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Pressestimmen von Donnerstag, 22. Juni 2005

Herbert Peckmann.22. Juni 2005

Gewissensfreiheit von Soldaten /Regierungswechsel in NRW /Weiterer Schuldenerlass für den Irak

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Die Gerichtsentscheidung zur Gewissensfreiheit von Bundeswehrsoldaten und der Regierungswechsel in Nordrhein-Westfalen sind herausragende Themen in den Kommentarspalten der deutschen Tagespresse. Beachtet wird auch der weitere Schuldenerlass für den Irak.

Nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig dürfen Soldaten der Bundeswehr Befehle aus Gewissensgründen verweigern. Dazu meint die SAARBRÜCKER ZEITUNG:

"Das Urteil ist richtig. Denn zwei Dinge gilt es zu unterscheiden: Ein Soldat, der sich einem Befehl widersetzt, weil diesem die Rechtsgrundlage fehlt. Und eine Befehlsverweigerung, für die es keine Rechtsgrundlage gibt. Wenn also ein Soldat seine Mitarbeit an einem speziellen Computerprogramm verweigert hat, weil er befürchtete, es könne im Irak-Krieg eingesetzt werden, dann ist ihm das kaum vorzuwerfen. Denn: Auch nach Auffassung der Bundesregierung war die Unterstützung des Irak-Kriegs verfassungs- und völkerrechtswidrig."

Anders sieht es die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG. Das Blatt schreibt:

"Die Streitkräfte seien an Recht und Gesetz gebunden, stellen die Leipziger Richter fest. Davon könnten sie sich nicht unter Berufung auf die militärische Zweckmäßigkeit oder Funktionsfähigkeit freistellen. Dem Leipziger Wehrdienstsenat ist offensichtlich nicht klar, dass in den Streitkräften kaum noch etwas funktionierte, wenn das Beispiel des Stabsoffiziers Schule machen sollte."

Die Berliner Tageszeitung TAZ analysiert:

"Wer künftig Sicherheitspolitik nicht ausschließlich auf Verteidigung beschränken will, wird um eine Verfassungsänderung nicht herumkommen. ... Was für eine Ironie. Ausgerechnet im Zusammenhang mit einem Krieg, an dem sich Deutschland nicht beteiligt hat, wird nun ein Grundsatzurteil gefällt, das es künftig allen Akteuren erheblich erschwert, sich auf Militärinterventionen auch nur vorzubereiten."


Damit nach Nordrhein-Westfalen. Dort wurde der CDU-Politiker Jürgen Rüttgers zum neuen Ministerpräsidenten gewählt. Die NEUE WESTFÄLISCHE aus Bielefeld kommentiert:

"Er tritt ein schweres Erbe an. Die öffentlichen Kassen im Bundesland sind leer, die Schulden erdrückend. Verteilen lässt sich nur das, was an anderer Stelle eingespart werden kann. Viele Möglichkeiten dafür gibt es nicht. Nicht viel besser wird die Situation für die neue Regierung an Rhein und Ruhr, wenn im September Angela Merkel und Guido Westerwelle in Berlin den Ton angeben. Machen die Ernst mit ihren Sparvorhaben, ist es mit dem sozialen Frieden in der Republik erst einmal vorbei."

Auf die anstehenden Probleme weist auch die WESTDEUTSCHE ZEITUNG aus der Landeshauptstadt Düsseldorf hin:

"Rüttgers ist mit seinem Nein zur Kohle und seinem Ja zu Studiengebühren einen Weg gegangen, der ihm schon erste Proteste von Studenten und Bergleuten eingetragen hat. Weitere Konflikte sind programmiert. ... Gestern zeigte er sich als guter Gewinner, beweisen muss er sich als guter Gestalter."


Themenwechsel. Zur Entscheidung der internationalen Irak-Konferenz in Brüssel, dem Land politisch und wirtschaftlich zu helfen, konstatiert die THÜRINGER ALLGEMEINE:

"Diejenigen, die im Irak bomben und kidnappen, stehen auf einsamem Posten. Das ist die Botschaft, die von der Irak-Konferenz mit über 80 teilnehmenden Staaten in Brüssel ausgehen soll. ... Uneinigkeit herrscht aber weiterhin im Irak selbst. ... Stadt für Stadt und Region für Region geht es jetzt darum, mit irakischen Sicherheitskräften den Terror einzudämmen. Denn viele stehen noch abwartend abseits, weil es lebensgefährlich ist, sich für den Aufbau zu engagieren."

Noch deutlicher sieht dies DIE TAGESPOST aus Würzburg:

"Letztlich bleibt das alles doch nur ein vage bekundetes Interesse an dem von Krieg und Terror geschundenen Land. Das hat gestern auch Außenminister Fischer klargestellt: Deutsche Soldaten würden nicht in den Irak entsandt. Die Bundesrepublik sei aber zu weiterer Unterstützung beim Wiederaufbau bereit, sobald dies die Sicherheitslage zulasse. ... Es sind vor allem die Iraker selbst, die ihre Zukunft in die Hand nehmen müssen."