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Presseschau von Samstag, 02.November 2002

Hans Ziegler1. November 2002

FDP-Tagung / Diskussion um Krankenkassen/ Außenminister Fischer in den USA

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Zentrales Thema in den Kommentaren der deutschen Tagespresse ist an diesem Samstag die Klausurtagung der FDP-Spitze in Berlin. Außerdem findet die Diskussion um eine mögliche gesetzliche Festschreibung der Krankenkassen-Beiträge Beachtung. Schließlich ist auch die USA-Reise von Außenminister Joschka Fischer ein Kommentarthema. Zunächst zu den Liberalen, die in den vergangenen Wochen vor allem durch ihren früheren Parteivize Jürgen Möllemann negative Schlagzeilen gemacht hatten.

Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG schreibt:

"Das Ansehen der FDP schwindet mehr und mehr und ihr Chef Westerwelle ist angeschlagen Es sind düstere Tage für den FDP-Vorsitzenden Guido Westerwelle. Wahlniederlage, Möllemann-Affäre, Spendenskandal - der Chef der Liberalen steht unter großem Druck. Die Partei hat sich zwar auf ihrer Klausurtagung geschlossen hinter ihren angeschlagenen Vorsitzenden gestellt. Doch trotz der Rückendeckung ist Westerwelles innerparteiliche Autorität auf einem Tiefpunkt angelangt. Denn die Verantwortung für das schlechte Wahlergebnis trägt nicht Jürgen Möllemann, wie es der FDP-Chef gerne glauben machen möchte. Die Verantwortung dafür trägt der Vorsitzende selbst, weil er Möllemann viel zu lange ungestraft agieren ließ."

Auch die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG übt Kritik an FDP-Chef Westerwelle:

"Solange der Wahlkampf des neuen Vorsitzenden Erfolg zu haben schien, hat es mahnende Worte gegen sein Konzept des Klamauks nicht gegeben. Das nämlich, Klamauk, war Westerwelles Teil am Projekt 18. Die Lampenschirme, Schuhsohlen, das Guidomobil: Westerwelles Handschrift. Krawall: Das war Möllemanns Anteil. Die Altvorderen in der Partei haben gegen all das keine hörbaren Einwände gemacht, sondern es hingehen lassen. Vielleicht haben sie sich, wie das Parteivolk, auch mitberauscht an den Aussichten, die ihnen Möllemann und Westerwelle an den Himmel malten. Der ist jetzt ziemlich düster - was vorherzusehen war."


In der RHEIN-NECKAR-ZEITUNG heißt es:

"In der Krise lernt es die FDP offenbar doch noch: Weg mit der 18. Jetzt muss sie sich nur noch von ihrem Spaßvorsitzenden trennen, um die Affäre Möllemann samt Kanzlerkandidatenepisode, Nonsenswahlkampf und Antisemitismusdebatte zu verkraften. Denn Guido Westerwelle überlässt in der Stunde der Krise die Führung ausgerechnet seinem Vorgänger, Fraktionschef Wolfgang Gerhardt."

Themawechsel und zu den von Sozialministerin Ulla Schmidt angekündigten Sparmaßnahmen. Die WESTDEUTSCHE ZEITUNG kommentiert bissig:

"Eigentlich müsste die neue Superministerin Ulla Schmidt schon jetzt zurücktreten. Mit ihrem Sparpaket ist sie auf erbitterte Kritik gestoßen. Aber nicht nur Ärzte und Apotheker laufen gegen ihre Pläne im Gesundheitswesen Sturm, auch der Koalitionspartner mault. Die Grünen sind besonders über die deutliche Erhöhung der Rentenbeiträge erbost. In der Koalitionsvereinbarung war die Verteuerung noch etwas mäßiger ausgefallen. Sind die Deutschen zu wenig Auto gefahren? Ursprünglich hatte Rot-Grün ja geplant, die Rentenbeiträge mit der Ökosteuer stabil zu halten."

In der FULDAER ZEITUNG heißt es:

"Ulla Schmidt darf sich über den Protest, den ihre Pläne allerorten auslösen, nicht wundern. Denn Hand aufs Herz: Wer lässt sich freiwillig von einer Ärztin notoperieren, die einem gerade erst eine stabile Konstitution attestierte? Entweder ist es mit den Diagnosen der Frau Doktor nicht weit her. Oder sie hat ihre Patienten kurzerhand ruhig gestellt, um sie nicht als Kunden zu verlieren und ihnen anschließend auf dem OP-Tisch um so intensiver auf den Leib zu rücken."

Abschließend noch die FRANKFURTER RUNDSCHAU, die sich mit der USA-Reise von Außenminister Joschka Fischer befasst:

"Jenseits des Atmosphärischen bleibt die Frage, wie die Deutschen dazu beitragen können, dass Anti-Terror-Politik nicht auf Bush-Perspektive verkürzt wird. Klarheit in der Argumentation ist unabdingbar. Nach den Wahlkämpfen beiderseits des Atlantiks gibt es für verbale Ausrutscher keine Entschuldigung mehr. Beim Bohren dieser dicken Bretter wäre es andererseits viel zu oberflächlich, als Gradmesser für die deutsch-amerikanischen Beziehungen allein das Wohlwollen im Bush-Lager zu nehmen. Insofern war Fischers US-Trip eine Lehrstunde in Realismus: Die Kontroverse wird noch lange bleiben. Aber es ist gut, dass sie geführt wird."