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Pressestimmen von Donnerstag, 21. Februar 2008

Walter Lausch20. Februar 2008

Kein Spendensiegel mehr für Unicef Deutschland

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Wegen der Verschwendung von Spendengeldern ist Unicef Deutschland das Spendensiegel entzogen worden. Für die ESSLINGER ZEITUNG kam diese Entscheidung nicht überraschend:

"Das Deutsche Zentralinistiut für soziale Fragen konnte angesichts offenkundiger Verstöße gegen die Vergabekriterien nicht anders handeln auch deshalb, weil es um die Glaubwürdigkeit des Spendensiegels an sich geht. Das renommierte Sozialinstitut steht nicht nur gegenüber jenen Spendern in der Pflicht, die sich an seinem Prädikat orientieren, sondern auch gegenüber den mehr als 240 Hilfsorganisationen, die sich an das strenge Reglement halten. Sie sind im Schatten des strauchelnden Riesen Unicef längst mit in die allgemeine Vertrauenskrise der Spendenwirtschaft geschlittert. "

Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG in München sieht Unicef Deutschland unter Druck:

"Manchmal geht es nicht ohne Knall. Manchmal muss es einen gewaltigen Schlag tun, bis Fehler wirklich als Fehler eingesehen werden. Das ist bei normalen Menschen so. Und es ist bei denen, die vorgeben, Gutes zu tun, nicht anders. Die Keule hat jetzt die Verantwortlichen von Unicef Deutschland getroffen. Die bis vor kurzem sehr anerkannte Organisation hat ihr Spendensiegel verloren. Das bedroht - noch - nicht ihre Existenz. Die Gemeinnützigkeit, die es Spendern erlaubt, Spenden von der Steuer abzusetzen, könnte nur das zuständige Finanzamt versagen. Moralisch aber ist der Entzug des Spendensiegels eine Katastrophe. Jetzt muss erst wieder neues Vertrauen erworben werden. Versäumt Unicef diese letzte Chance, dann könnte der Schaden sehr schnell irreparabel werden."

Ähnlich sieht dies die RHEIN-NECKAR-ZEITUNG aus Heidelberg:

"In der vergangenen Monaten hat Unicef ein miserables Krisenmanagement an den Tag gelegt und sich selbst in die Klemme manövriert. Der Image-Schaden ist beträchtlich und dreht die Spendenspirale nach unten. Unicefs schwierige Aufgabe ist es nun, den Neuanfang zu gestalten und das verloren gegangene Vertrauen wieder aufzubauen. Denn die Hilfe, die die Organisation Millionen notleidenden Jungen und Mädchen weltweit zukommen lässt, ist weiterhin richtig - und ganz prinzipiell unterstützenswert."

Der WIESBADENER KURIER erinnert daran, dass die wahren Opfer des Entzugs des Spendensiegels viele Kinder weltweit sind, die schnelle Hilfe nötig hätten:

" Eine Katastrophe ­ heißt es unisono ­ sei der Entzug des Spendensiegels für Unicef. Falsch! Für die Hilfsorganisation ist der Verlust nur die zwingende Folge des Fehlverhaltens der eigenen Führung. Eine Katastrophe ist der weitere Verlust an Vertrauen und damit an Spendern vielmehr für die Empfänger der Unicef-Hilfsgelder: Tausende von Kindern in allen Erdteilen, die nun wirklich nichts mit mangelnder Transparenz und verschwiegenen Provisionen zu tun haben, gleichwohl mit dem Entzug des Gütesiegels gestraft werden. Diesen Ärmsten der Armen muss die erste Sorge nach dem einstweiligen Ausfall ihrer Helfer gelten."

Abschließend die Meinung der NEUEN RUHR/NEUEN RHEIN-ZEITUNG aus Essen:

" Eine wirksame staatliche Kontrolle des Spendengeschäftes wurde in den siebziger Jahren durch Streichung des Sammlungsgesetzes beendet. Seither liegt es in der Beliebigkeit des Föderalismus, wer Spenden einsammeln darf. Kein gelungenes Beispiel für Bürokratieabbau. Das offene Tor für Abzocker gehört geschlossen. Die Politik tut gut daran, den Wohltätigkeitssektor auf jene bilanzpflichtigen Standards der Transparenz zu verpflichten, wie sie in anderen Ländern Europas und in den USA längst gelten. Eine Garantie gegen Missbrauch ist das natürlich auch nicht. Aber ein Versuch, nach dem Fall Unicef zu verhindern, dass die Armen dieser Welt darben müssen, weil Helfer schlampen."