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Presseschau von Montag, 11. November

Helmut Schmitz10. November 2002

Koalition - Renten / Deutschland - USA

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Die Kommentare in den deutschen Tageszeitungen befassen sich an diesem Montag vor allem mit dem Streit innerhalb der Koalition über die geplante Beitragserhöhung bei den Renten. Thema ist auch die Wiederannäherung zwischen Deutschland und den USA.

Zunächst zu den Renten. Dazu schreibt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG aus München:

'Nach außen verlaufen die Linien der Lager von Rentner-Schützern und Rentner-Schröpfern entlang der Parteigrenze von SPD und Grünen.
Tatsächlich fragen sich auch in der SPD-Fraktion nicht nur unter den Jungen einige, ob es nicht gerechter wäre, den Rentnern auch etwas abzuverlangen und nicht nur den Einzahlern ins System. Bis Freitag wird man sich zusammenraufen, und trotzdem: dieser Streit ist ein
Ausweis von Schwäche und Orientierungslosigkeit der Koalition. Was ist das für eine Regierung, deren erste Entscheidungen nach der Wiederwahl Gefahr laufen, von den eigenen Leuten nicht getragen zu werden? Wie soll die Allgemeinheit von den Lösungsansätzen überzeugt
werden, wenn diese Überzeugung schon bei den eigenen Parlamentariern nicht gelingt?'

Die B.Z. aus Berlin schreibt:

'Manche meinen, schon am kommenden Freitag könnte dem rot-grünen Bündnis die letzte Stunde schlagen. Gleich eine ganze Reihe von Grünen-Abgeordneten wollen Schröder und Fischer die Gefolgschaft bei der Abstimmung über die Erhöhung der Rentenbeiträge verweigern. Doch wetten, auch diesmal wird im letzten Moment der Machtinstinkt stärker
sein als Vernunft und Gewissen.'

In der STUTTGARTER ZEITUNG heißt es:

'Der Aufstand der jungen grünen Bundestagsabgeordneten gegen die Rentenbeschlüsse kommt...reichlich spät, aber er ist aus zwei Gründen notwendig. Erstens können die Grünen nicht zulassen, dass der Koalitionspartner ihnen schon bei der ersten strittigen Entscheidung derart den Schneid abkauft. Der Einspruch der Rentenrebellen ist aber zweitens auch in der Sache geboten. Denn die Beschlüsse gehen voll auf Kosten der jungen Generationen. Sie belasten zudem einseitig Arbeitgeber und Arbeitnehmer, Beamte und Selbstständige bleiben wieder einmal außen vor.'

Die WESTDEUTSCHE ZEITUNG aus Düsseldorf meint:

'Schröder hat den kleineren Partner zweimal hintereinander
gereizt. Zuerst war es die selbstherrliche Verlängerung der Laufzeit beim Atomkraftwerk Obrigheim. Nun ist es die Rentenfrage. Wobei den Grünen bescheinigt werden muss, dass sie mit ihrem Vorschlag zu einer geringeren Beitragserhöhung wenigstens noch einen Hauch
wirtschaftspolitischer Vernunft spüren lassen. Die SPD hat den Grünen in den Koalitionsverhandlungen kaum Erfolgserlebnisse gegönnt. So geht man nicht mit Partnern um, die man braucht.'

Die FRANKFURTER RUNDSCHAU kommentiert die deutsch-amerikanischen Beziehungen:

'Ein Telefonat des Kanzlers mit George W. Bush und ein Kurzbesuch von Verteidigungsminister Struck im Pentagon sind per se noch nicht Ausdruck für eine vorsichtige Normalisierung der Beziehungen, sie sind zum gegenwärtigen Zeitpunkt allenfalls die Voraussetzungen dafür. Es steht zu erwarten, dass die Bush-Regierung die Gesten der Annäherung von Berlin mit Inhalten gefüllt sehen will; dass dies ausgerechnet am Vorabend eines sich abzeichnenden Irak-Krieges geschieht, wird die Bundesregierung binnen kürzester Zeit erneut in die Bredouille bringen.'

Die MITTELDEUTSCHE ZEITUNG aus Halle bemerkt:

'Dass die USA und Deutschland auch auf höchster Regierungsebene wieder miteinander reden, ist ein Schritt nach vorn. Der Streit in dieser Frage - Krieg gegen Irak, ja oder nein? - hätte aber kein so großes Ärgernis werden müssen, wenn ihn einige Scharfmacher nicht aus politischem Interesse angeheizt hätten. Sicher: Der Ton von Bundeskanzler Gerhard Schröder im Wahlkampf war alles andere als diplomatisch. Mit Freunden redet man anders. Aber ob die Freunde in Washington den Kanzler gehört hätten, wenn er wie gewohnt diplomatisch vorgegangen wäre?'

Abschließend die SAARBRÜCKER ZEITUNG:

'Ein Loblied auf die Regierungen in Berlin und Washington
anzustimmen, weil diese sich offensichtlich wieder für einen
vernünftigen Umgang miteinander entschieden haben, verbietet sich.
Denn die Tatsache, dass die Führungen zweier befreundeter Staaten miteinander reden, ist alles andere als emerkenswert: Die Rückkehr zu normalen Arbeitsbeziehungen war längst überfällig. Wer die Überwindung der Sprachlosigkeit als großen politischen Erfolg verkauft, der ist fürwahr leicht zufrieden zu stellen.'