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Presseschau: Obamas Atom-Strategie

7. April 2010

Die neue Atomwaffen-Doktrin von US-Präsident Barack Obama ist Kommentar-Thema in fast allen europäischen Zeitungen. Hier einige Auszüge der internationalen Pressestimmen.

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Bild: dpa

"Tages-Anzeiger" aus Zürich

"Barack Obama hantiert mit spaltbarem Material. (…) Durchaus beachtlich ist, was der Präsident bisher erreicht hat: Das Abkommen zur Reduzierung strategischer Atomwaffen mit Russland ist ebenso zukunftsweisend wie die neue nukleare Grundsatzdoktrin, die das Weiße Haus gestern vorstellte. Dass die USA selbst im Fall eines Angriffs einen atomaren Vergeltungsschlag gegen Staaten ablehnen, die den Atomwaffensperrvertrag unterzeichnet haben und befolgen, ist bemerkenswert - und doch nur ein kleiner Schritt hin zu einer von Atomwaffen befreiten Welt."

"Sud Ouest" aus Bordeaux

"Barack Obama lässt so schnell nicht locker. (…) Er beginnt seine Rede von Prag umzusetzen, die er vor genau einem Jahr gehalten hat. In dieser Rede äußerte er den Wunsch nach einer atomwaffenfreien Welt. Eine Utopie? Mittelfristig sicherlich. Schließlich hat Obama eingeräumt, dass er eine solche Welt wohl nie selbst erleben wird. Doch er will auf jeden Fall kleine Schritte gehen, die die Völker zu 'neuen Grenzen' führen, wie es sein Vorgänger John Kennedy sagen würde."

"La Repubblica" aus Rom

"Es ist nur ein erster Schritt, aber er bedeutet einen historischen Bruch mit der bisherigen Tradition, mit der bisherigen Strategie. Darauf abzielend führendes Beispiel zu werden, hat Amerika sich selbst erstmals präzise Einschränkungen auferlegt. Auf eine Modernisierung des Waffenarsenals wird nicht verzichtet noch auf die Möglichkeit eines atomaren Erstschlages, doch setzt der Friedensnobelpreisträger einen neuen Schwerpunkt auf ein neues Konzept der Abschreckung. Auch wenn dies nicht die von den Pazifisten ersehnte Extremlösung sein wird, setzt Obama sich damit nicht nur von seinem Vorgänger George W. Bush ab, sondern geht weit darüber hinaus."

"Westdeutsche Allgemeine Zeitung" aus Essen

"Indem er auch weiter mit der Möglichkeit droht, Atomwaffen gegen Außenseiter-Staaten einzusetzen, die ihrerseits die Welt mit Nuklearwaffen bedrohen, nimmt Obama Rücksicht auf die aufgeheizte Stimmung in Washington. Schon jetzt werfen die Falken im Kongress Obama vor, Amerikas abschreckendste Waffe mit der Revision der Atomwaffen-Strategie allzu leichtfertig aus der Hand zu geben. (…) Mit ihm steht die Abrüstungsdebatte, die nach dem Ende des Kalten Krieges tatsächlich ein Stück weit in Vergessenheit geraten schien, wieder auf der Tagesordnung. Schon das ist ein Verdienst."

"Le Figaro" aus Paris

"Es ist das erste Mal, dass sich die USA derartige Einschränkungen auferlegen. Diese Haltung ist ein außenpolitisches Signal um den guten Willen der USA zu zeigen, die die erste Atommacht der Welt bleibt."

"Handelsblatt" aus Düsseldorf

"US-Präsident Obama leitet nicht weniger als eine radikale Wende ein. Für den Atomgipfel nächste Woche in Washington legt er damit die Messlatte ausgesprochen hoch. Denn nicht viel weniger wird er von anderen Teilnehmern erwarten: Selbstverpflichtungen, die an den Grundfesten bestehender Sicherheitskonzepte rühren. Mehr als 20 Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer bringt der US-Präsident damit den Mut auf, den heutigen Realitäten Rechnung zu tragen. Die Bedrohungen gehen nicht mehr von den Antipoden aus der Zeit des Kalten Krieges aus, sondern von gescheiterten Staaten und Terrornetzwerken. Die können jedoch in den seltensten Fällen mit Atomwaffen im Zaum gehalten werden."

Zusammengestellt von Anna Kuhn-Osius (dpa, ap, rtr)

Redaktion: Oliver Pieper