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Pressestimmen von Donnerstag, 29. November 2007

Reinhard Kleber28. November 2007

Nahost-Konferenz in Annapolis

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Mit einer Reihe von Gesprächen mit den Spitzenpolitikern aus dem Nahen Osten will US-Präsident Bush in Annapolis Schwung in den Friedensprozess bringen. Ein erstes konkretes Ergebnis, die Einigung von Israelis und Palästinensern auf Friedensverhandlungen, hat die Konferenz ja gebracht. Doch worauf zielt die Annapolis-Initiative eigentlich ab? Die Leitartikler der deutschen Tagespresse sehen das sehr unterschiedlich.

Die MITTELDEUTSCHE ZEITUNG aus Halle meint:

"US-Präsident Bush hat sich mit dem vorliegenden Zeitplan ganz offensichtlich das hohe Ziel gesetzt, noch vor Ende seiner Amtszeit eine Zwei-Staaten-Lösung für Palästina zu erreichen. Mögen derlei Zeitvorgaben mitunter Entscheidungen befördern, so sind sie in der Nahost-Frage eher hinderlich. Zugeständnisse unter Druck passen nicht zum nahöstlichen Wesen. Viel wird davon abhängen, wie beide Seiten im Gesamtkompromiss ihr Gesicht wahren. Das wird Zeit kosten, viel Zeit."

Die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt/Oder warnt:

"Annapolis als Erfolg zu werten, wäre an der Realität vorbei. Sicherlich, es ist wieder Bewegung in den seit Jahren eingeschlafenen "Friedensprozess" gekommen. Aber seitdem ist die Zeit im Nahen Osten nicht stehen geblieben. Die Palästinenser befinden sich inzwischen im Bruderkrieg. Die radikalislamische Hamas kontrolliert den Gazastreifen, im Westjordanland regiert Abbas. Doch die Hamas (…) saß in Annapolis gar nicht mit am Tisch.“

Der KÖLNER STADT-Anzeiger lenkt den Blick auf zwei Protagonisten, den israelischen Regierungschef Olmert und den Palästinenserpräsidenten Abbas:

„Olmer und Abbas wollen Frieden. Sie haben mit Ach und Krach ein gemeinsames Papier zustande gebracht, das diesem Willen Ausdruck verleiht. Doch indem sie darüber hinaus einen kaum haltbaren Zeitplan in die Welt gesetzt haben, trägt der Sieg von Annapolis die Niederlage in sich. Erwartungen zu enttäuschen hat im israelisch- palästinensischen Konflikt Tradition. In Annapolis wurden riesige Erwartungen geweckt. Sie zu erfüllen, käme einem Wunder gleich.“

Die ALLGEMEINE ZEITUNG aus Mainz gibt zu bedenken:

"Die Reaktion eines Gegners ist stets ein sicheres Zeichen festzustellen, ob man erfolgreich ist oder nicht. Kaum war das Treffen in Annapolis beendet, feuerte die Hamas Dutzende Raketen auf Israel, die Iraner kündigten den Bau neuer Mittelstreckenraketen und die Terroristen vom islamischen Dschihad ihre "Operation Herbststurm" an. US-Präsident Bush kann daran gut erkennen, dass seine Supershow ihren Zweck voll erfüllt hat. Annapolis war nämlich nichts anderes als der Schauplatz für eine Kriegserklärung und zwar an die Adresse Teherans. Bushs Trumpf ist dabei die wachsende Angst des Großteils der arabischen Staaten vor einem mit Atomwaffen vorgetragenen Machtanspruch der Iraner in der islamischen Welt. Dem muss vor allem Saudi-Arabien schleunigst Einhalt gebieten, will es seine Führungsrolle nicht in Frage stellen lassen. Dafür lassen sich die Saudis sogar mit den Israelis ein.“

Ähnlich sieht das die BERLINER MORGENPOST:

"Annapolis ist der Startschuss für die Trennung der Extremisten um Teheran von der moderaten Mitte der friedenswilligen arabischen Welt. Der Nahe Osten und der Mittlere Osten gehören in Bushs Weltsicht untrennbar miteinander zusammen. Israel soll mit Palästina bilaterale Gespräche führen, deren Aussichten die ganze sunnitisch-islamische Welt vom Sudan über Syrien und Pakistan bis Indonesien fesseln soll. Währenddessen steigert Bush den Druck auf den schiitischen Iran. Die US-Flotte im Golf legt immer größere Treibstoffvorräte an und wird bald durch das Eintreffen einer amphibischen Kampfgruppe zu begrenzten offensiven Aktionen fähig."