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Pressestimmen von Dienstag, 11. Dezember 2001

zusammengestellt von Hans Ziegler10. Dezember 2001

Die Themen: IG Metall-Tarifforderung/ Tag der Menschenrechte/ Kanzler-Politik

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Zentrales Thema in den Kommentaren der deutschen Tagespresse ist die Forderung der IG Metall nach zumindest fünf Prozent mehr Lohn in der nächsten Tarifrunde. Daneben wird der Tag der Menschenrechte in den Blick genommen. Außerdem ist die Politik von Bundeskanzler Gerhard Schröder Gegenstand eines Kommentars. Zunächst zur Tarifforderung der IG Metall. Die FRANKFURTER RUNDSCHAU meint dazu:

"Tatsächlich gibt es für die IG Metall keinen Grund zur falschen Bescheidenheit. Ihre Empfehlung signalisiert, dass sie diesmal zumindest etwas mehr für die Beschäftigten herausholen will als vor zwei Jahren. Was der IG Metall Kopfzerbrechen bereiten muss, ist die prekäre Konjunktur. Der Konsum schwächelt. Der so wichtige Außenhandel wirkt kaum belebend, und am Bau sieht es düster aus. Dieses Umfeld macht es schwer, den Arbeitgebern mehr Geld abzutrotzen."

Die NEUE RUHR/NEUE RHEIN ZEITUNG aus Essen meint:

"Kein Zweifel, mit seiner Ankündigung nach spürbaren Lohnerhöhungen zwischen fünf und sieben Prozent hat IG-Metall-Chef Klaus Zwickel eine erste heiße Phase der Tarifrunde 2002 eingeläutet. Zudem werden sich die anderen Branchen an der Vorgabe orientieren. (...) Doch sollte man bei allem Geschrei nicht gleich um die Republik fürchten, sondern auf den Kanzler hören: Die Tarifparteien haben immer wirtschaftliche Vernunft bewiesen, und das werden sie erst recht tun, wenn es eine ökonomische Entwicklung gibt, die zu mancher Besorgnis Anlass gibt. Das beweist neben einer ruhigen Hand einen kühlen Kopf - und den sollten Arbeitgeber und Gewerkschaften ebenfalls bewahren."

Der GENERAL-ANZEIGER in Bonn kommentiert die IG Metall-Forderung kritisch, wenn es heißt:

"Wir erinnern uns: Vor knapp vier Wochen stellten die so genannten Wirtschaftsweisen in ihrem Herbstgutachten konkrete Forderungen auf, um - unter anderen Zielen - die hohe Arbeitslosigkeit in Deutschland zu bekämpfen. Die Tariflohnanhebungen, so ein Punkt, sollten hinter dem Produktivitätszuwachs zurückbleiben. Außerdem, so eine zweite Forderung, sollten die Tarifparteien differenzierte Abschlüsse erreichen, um den speziellen Bedingungen einzelner Branchen oder Regionen gerecht zu werden. In der gestern vorgelegten Vorgabe der IG Metall für die Tarifrunde 2002 findet sich von diesen Empfehlungen nichts wieder. Die Gewerkschaft ignoriert souverän sinkende Wachstumsraten, steigende Arbeitslosenquoten und die Mäßigungsappelle der Bundesregierung."

Auch die NORDSEE-ZEITUNG aus Bremerhaven kann der IG Metall-Lohnforderung nur wenig Positives abgewinnen. Im Kommentar heißt es:

"Selbstverständlich ist eine Lohnerhöhung um sieben Prozent bezahlbar, wie IG-Metall-Chef Zwickel behauptet. Die Frage ist nur:
von wem? Wesentlich weniger Arbeitnehmer als heute würden in den Genuss einer solchen Anhebung kommen, da die Unternehmen entweder Beschäftigung abbauen oder sich ganz vom Markt verabschieden. Wenn bei einem weiterhin schwierigen Geschäft die Unternehmen derartige Lohnerhöhungen verkraften sollen, bleibt ihnen nichts anderes übrig, als die Kosten zu senken - und ein entscheidender Kostenblock ist halt der fürs Personal."

Themawechsel. Die MÄRKISCHE ODERZEITUNG mit Sitz in Frankfurt/Oder widmet sich dem Tag der Menschenrechte und schreibt:

"Wir leben in keiner idealen Welt; und wer sich darin bewegen muss, wird mit fragwürdigen Regimen und dem einen oder anderen Finsterling auch gemeinsame Sache machen müssen. Es kommt allerdings darauf an, in welcher Form dies geschieht. Und manchmal wäre um der eigenen Glaubwürdigkeit viel gewonnen, wenn eine gewisse Sensibilität für solche anrüchigen Zweckbündnisse erkennbar wäre."

Abschließend noch die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG. Sie nimmt - ohne dafür einen konkreten Anlaß zu nennen - die Politik von Bundeskanzler Gerhard Schröder grundsätzlich in den Blick. Betont kritisch heißt es im Kommentar:

"Im Englischen gibt es den schönen Begriff imperial overstretch, imperiale Überdehnung. Zu groß gewordene Mächte, einst die Kolonialländer England und Frankreich, heute USA, übernehmen sich in ihrem globalen Engagement, weil sie das für politisch alternativlos halten. Gerhard Schröder ist ganz klar ein Kandidat für imperial overstretch - außenpolitisch, aber auch in seiner für die Innenpolitik bedeutenden Selbsteinschätzung."