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Die Lage der Menschenrechte in Kuwait wird schlimmer.

23. Dezember 2010

Die Presse in der arabischen Welt genießt wenige Freiheiten. Eine Ausnahme stellte lange Zeit Kuwait dar. Doch in letzter Zeit hat sich die Lage auch dort zum Schlechteren entwickelt.

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Schild auf dem ein durchgestrichener Fotoapparat abgebildet ist. Der Schatten von einer Hand ist auf dem Schild zu erkennen. (Foto: ap)
Bild: picture-alliance / dpa/dpaweb

Auf der aktuellen Rangliste der Pressefreiheit von "Reporter Ohne Grenzen" ist das kleine Land am Persischen Golf von Platz 60 auf Platz 87 gerutscht. Menschenrechts- und Nichtregierungsorganisationen bescheinigten Kuwait bisher eine im Vergleich zu seinen Nachbarn relativ freie Medienlandschaft.

Doch der aktuellste Vorfall hat es sogar in die deutschen Medien geschafft: Die kuwaitische Regierung hat ein Außenbüro des am meisten gesehenen arabischen Senders Al-Dschasira schließen lassen. Der Sender berichtete Anfang Dezember über eine gewaltsame Auflösung einer Oppositionellen-Versammlung nahe der Hauptstadt. In seiner Berichterstattung zeigte Al-Dschasira Fernsehaufnahmen, auf denen Polizisten mit Stöcken auf die Menge einschlugen. Darunter befanden sich auch Parlamentsabgeordnete.

Opposition befürchtet Repressalien

Mitarbeiter des geschlossenen Außdenbüros von Al-Dschasira in Kuwait (Foto: ap)
Mitarbeiter des geschlossenen Außenbüros von Al-Dschasira in KuwaitBild: AP

Wegen dieser Berichterstattung hat sich die kuwaitische Regierung entschieden, das Büro von Al-Dschasira im eigenen Land zu schließen. Eine Entwicklung, die Soazig Dollet von der Nichtregierungsorganisation "Reporter Ohne Grenzen" beunruhigt. Die Organisation zählt Kuwait zu den demokratischsten Golfstaaten. "Die kuwaitische Verfassung gibt den Bürgern weitgehende Rechte und Freiheiten. Und diese Freiheiten sind vor noch nicht so langer Zeit errungen worden. Die Opposition macht sich deshalb Sorgen darüber, dass es in den kommenden Monaten zu einer drastischen Verfassungsänderung im negativen Sinne kommen könnte", so Dollet weiter.

Die Schließung des Al-Dschasira-Büros in Kuwait könnte die Sorge der Opposition um die Rede- und Versammlungsfreiheit noch verstärken – und das nicht ohne Grund. Denn die Schließung verstößt gegen die Landesverfassung. Diese garantiert die Freiheit der Meinungsäußerung und der Presse. Offiziell hat die kuwaitische Regierung ihre Entscheidung damit begründet, dass Al-Dschasira sich in interne Angelegenheiten eingemischt habe. Al-Dschasira habe sich nicht an die Anweisungen des Informationsministeriums gehalten. Dieses hatte den Medien ausdrücklich verboten, über die Auflösung der Versammlung zu berichten.

"Unsinnige Zensur"

Bevor es zur Schließung kam, wollte das Informationsministerium bereits in die Arbeit des Nachrichtensenders eingreifen. Das Ministerium wollte dem Sender verbieten, einen der angegriffenen Abgeordneten zu interviewen, der auf der Oppositionellen-Versammlung anwesend war. Al-Dschasira weigerte sich, den Anweisungen des Ministeriums Folge zu leisten und ließ den Abgeordneten in einer Live-Sendung telefonisch zu Wort kommen.

Porträt von Aktham Suleiman, Leiter des Berliner Büros von Al-Dschasira (Foto: dw)
Aktham Suleiman, Leiter des Berliner Büros von Al-Dschasira

Daraufhin ließ das Ministerium das Senderbüro schließen - ein geradezu absurder Schritt, meint Dollet: "Nicht nur Al-Dschasira hat Bilder von der Demonstration der Oppositionsabgeordneten aufgenommen. Die Schließung des Büros von Al-Dschasira ist deshalb eine willkürliche Entscheidung. Sie ist einfach eine unsinnige und archaische Art der Zensur." Und weiter: "Die Fernsehbilder waren im Internet für jeden sichtbar. Al-Dschasira zu schließen löst das Problem nicht. Und Kuwait kann sein Image nicht verbessern, in dem es Nachrichtensender schließen lässt."

Auch Aktham Suleiman, Leiter des Berliner Büros von Al-Dschasira, hat kein Verständnis für das Verhalten der kuwaitischen Regierung. Gegenüber dem arabischen Programm der Deutschen Welle verteidigte Suleiman das seiner Meinung nach kompromisslose Verhalten seines kuwaitischen Kollegen, der sich dem Berichterstattungs- und dem Interview-Verbot mit dem Abgeordneten widersetzte: "Ein anderer Sender hätte gesagt: Gut, wir opfern das Interview mit dem Abgeordneten, und behalten dafür unser Büro."

Besorgniserregende Entwicklung

Ein kuwaitischer Bürger wirft seinen Wahlzettel in die Urne (Foto: ap)
Kuwait galt bisher als relativ offenes LandBild: AP

Dass die Pressefreiheit in Kuwait ernsthaft gefährdet ist, zeigen auch die Reaktionen vieler arabischer und internationaler Menschenrechtsorganisationen. "Human Rights Watch" zum Beispiel hat die kuwaitische Regierung dazu aufgefordert, Al-Dschasiras Büro wieder zu öffnen. Die Organisation sieht in dieser Schließung einen Versuch der Regierung, ihre repressive Politik gegen die Opposition nun auf unabhängige Medien ausdehnen zu wollen, erklärte "Human Rights Watch". Auch das "Arab Commitee for the Defence of Journalists", eine arabische Organisation zur Verteidigung der Rechte von Journalisten, kritisierte die Schließung und bezeichnete sie als einen "Angriff auf die Pressefreiheit."

Besonders schädigend für Kuwaits Ruf als relativ liberaler Staat sind die letzten Entwicklungen im Fall des regierungskritischen Rechtsanwalts und Bloggers Mohammad Al Jasim. Der kuwaitische Aktivist wurde schon 20 Mal wegen angeblicher Verleumdung und übler Nachrede angeklagt. Weil er sich kritisch gegenüber der Regierung und dem kuwaitischen Premierminister äußerte, musste er mehrfach ins Gefängnis – zuletzt Ende November 2010.

Wie sich die Menschenrechte und die Pressefreiheit in Kuwait entwickeln werden, ist noch unklar. Vorerst bleibt der Blogger Mohammad Al Jasim im Gefängnis und das Al-Dschasira Büro in Kuwait geschlossen.

Autor: Nader Alsarras
Redaktion: Marco Müller