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Pressestimmen von Donnerstag, 28. September 2006

Eleonore Uhlich 27. September 2006

Islam-Konferenz tagte in Berlin

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Auf Einladung von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble waren in Berlin Vertreter von Bund und Ländern sowie der in Deutschland lebenden Muslime zur ersten Islam-Konferenz zusammengekommen. Sie soll einen fortwährenden Dialog in Gang setzen über Probleme des Zusammenlebens und der Integration. Das Urteil der deutschen Tageszeitungen dazu fällt positiv aus. Aber es gibt auch kritische Anmerkungen.

Zunächst die in Berlin erscheinende Tageszeitung TAZ:

"Keine Frage, der Islamgipfel ist ein historisches Ereignis. Bislang fehlte dem Staat ein zentraler Ansprechpartner, der in der Lage wäre, die 3,2 Millionen Muslime in Deutschland zu vertreten. Die vier größten muslimischen Dachverbände wollen nun an einem Strang ziehen. Das Beispiel Frankreich zeigt, dass man einen solchen Rat nicht von oben verordnen kann. ...Schäuble scheint dies zum Glück bewusst zu sein."

Die STUTTGARTER ZEITUNG notiert:

"Es gibt ... keine Alternative dazu, geduldig die moderaten Kräften unter den Muslimen und einen mit europäischen Werten versöhnten Islam zu stärken. Der Weg dahin ist weit, und natürlich haben Muslime eine Bringschuld. Doch wenn wir unaufgeregt einfordern, dass unsere Werteordnung akzeptiert wird, ist das ein Zeichen von Stärke und nicht von Nachgiebigkeit. Die Botschaft muss sein: Muslime sind ein Teil unserer Gesellschaft. Sie haben die gleichen Rechte und Pflichten."

Die in Aschaffenburg erscheinende Zeitung MAIN-ECHO führt diesen Aspekt weiter aus:

"Die Politik, die sich mit großer Verspätung des Themas annimmt, kann dabei nur flankierend tätig werden, Angebote machen, Perspektiven zeigen, den Rahmen abstecken, aber auch Grenzen aufzeigen. Die Bereitschaft zum Bewusstseinswandel müssen die Betroffenen selber aufbringen. Die muslimischen Eliten stehen in der Pflicht, die Religionsführer ebenso wie die Intellektuellen, ihren Glaubensgenossen zu lehren, dass sich Leben in der westlichen Welt und Islam nicht ausschließen, dass die Trennung von Kirche und Staat nicht gegen den Glauben gerichtet ist und dass ein säkular verfasster Staat nicht von lauter Ungläubigen bevölkert wird."

Skepsis lässt der Bonner GENERAL-ANZEIGER erkennen:

"Der Dialog wird alles andere als eine gradlinige Erfolgsgeschichte werden. Zu heterogen sind die Interessen der muslimischen Verbände, von denen viele gestern nicht am Beratungstisch saßen. In Berlin ist nicht mehr als ein Anfang gemacht worden. Das ist kein geringer Erfolg, aber auch keine Garantie für eine konfliktarme Zukunft."

Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG kommt zu dem Ergebnis, dass es den "jetzt angestoßenen Dialog geben muss" und prophezeit:

"Für viele Muslime mag dies einen langen, auch schmerzhaften Weg heraus aus ihren Ghettos bedeuten. Vor allem für diejenigen, die den Islam in einer mehr oder weniger traditionsgebundenen Weise praktizieren. Das sind die Muslime, die sich als wirklich fromm begreifen. Sie werden in Zukunft manches schlucken müssen, was ihnen der weltanschaulich neutrale Staat abverlangt, wenn die Sache gelingen soll."

Die ESSLINGER ZEITUNG führt aus:

"Es geht nicht darum, den Islam zu verteufeln. Im Gegenteil muss im Gespräch mit den Muslimen selbstbewusst auf die Errungenschaften des europäischen Humanismus verwiesen werden, der Gewalt als Mittel der politischen Auseinandersetzung ausschließt und Menschen nicht zu Objekten von Religionen oder Ideologien degradiert. Die Würde des Menschen ist unantastbar. Wir haben nach den Erfahrungen unserer Geschichte allen Grund, die Einhaltung dieser Regeln von allen Mitbürgern einzufordern."

Die RHEIN-NECKAR-ZEITUNG schlägt einen Bogen zu der abgesetzten Mozart-Oper 'Idoneneo':

"Das zunächst greifbarste, aber auch atmosphärisch schönste Ergebnis der Berliner Islam-Konferenz ist zweifellos die Absicht aller Teilnehmer, Mozarts Idomeneo zu besuchen. Sofern die Oper, die ohne vernünftigen Grund abgesetzt wurde, wieder auf den Spielplan kommt. ... Der Fall verrät aber jenseits aller bissigen Betrachtung noch etwas: Wenn ein interkultureller Dialog entstehen soll, muss er auf gleicher Augenhöhe und auf unserer Seite gerade nicht aus der Kaninchenperspektive geführt werden."

Zu diesem Aspekt merkt die PFORZHEIMER ZEITUNG an:

"Dazu gehört auch der Mut, hart zu bleiben. Gegenüber jenen Ausländern, ... die ihren Lebensstil verwirklichen wollen, ohne Rücksicht auf das Land zu nehmen, in dem sie sich aufhalten. In einem anderen Land heimisch werden auch das ist Integration. Aber nicht auf Kosten der Gesellschaft, der man sich anschließt."