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Pressestimmen von Dienstag, 13. November 2007

Christoph Schmidt12. November 2007

Fußball-Krawalle in Italien

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Der Auslöser war ein tödlicher Schuss aus einer Polizeipistole, das Opfer ein Fußballfan und die Folge schwere Massenkrawalle. Nach den Exzessen randalierender Hooligans in Rom und anderen italienischen Städten am Sonntag will die Justiz jetzt hart gegen die Gewalttäter vorgehen. Das sagt wenig über die Gründe für den plötzlichen Hassausbruch. Die Pressekommentare ziehen ihre eigenen Schlüsse.

So schreibt die ALLGEMEINE ZEITUNG aus Mainz:

"Der Fußball im Land des Weltmeisters liegt am Boden. Es ist ein Sammelsurium von Versäumnissen, die zum Chaos in Italien geführt haben. Dass ein Polizist einen Anhänger von Lazio Rom erschoss, weil er seine Waffe nicht im Griff hatte, das ist der tragische Teil der Ereignisse. Dass Italien nun mit Härte auf die Krawalle reagiert, das ist der falsche Ansatz. Weder die Politik noch die Fußball-Funktionäre haben in Italien ihre Verantwortung begriffen. Nun sollen Spiele ausfallen, das bedeutet nur, der Mob hat gesiegt."

Die FRANKFURTER RUNDSCHAU meint:

"Der Weltmeister hat die schlechtesten Stadien aller Top-Nationen. Er hat eine der korruptesten Ligen Europas. Italien hat zugelassen, dass Spitzenspieler ihre rassistische Gesinnung offen zur Schau tragen, das Land hat sich arrangiert mit rechten Symbolen in den Fankurven. Italien hat die Fans, die es nun als Terroristen verfolgt, selbst geschaffen. Die Deutschen müssen aufpassen, dass es ihnen nicht bald genauso geht. Auch in den unteren Ligen Ostdeutschlands kapitulieren Vereinsobere vor der rechten Fanszene."

In der KÖLNISCHEN RUNDSCHAU heißt es:

"Hunderte konnten marodierend durch Rom ziehen, öffentliche Einrichtungen und Polizeikasernen zerstören und plündern. Wozu verfügt die Polizei über Schlagstöcke? Warum schritt niemand ein? Weil der politische Wille fehlt. In Italien lässt sich überdeutlich beobachten, dass die Mitte-Links-Regierung auf den Wunsch ihrer Bürger nach mehr Sicherheit nur lasch reagiert. Die Folge: eingeschüchterte Menschen, die immer öfter damit drohen, rechtsextreme Parteien zu wählen, die ihnen mehr Sicherheit versprechen."

Der TAGESSPIEGEL aus Berlin sieht es so:

"Eine gefährliche Mixtur aus Hooligans und gewaltbereiten Globalisierungsgegnern war da am Werk, dankbar dafür, dass ein von einem Verkehrspolizisten erschossener Fußballfan auf einem Autobahnparkplatz in Windeseile mit Märtyrerstatus versehen werden konnte. Erinnerungen werden wach an den Tod eines Demonstranten beim G-8-Gipfel in Genua 2001. In Genua hat dieser Tage die Staatsanwaltschaft ungewöhnlich harte Strafen gegen die damaligen Globalisierungsgegner gefordert. Mag sein, dass dies bei manchem Randalierer den Hass auf den Staat noch gesteigert hat."

DIE TAGESPOST aus Würzburg kommentiert:

"Seit vielen Jahren schon versetzen gewaltbereite Gruppierungen Italiens Fußball und dadurch die gesamte Gesellschaft in Angst und Schrecken. Ihre Wirkung nach außen verfehlt nur selten ihr Ziel. Fußball gerät dabei zur Nebensache. Gleichzeitig aber wird er zum Hauptschauplatz von Terror und Gewalt. Gelingt es den verantwortlichen Politikern nicht, den Sinn des Sports zweckfrei zu sein wieder gesellschaftlich zu vermitteln, bleibt diesen nichts anderes übrig, als die Sportler vor leeren Rängen auflaufen zu lassen."