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Presseschau: "Merkel sieht ihren Thron wackeln"

5. September 2016

Die Wahl von Mecklenburg-Vorpommern findet auch international Beachtung. Das Erstarken der AfD und der Absturz der CDU wird insbesondere Bundeskanzlerin Merkel angekreidet. Das spiegeln die internationalen Pressestimmen.

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Symbolbild Internationale Presse
Bild: picture-alliance/dpa

Dass die CDU bei der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern hinter der AfD gelandet ist, gleicht nach Einschätzung der "Neuen Zürcher Zeitung" einer "Demütigung".

"Noch nie seit Gründung der Bundesrepublik hatte eine als rechts von der CDU verortete politische Kraft stärker abgeschnitten als die Union." Für die Bundespolitik und die Ausrichtung der CDU dürfe das "erhebliche Folgen" haben. Ob eine bessere Erklärung der Politik ausreicht, sei fraglich. "In einem Wahlkampf, in dem die Flüchtlingspolitik über die landespolitischen Nöte dominiert hatte, ist das Resultat eine Abrechnung mit der 'Willkommenskultur' der Kanzlerin."

Auch die linksliberale französische Tageszeitung "Libération" sieht Bundeskanzlerin Angela Merkel schwer angeschlagen.

"Für sie stellt sich die Frage eines vierten Mandats im kommenden Jahr. Sie, die so souverän war, sieht ihren Thron wackeln." Die Ausbreitung der "populistischen und einwanderungsfeindlichen" AfD sei symptomatisch für ein "Übel, das ganz Europa betrifft". "Die Flüchtlingsfrage hat das Votum belastet, in einer Region, die wenig dieser Problematik ausgesetzt ist."

"Es ging bei dieser Wahl weniger um Fakten, als um drei Empfindungen: Misstrauen, Groll und Angst", schreibt die niederländische Zeitung "de Volkskrant".

Das damit verbundene Unbehagen beträfe mehr als nur die Vorbehalte gegen Flüchtlinge. "Es ging auch um die alte Geschichte von den vergessenen europäischen Flachlandgebieten, wo die Bevölkerung sich vernachlässigt fühlt, um mangelnde Infrastruktur und fehlende Jobs sowie um ein großes Misstrauen gegen jede gefestigte Ordnung." Dies sei ein Szenarium, das populistischen und rechten Parteien überall in Europa Flügel verleihe. "In diesem Sinne ist das Wahlergebnis in Mecklenburg-Vorpommern die Bestätigung eines Trends - und eines gesamteuropäischen Problems."

Die russische Regierungszeitung "Rossijskaja Gaseta" sieht die AfD als "reale Bedrohung" für die etablierten Parteien.

Nur drei Jahre nach ihrer Gründung habe sie es geschafft, mit "Euroskeptik und harter Kritik" an Merkels Flüchtlingspolitik 21 Prozent der Stimmen zu bekommen. Dies sei umso bemerkenswerter, weil Mecklenburg-Vorpommern als "Wahlheimat der Kanzlerin" gelte.

Von einem "Desaster" für die CDU spricht die Turiner Tageszeitung "La Stampa".

Genau ein Jahr, nachdem Merkel entschieden habe, die Grenzen Deutschlands für in Ungarn festsitzende Flüchtlinge zu öffnen, beschere die "Unbeliebtheit der Willkommenspolitik der Kanzlerin der CDU eine brennende Niederlage". Die Folge sei, dass innerhalb der Union eine neue Debatte über die Aufnahme von Flüchtlingen und die Sicherheit entbrennen werde. "Und das alles vor den politisch schwierigsten Monaten für Merkel, die noch nicht über ihre erneute Kandidatur entschieden hat."

"Das dürfte bitter sein für Bundeskanzlerin Angela Merkel", schreibt die belgische Zeitung "De Tijd".

Der "augenscheinlichste Grund" für den Erfolg der AfD sei die gesamte Flüchtlingsproblematik. Ein großer Teil der deutschen Bevölkerung halte nichts von der "Willkommenskultur" und in Mecklenburg-Vorpommern sei das nun deutlich zum Ausdruck gebracht worden. "Deutschland will einen klaren Plan für den Umgang mit der Flüchtlingskrise sehen, doch bislang gibt es den nicht."

wo/xx (dpa, afd)