1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Pressestimmen von Dienstag, 25. Juli 2006

Ursula Kissel 24. Juli 2006

Friedenstruppe für den Libanon / Förderung der Stammzellenforschung

https://p.dw.com/p/8qfo

Der Einsatz einer Friedenstruppe im Libanon und die EU-Förderung der Stammzellenforschung beschäftigen die Kommentatoren der deutschen Tagespresse. Zunächst zur Diskussion über die mögliche Einsetzung einer Friedenstruppe im Libanon unter Führung der EU:

Die BERLINER ZEITUNG glaubt:

"Die größte Beweglichkeit würde ein Nato-Einsatz ausgerechnet seinen größten Befürwortern abverlangen. Israel und die USA wären in der Pflicht, ihrerseits zum Gelingen der Friedensmission beizutragen. (...) Dauerhaft stabilisierend wird die Präsenz von Nato-Soldaten nur wirken, wenn auch die Regierung in Jerusalem ihren regionalen Nachbarn und den Palästinensern Zugeständnisse macht. Ohne Druck aus Washington erscheint das undenkbar. Die militärische Sicherung im Südlibanon muss also begleitet werden von einer politischen Friedensoffensive der USA für die Region. Nur unter dieser Voraussetzung hat ein Nato-Einsatz in Nahost Sinn."

Anerkennung für Israel äußert die Münchner ABENDZEITUNG:

"Mit ihrer generellen Zustimmung hat Israels Regierung eine beachtliche Wende vollführt - bisher waren es immer die Palästinenser, die den Konflikt internationalisieren wollten. Die Israelis wollten amerikanische Waffen und ansonsten freie Hand. Das reicht nicht mehr. (...) Bei allen Bedenken ist verblüffend, wie mühelos sich Verteidigungsminister Jung die Nato-Präsenz im Libanon vorstellen kann. Und in der Tat: Trotz oder gerade wegen der deutschen Geschichte sollte man die Idee nicht verwerfen, wenn sie der Friedensstiftung dient."

Zur Beteiligung deutscher Soldaten an einer Friedenstruppe äußert sich auch das OFFENBURGER TAGEBLATT:

"Ein Friedenseinsatz deutscher Truppen in Nahost ist deshalb ein Muss, weil die Geschichte Nazi-Deutschlands gezeigt hat, dass die Toleranz Grenzen haben muss. Wer gegen Menschenrechte verstößt und wer andere Völker vernichten will, steht außerhalb der zivilisierten Staatengemeinschaft. Er muss von ihr sprich den Vereinten Nationen geächtet und im Ernstfall bekämpft werden. Das galt in Bosnien, im Kosovo, in Afghanistan, im Kongo und gilt erst recht im Libanon. Denn Israel wie Hisbollah haben schon lange das Maß des Tolerierbaren überschritten."

Die in Würzburg erscheinende TAGESPOST schlägt warnende Töne an:

"Vielleicht wird bald eine robuste europäische Sicherheitstruppe die verfeindeten Streithähne im Nahen Osten voneinander trennen. (...) Aber der Nahe Osten ist nicht der Kongo. Ein kurzfristiges militärisches Engagement wird eine solche Mission jedenfalls nicht werden. Und deshalb ist das Gerede um eine europäische Friedenstruppe ziemlich befremdlich: Soldaten allein können diesen Konflikt nicht beenden. (...) Die Europäer müssen deshalb für eine politische Lösung sorgen. Tun sie es nicht, hätten ihre Soldaten sonst bald mit anderen Kalibern zu tun: Syrien und Iran."

Nächstes Thema: Die EU-Forschungsminister einigten sich in Brüssel darauf, die embryonale Stammzellenforschung unter strengen Auflagen weiter finanziell zu unterstützen. Deutschland und mehrere andere Staaten scheiterten mit dem Versuch, ein grundsätzliches Verbot der EU-Förderung der Embryonenforschung zu erreichen. Dazu äußern sich auch die Kommentatoren der deutschen Tageszeitungen:

Der Konstanzer SÜDKURIER ist der Meinung:

"Jedes Land kann die Version herauslesen, die ihm behagt. (...) Doch wer hier klare Antworten fordert, darf eines nicht vergessen: Auch in Deutschland ist das Thema völlig unterschiedlich besetzt; letzter Ausweg für die einen, Horror für andere. (...) Deshalb ist der EU-Beschluss mindestens ehrlich."

Mahnend äußert sich die in Karlsruhe erscheindende Zeitung BADISCHE NEUESTE NACHRICHTEN:

"... Nicht nur die Forschungspolitik sichert die Zukunftsfähigkeit Europas, sondern auch der sorgsame Umgang mit den Fragen über den Anfang und das Ende menschlichen Lebens. Es wird recht genau zu beobachten sein, ob die juristische Einigung der Europäischen Union auf mittlere Frist nicht doch noch manche Werte erodieren lässt."

Die LAUSITZER RUNDSCHAU aus Cottbus gibt zu bedenken:

"Die Gewinnung und Erforschung embryonaler Stammzellen des Menschen ist in Deutschland nach dem Embryonenschutzgesetz von 1990 grundsätzlich verboten. Somit ist auch die Gewinnung menschlicher embryonaler Zellen untersagt. Ähnlich streng sehen das in Europa noch Luxemburg, Litauen, Polen, die Slowakei, Malta, Italien und Österreich. Um aber nicht ganz vom Forschungszug abgekoppelt zu werden, beschloss der Bundestag vor vier Jahren eine leichte Liberalisierung. (...) Es wird Zeit, dass die schwarz-rote Bundesregierung das Stammzellengesetz zeitgemäß und ehrlich gestaltet."

Die NEUE RUHR/NEUE RHEIN ZEITUNG schaut in die Zukunft:

"Ab 1. Januar 2007 ist Deutschland das Zugpferd der EU. Mit der Ratspräsidentschaft, dem alle sechs Monate wechselnden Vorsitz im Verein Europa, fällt der Bundesregierung vor allem diese Aufgabe zu: den Einigungsprozess in der Union mit kräftigen Impulsen aus der Stagnation zu befreien. Auf dem Gebiet der Forschungspolitik, der Petrischale allen Wachstums, ist aber von Zugpferd-Qualitäten nichts zu spüren. Bei der embryonalen Stammzellenforschung pendelt Deutschland zwischen lahmem Gaul und sturem Esel."

Die OSTTÜHRINGER ZEITUNG aus Gera resümiert:

"Wenn sich die Regierungen abermals über das Thema beugen, sollte endlich die Erkenntnis Platz greifen, dass EU-Gemeinschaftsmittel in diesem sensiblen Forschungszweig nichts zu suchen haben. Europäisches Steuergeld darf nicht dort eingesetzt werden, wo das moralische Grundverständnis einer beträchtlichen Zahl der 450 Millionen EU-Bürger Schaden nimmt. Brüssel sollte sich auf die Forschungsförderung an adulten Stammzellen beschränken, die im erwachsenen Menschen vorkommen und ethisch unbedenklich sind."