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Pressestimmen von Dienstag, 10. April 2007

Michael Wehling 9. April 2007

Vier Jahre nach Saddam-Sturz: Demonstrationen gegen USA / Wirtschaftsminister Glos will Einkommensteuer senken

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Vor vier Jahren hat die US-Armee die irakische Hauptstadt Bagdad erobert und das Regime von Saddam Hussein gestürzt. Vier Jahre später demonstrieren hunderttausende Iraker gegen die Anwesenheit amerikanischer Truppen in ihrem Land. - Anlass für Zeitungskommentatoren, sich Gedanken über die Lage im Irak zu machen. Beachtung in dieser Presseschau findet zudem der Vorstoß von Bundeswirtschaftsminister Glos zur Senkung der Einkommensrteuer.

Doch zunächst zum Irak. Schief gelaufen sei die US-Invasion schreibt die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG und fährt fort:

'Dennoch meidet Bush das Wort Niederlage, was freilich weniger mit den obwaltenden Umständen zu tun hat, als vielmehr mit der Tatsache, dass die Irak-Politik mit Namen und Person des US-Präsidenten verbunden ist. Bush wird in der verbleibenden Amtszeit folglich keinen Kurswechsel vollziehen.'

Die in Berlin herausgegebene TAGESZEITUNG - taz - analysiert:

'Die USA stecken bis zum Hals im irakischen Schlamm fest. Fragt sich, was noch geschehen muss, bis die Führung in Washington endlich Konsequenzen aus ihren Fehlern zieht. Die Aufstockung der Militärkräfte, die Präsident George W. Bush plant, und sein Festhalten an einer Strategie der Gewalt werden die Katastrophe nur noch vergrößern.'

Die NEUE WESTFÄLISCHE aus Bielefeld notiert:

'Es ist vielleicht nur ein symbolischer Akt, sagt aber doch viel über die Stimmung im Irak: Der von der ersten Nachkriegsregierung eingeführte Feiertag am 9. April, mit dem die Invasion der Alliierten und damit der Sturz von Saddam Hussein begangen werden sollte, ist wieder abgeschafft. Etikettiert war der Irakkrieg als ein Feldzug gegen den Terrorismus. Auch als solcher ist er komplett gescheitert. Im Ergebnis hat der Irakkrieg den gewaltbereiten Fundamentalisten Auftrieb und zusätzliche Rechtfertigung verschafft.'

In der HEILBRONNER STIMME heißt es:

'Vier Jahre nach dem Ende des Regimes von Saddam Hussein haben die Iraker keinen Grund mehr zum Feiern. Doch nicht nur deshalb wurde dieser Feiertag abgeschafft. Offiziell, um damit den befürchteten Unruhen vorzubeugen. Der 9. April - ein ganz normaler Arbeitstag? Wohl kaum. .. Ein normaler Tag sieht heute so aus: Ausgangssperren, Fahrverbote, Dutzende Tote bei diversen Bombenanschlägen sowie Aufrufe zur Gewalt.'

Die WESTFÄLISCHE RUNDSCHAU aus Dortmund schreibt zu den Massendemonstrationen gegen die USA zu denen der radikale Schiitenprediger el Sadr aufgerufen hatte:

'Der Fanatismus seiner wachsenden Anhängerschar ist ja nicht zuletzt Ergebnis enttäuschter Erwartungen. Die Versprechen von wirtschaftlicher und demokratischer Entwicklung sind bis heute nicht eingelöst.'

Abschließend zu diesem Thema ein Blick in die in Erfurt erscheinende THÜRINGER ALLGEMEINE:

'Nur die Angst vor dem totalen Chaos hält die Amerikaner und ihre wenigen Verbündeten davon ab, das Terrain schnellstens zu räumen. Immerhin sind in Washington Regierung und Opposition wenigstens in einem Punkt einig: Es kann noch schlimmer kommen. Die Hunderttausende, die gestern in Nadschaf dem Aufruf des Hasspredigers el Sadr folgten, zeigen mit der Wucht des Protestes, wie schwach die Macht der irakischen Regierung und der Besatzer ist.'

Damit zu der Forderung von Wirtschaftsminister Glos, die Einkommensteuer in der nächsten Legislaturperiode zu senken;

In der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG lesen wir:

'Bundeswirtschaftsminister Glos ... bekundet nun forsch, die Bundesregierung müsse dafür sorgen, dass mehr Geld in die Taschen der Bürger statt in Steuern und Abgaben fließe. Die Entlastung knüpfte der Minister an den Erfolg der Haushaltskonsolidierung. Zur Bundestagswahl werde die Senkung der Einkommensteuer ein wichtiges Thema werden, sagte er reichlich früh voraus. Immerhin sind es bis dahin noch gut zwei Jahre.'

Die DRESDNER NEUESTE NACHRICHTEN kommentieren:

'Bundeswirtschaftsminister Michael Glos ist ein netter Politiker. Passend zum Osterfest verkündete er segensreich seine Botschaft, den Bundesbürgern zu mehr Geld verhelfen zu wollen. Dazu soll die Einkommenssteuer gesenkt werden. Vom sauer Verdienten würde der Staat den fleißig Arbeitenden dann weniger aus den Taschen ziehen. Das klingt gut in den Ohren der Millionen Steuerzahler. Allein es fehlt der Glaube, dass dies Wirklichkeit wird. Vielmehr sieht es nach einer Mogelpackung aus.'

Ironisch äußert der GENERAL-ANZEIGER aus Bonn:

'Sage noch einer, unsere Politiker seien nicht vorausschauend. Da gibt es, noch, die große Koalition. Da gibt es, erst in zwei Jahren, Neuwahlen. Doch zukunftsweisende Politiker wie Michael Glos haben schon heute eben solche Ideen. In der neuen Legislaturperiode, weiß der christsoziale Wirtschaftsminister, müssen Steuersenkungen ins Visier genommen werden.'

Schärfere Töne schlägt die in Ulm erscheinende SÜDWEST-PRESSE an:

'Außer durch wackeres Lobbyistentum für Industrie und Handel ist Michael Glos im Bundeskabinett bisher kaum aufgefallen. Nun hat der an Ostern zur Stallwache eingeteilte CSU-Wirtschaftsminister der Regierung prompt ein paar faule Eier ins Nest gelegt. Mit seinem unausgegorenen Vorschlag, angesichts des anhaltenden Aufschwungs die Einkommensteuer zu senken, erreicht der Franke nur eines: Er ermutigt den vielstimmigen Chor derer, die die Verteilung der endlich üppiger fließenden Staatseinnahmen bereits besingen, ehe die öffentlichen Kassen auch nur annähernd wieder ins Lot gebracht sind.'

Die Boulevard-Zeitung EXPRESS aus Köln fragt:

'Nanu, ist denn schon Wahlkampf? Wenn man Wirtschaftsminister Michael Glos so erstaunlich volksnah über Steuersenkungen schwadronieren hört, sind wir rund zweieinhalb Jahre vor dem Urnengang schon mittendrin. Das schön verpackte Glos-Osterei entpuppt sich beim Öffnen jedoch schnell als Mogelpackung. Heraus strömen nur Seifenblasen. Denn da verspricht uns einer munter Entlastungen, um uns im gleichen Atemzug wieder auf den Sankt-Nimmerleins-Tag zu vertrösten. Was wir von Wahlversprechen zu halten haben, wissen wir ja ohnehin alle zur Genüge. Die Mehrwertsteuerschwüre aus dem letzten Wahlkampf lassen schön grüßen.'