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Pressestimmen von Dienstag, 15. Oktober 2002

Sigrid Klinge14. Oktober 2002

Koalitionvereinbarung in Berlin / Terroranschläge auf Bali

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Überragendes Kommentarthema der Tageszeitungen an diesem Dienstag ist die Koalitionsvereinbarung, auf die sich SPD und Grüne nach zweiwöchigen Verhandlungen verständigt haben. Breiten Raum nehmen auch weiterhin die Terroranschläge auf Bali ein. Zunächst zur neuen Koalitionsvereinbarung:

Die FRANKFURTER RUNDSCHAU konstatiert:

"Im Zweifel nur das Machbare: Ganz nach diesem Prinzip haben SPD und Grüne nun recht zügig ihr Finanzpaket geschnürt. Herausragend viel Mut zum Konflikt mit all den Lobbygruppen kann man ihnen nicht gerade bescheinigen. Die groß angekündigten Subventionskürzungen fallen nun moderat und einigermaßen publikumsverträglich aus. Eine Reihe von heiklen Fragen, von der Öko-Steuer bis hin zur Bundeswehrreform, ist schlicht vertagt. So sind Koalitionsvereinbarungen immer gewesen. Sie stecken Ziele ab - und das Gezackere über die Ausfüllung geht weiter. Diesmal sind da, wo es ums Profil geht, speziell die versprochenen Akzente für mehr Kinderbetreuung erhalten geblieben."

Die Berliner B.Z. meint:

"Vor zwei Wochen hatte der Kanzler gesprochen: Keine Steuererhöhungen. Jetzt wissen wir es: Es war kein Macht-Wort, sondern ein typischer Schröder - es gilt das gebrochene Wort. Natürlich werden viele Bürger höhere Steuern zahlen - zum Beispiel, wenn sie ein Haus bauen, oder wenn sie fliegen. Die nächste Ökosteuer-Erhöhung kommt ohnehin zum 1. Januar 2003. Obendrein wird der Rentenbeitrag steigen - obwohl die Ökosteuer doch seine Senkung finanzieren sollte. Es wird also weitergewurstelt in Berlin. Jeder der Beteiligten weiß, dass dies alles Gift für die lahme Konjunktur ist."

DIE WELT bemerkt:

"Von grundlegenden Strukturreformen ist keine Rede. Stattdessen wird, wie die SPD-Linke bereits jubilierend angekündigt hatte, Eichels Konsolidierungskurs aufgeweicht. Damit haben die Koalitionsverhandlungen zwar keinen Sieger, aber einen eindeutigen Verlierer: den Bundesfinanzminister. Mit ihm zusammen muss der Bürger nun für die nächsten vier Jahre alle Hoffnung auf Sanierung der maroden Staatsfinanzen und Sozialsysteme fahren lassen. Man kann nur beten, dass wenigstens die wacklige Konjunkturprognose der Regierung zutrifft. Da tröstet auch der immerhin deutlich erkennbare Akzent bei der Familienpolitik nicht wirklich."

Die STUTTGARTER NACHRICHTEN schreibt:

"Hoch lebe die Neidgesellschaft: Das ist die Überschrift über dem neuen rot-grünen Koalitionsvertrag. Statt zu sparen, erschließt sich die Koalition neue Einnahmequellen und verbrämt dies mit dem Hinweis auf mehr Steuerehrlichkeit und -gerechtigkeit. Das klingt vorbildlich sozial. Ist es aber nicht."

Zu den Anschlägen auf Bali:

Die Frankfurter MÄRKISCHE ODERZEITUNG untersucht die Hintergründe:

"Die bisherigen Gewalttätigkeiten zwischen Muslimen und Christen in Indonesien - etwa auf den Molukken - hatten andere Hintergründe, wirtschaftliche mehr als religiöse. Die Muslime, die mit fast 90 Prozent die weit überwiegende Mehrheit der Bevölkerung stellen, vertreten keineswegs eine rabiate Form ihres Glaubens, eher gilt der Islam im größten islamischen Land der Welt als gemäßigt und tolerant. Woher also plötzlich der Angriff auf den Westen und seinen Lebensstil? Eine Beteiligung des Terrornetzwerkes El-Qaida von Osama bin Laden zu vermuten, ist zwar zum jetzigen Zeitpunkt kaum mehr als Spekulation. Dennoch sprechen einige Hinweise dafür, dass dieser Terrorangriff mehr ausdrückt als die inneren Probleme Indonesiens."

Die EßLINGER ZEITUNG betont:

"Lässt man sich auf die perverse Logik der Terroristen ein, so haben sie sich mit Bali ein ideales Ziel ausgesucht. Denn die Terroristen wollen ja maximale Aufmerksamkeit, sie wollen schockieren und sie wollen lähmen. All dies ist ihnen gelungen. Denn mit Bali ist eines der Touristenziele getroffen, das sich weltweiter Beliebtheit erfreut und bislang als Hort des Friedens und der Sicherheit galt. Am Strand von Kuta trafen sich die Rucksacktouristen aus aller Welt. Besonders beliebt war Kuta unter Australiern, aber auch zahlreiche US-Amerikaner und Jugendliche aus Europa frönten an dem belebten Strand der weltumspannenden Spaßgesellschaft. Insofern ist die weltweite Betroffenheit und der globale Schock groß."