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Presseschau: Daimler

14. Mai 2007

DaimlerChrysler verkauft Autobauer Chrysler an den US-Investor Cerberus. Die Kommentatoren sehen den Grund für die misslungene deutsch-amerikanische Kooperation in ihren Anfängen – und bei Initiator Jürgen Schrempp.

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"Südkurier" aus Konstanz: Ein hoffnungsvoller Single

Die Verbindung hatte von Beginn an wenig Chancen auf Bestand. Produkte, Märkte, Qualitätsansprüche und Unternehmenskulturen beider Konzerne waren zu verschieden. Bis heute ist es nicht gelungen, die erhofften Vorteile aus der Kombination beider Unternehmen herauszuarbeiten. Der Verkauf von Chrysler bedeutet den Schlussstrich unter die durch und durch gescheiterte Strategie des damaligen Daimler-Chefs Jürgen Schrempp. Der vermeintlich erste Weltkonzern der Automobilindustrie, wie ihn Schrempp damals glorifizierte, steht heute wieder da, wo er angefangen hat – nur um einige Milliarden ärmer. Der Ausflug in die USA ist ebenso gescheitert wie die Expansion nach Asien mit der Beteiligung an Mitsubishi. Die Aktionäre sind erleichtert: Aus dem unglücklichen Paar Daimler-Chrysler wird der hoffnungsvolle Single Daimler.

"Kölnische Rundschau": Vorbild BMW

Das Geschäft mit einen Finanzinvestor hat für Daimler einen besonderen Charme: Kein Wettbewerber kauft Know-how von Mercedes ein. Denn die Marken Chrysler und Mercedes sind inzwischen so eng verwoben, dass ein konkurrierender Autobauer interessante Einblicke bei Mercedes gewonnen hätte. (…) Als Premiumanbieter kann Mercedes allein bestehen und zeigen, wozu die Marke in der Lage ist, wenn sie nicht ständig Management-Teams zu kränkelnden Töchtern entsenden muss. BMW hat ja auch nach der Trennung von Rover richtig Gas gegeben.

"Der Tagesspiegel aus Berlin: Beteiligungskapital vor Bewährungsprobe

Können es die Deutschen nicht? Eignet sich das gescheiterte Experiment Daimler-Chrysler gar als Symbol für die Inhaltsleere der Globalisierungsversprechen? Der Verkauf von Chrysler an Cerberus legt das Gegenteil nahe. Dass ausgerechnet ein Finanzinvestor den Zuschlag für Chrysler erhält, der weltweit 17,4 Milliarden Euro in 50 Unternehmen mit 175000 Beschäftigten investiert hat, zeugt von der Macht und Anziehungskraft des Beteiligungskapitals. Private-Equity- und Hedge-Fonds sind die wahren Globalisierer. Damit ist noch nicht gesagt, dass sie auch die besseren Unternehmer sind. Ihr Kapital kommt und geht, genauso wie ihre Begeisterung für ein Unternehmen, ein Produkt, eine Marke. Ob dieses Geschäftsmodell auch in der Autoindustrie Erfolg hat, muss Cerberus bei Chrysler jetzt beweisen.

"Straubinger Tagblatt":

Was vom damaligen Konzernlenker Jürgen Schrempp als «Hochzeit im Himmel» gefeiert wurde, endet nach neuen Jahren in einer ganz normalen irdischen Scheidung. Die Ehe DaimlerChrysler ist am Ende. Das ist gut so - und zwar für beide Unternehmen. Sie haben getrennt, wenn auch noch über viele Jahre hinweg über gemeinsame technische Projekte und über eine Minderheitsbeteiligung von Daimler an Chrysler verbunden, bessere Chancen als Schrempps Vision von einer «Welt AG» im Automobilbereich. Ziemlich schnell hat sich der Traum als schlichter Größenwahn entpuppt. Das Ergebnis ist fatal. Schadenfreude ist nicht angebracht. Denn wieder sind von außer Kontrolle geratenen Konzernstrategen viele Milliarden Euro - und zudem auch viele Arbeitsplätze - vernichtet worden.

"Die Tagespost" aus Würzburg: Keine Experimente!

Der Verkauf von Chrysler besiegelt zwei Jahrzehnte fehlgeschlagener Konzernstrategien bei Daimler: Am Anfang stand Reuters Konzept eines kombinierten Technologiekonzerns, der Milliarden kostete und wenig einbrachte, dann folgte Schrempps Vision von der Weltfirma mit Produktionsstandorten in allen fünf Kontinenten: Größenwahnsinnige Projekte, jede andere Firma hätte über kurz oder lang aufgeben müssen. Nicht so Daimler: Obwohl das Unternehmen Milliarden für kostspielige Firmenstrategien vergeudet hat, steht es finanziell noch gesund da. Vielleicht ist das eine Chance für die Stuttgarter Autobauer, sich auf das Arbeitsfeld zu konzentrieren, von dem sie etwas verstehen: Qualitätsprodukte zu fertigen und aus eigener Kraft zu wachsen. Von Fusionen und globalen Strategien sollten sie besser die Finger lassen. (ask)