Hirnforschung. Deutlich wird das beim Thema "Brain Computer Interface": Kann ein Mensch mit der Kraft der Gedanken eine Maschine steuern?

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Röntgenbild Gehirn (Foto: DW-TV)

John-Dylan Haynes ist Hirnforscher am Bernstein Center for Computational Neuroscience in Berlin. Sein Ziel: Die Gedanken von Menschen aus ihrer Hirnaktivität herauslesen.

„Die Faszination am Gehirn ist natürlich, das es sich um so einen komplexen Mechanismus handelt. Also gerade in den letzten Jahren ist es zu vielen spannenden Entdeckungen gekommen, weil man mit neuen, bildgebenden Verfahren Einblicke in die menschliche Hirnaktivität bekommen konnte“, erläutert Haynes.

Gedankensteuerung am Flipper (Foto: dpa)
Gedankensteuerung - Hier Spielerei am Flipper, aber es steckt weit mehr dahinterBild: picture alliance/dpa

Hirnscanner seien eine großartige Errungenschaft, so der Forscher. Mit ihnen könne man dem Gehirn bei der Arbeit zuschauen. „Jeder Gedanke, den ein Mensch hat, ist mit einem unverwechselbaren Muster der Hirnaktivität verbunden. Das heißt, wenn sie z.B. an ein Orchesterklang denken, dann stellt sich ein bestimmtes Aktivitätsmuster ein. Wenn sie an ein Bild von Picasso denken, dann wiederum stellt sich ein anderes Aktivitätsmuster ein.“

Die Beobachtungsmöglichkeiten gingen sogar soweit, dass man schon vorher wissen könne, was eine Person gleich denken wird. Sogar noch bevor die Person selbst weiß, das sie es gleich denken wird.

Zur Anwendung kommen könnten die Scanner beispielsweise für polizeiliche oder gerichtliche Untersuchungen. Man würde direkt im Gehirn nachschauen können, wenn eine Person lügt. „Dann hätten wir den perfekten Lügendetektor.“

Heute ist man noch nicht soweit.

Auch ein wichtiger Forschungsbereich ist, laut Haynes, eine Gehirn-Computer-Schnittstelle. Also ein Gerät, das zwischen der Hirnaktivität und irgendeiner technischen Anwendung übersetzt, bei Videospielen zum Beispiel. Auch in der Medizin sind Anwendungen denkbar: „Das eine Beispiel ist die Prothese. Wenn da keine Nerven mehr vorhanden sind, möchte man vielleicht mit Gedankenkraft diese steuern. Oder sie sind vielleicht gelähmt und diesen Menschen könnte man damit helfen, mit der Außenwelt zu kommunizieren. Sie denken an einen Buchstaben und sie können diesen Buchstaben direkt auslesen.“

In Berlin werden auch eine ganze Reihe von industriellen Anwendungen erforscht:

„Zum Beispiel ein Müdigkeitswarnsystem. In der Autoindustrie könnte das so aussehen, das sie ein Messgerät haben, das ihre Hirnaktivität misst und lesen kann ob eine Person müde wird oder nicht.“

Bis der Mensch allerdings seine Umwelt allein mit dem Gehirn steuern kann, wird noch einige Zeit vergehen.

„Die Forschung braucht da sicherlich noch 10-20 Jahre“, erwartet der Hirnforscher. „Und wir können natürlich im Alltag nicht so große Hirnscanner tragen, die wiegen 15 Tonnen und sind sehr unpraktisch. Wenn wir ein Messgerät hätten, das in eine Kappe passt, wie so eine Mütze, das würde ich mir wünschen.“

Autorin: Aygül Cizmecioglu
Redaktion: Klaus Esterluß