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Pressestimmen von Donnerstag, 31. Mai 2007

Christoph Schmidt30. Mai 2007

G8-Gipfel / Kabinett berät über Doping

https://p.dw.com/p/AmWU

Die Themenliste ist lang, die Hoffnung auf zukunftweisende Entscheidungen gering und die Angst vor Demonstranten offenbar sehr groß - in einer Woche kommen die Mächtigsten der Erde zum G8-Gipfel nach Heiligendamm. Die Außenminister der sieben wichtigsten Industriestaaten und Russlands führten schon jetzt vorbereitende Gespräche in Potsdam. Damit stehen die Erwartungen an das Mammuttreffen einmal mehr im Fokus der Pressekommentare. Ein weiteres Thema dieser Presseschau ist die jüngste Initiative der Bundesregierung gegen das Doping.

Die WESTDEUTSCHE ZEITUNG schreibt zum G8-Gipfel:

'Selbst gemessen an den ohnehin bescheidenen Zielen der deutschen G8-Präsidentschaft scheint auch dieser Gipfel schon gescheitert. Natürlich ist es ein Wert, wenn die Mächtigen dieser Welt Standpunkte austauschen. Aber rechtfertigt das den zweifelhaften Umgang mit Grundrechten? Dabei wissen wir doch, dass die wirklich gefährlichen «Gewaltbereiten» dieser Welt gewiss nicht in den Zelten an den mecklenburgischen Seen zu finden sind, sondern hinter Nato-Draht geschützt im Grand-Hotel. Vielleicht wäre dem Globus mehr gedient, wenn die inszenierte Bedeutungslosigkeit dieser «Gipfel» künftig wieder im bescheidenen Rahmen vor dem Kamin ihre Grenzen fände.'

Zu diesem Thema bemerkt die RHEIN-NECKAR-ZEITUNG aus Stuttgart:

'Natürlich wäre es reichlich naiv, zu sagen: von diesem Hochsicherheitsgipfel kann nichts Gutes kommen. Denn Sicherheit muss nun einmal gewährleistet sein, wenn die wichtigsten Staatschefs der Welt zusammentreffen. Gerade im Zeitalter eines neuen, immer unberechenbareren Terrorismus. Allerdings: Die absolute Abschirmung der G-8-Repräsentanten vom Volk spiegelt durchaus auch die geistige Haltung, die hinter dieser Paranoia steckt. Die meisten Vorkehrungen richten sich nämlich gerade nicht gegen mögliche Terroristen, sondern gegen Demonstranten.'

Die RHEIN-ZEITUNG aus Koblenz urteilt:

'Welt-Wirtschaftsgipfel ist ein anmaßender Titel für einen Klub, in dem China und Indien nur als Gäste geduldet sind. Der Alleinvertretungsanspruch der alten Industrienationen wird Jahr für Jahr fragwürdiger. Aus Wachstum soll Verantwortung erwachsen, so die Losung. Die könnte darin bestehen, der Welt mit gutem Beispiel voranzugehen. Mit gemeinsamen Klimazielen etwa. Mit dem Versprechen, Zölle und Subventionen abzubauen, um den armen Ländern Marktzugänge zu ermöglichen. Mit einer Afrika-Strategie. Doch für all das sind die Einzelinteressen zu stark.'

Und der MÜNCHNER MERKUR meint zum Kampf gegen den Klimawandel:

'Je näher der G-8-Gipfel in Heiligendamm rückt, in desto weitere Ferne scheint ein wirklicher Durchbruch bei den Klimazielen zu entschwinden. Auch wenn Bush als Paradebesetzung des Bösewichts gilt - - man darf nicht vergessen: Auch Chinesen und Inder sehen zwar Handlungsbedarf, aber erst einmal die Alt-Industriestaaten in Zugzwang. Ihre wirtschaftliche Aufholjagd wollen sie sich von umweltpolitischen Fesseln nicht beschränken lassen - es sei denn, moderne Umwelt-Technologie wird ihnen vom Westen zum Schnäppchenpreis serviert.'

Themenwechsel: Nach den spektakulären Doping-Geständnissen von Radprofis hat nun das Bundeskabinett über unsauberen Leistungssport beraten. Innenminister Wolfgang Schäuble will mit einer Einsatzgruppe gegen Doping vorgehen, vom Strafgesetz sollen die Mogelsportler aber verschont bleiben. Die Tagespresse prüft den Gehalt der neuen Initiative.

Im KÖLNER STADT-ANZEIGER heißt es dazu:

'Nur wenn der Verdacht besteht, dass ein Berufssportler sich auch noch als Dealer bereichert, soll das verschärfte Arzneimittelrecht gelten. Ein solches Gesetz ist für die Katz. Denn der beste Ansatzpunkt für Ermittlungen gegen Doping-Sünder bleibt allein die positive Urinprobe und nicht der Umweg über einen Verdacht auf strafbaren Besitz in größeren Mengen oder auf Handel mit dem begehrten Stoff. Genau dieses Instrument zur wirksamen Doping-Bekämpfung bleibt der Staatsanwaltschaft jedoch versagt. Sonst wäre wohl niemand auf die Schnaps-Idee verfallen, über Kronzeugen die Doping-Szene halbwegs clean zu kriegen.'

Die MÄRKISCHE ALLGEMEINE aus Potsdam nimmt die Dopingsünder ins Visier:

'Hartnäckig hält sich hierzulande die Mär vom fremdgesteuerten Profisportler, der von rücksichtslosen Ärzten, unverantwortlichen Funktionären und skrupellosen Geschäftemachern zur Spritze gezwungen wird. Das ist Humbug. Die Entscheidung zum Regelverstoß ist letztlich immer eine individuelle, mögen Leistungsdruck und Verdrängungswettbewerb noch so groß sein. Die Frage ist nur, wie die Gesellschaft mit den Sündern umgeht. Ein 'Anti-Doping-Gesetz', das die Einnahme und den Besitz von Dopingmitteln straffrei lässt, verdient diesen Namen nicht. Die Sportgerichtsbarkeit hat sich nun wirklich als zahnloser Tiger erwiesen.'

Die KÖLNISCHE RUNDSCHAU fragt nach der Rolle der Tour-de-France-Fernsehübertragung:

'Was wäre die Alternative? Ganz einfach: Der Ausstieg aus stundenlanger Berichterstattung. Zusammenfassung in den Nachrichten und fertig. Klar wäre das schade um den Sport und für seine Fans, erst recht für all die fairen Fahrer, die nie gespritzt, sondern nur hart trainiert haben und die von Gaunern um die Früchte ihrer Arbeit gebracht wurden. Aber gerade für die Betrogenen könnte es sich auszahlen, wenn das Profiradeln nicht völlig zum Theaterstadl verkommt, sondern wieder zu sich findet. Ohne Tränenbeichten.'

Die HEILBRONNER STIMME sieht im Doping ein tiefes gesellschaftliches Problem:

'Nur Siege zählen. Erlaubt ist, was nicht nachweisbar ist. Ellenbogengesellschaften und Gemeinschaften, in denen die Vermarktung von Spitzenleistungen zum Non plus Ultra geworden ist, sind so. Man setzt sich über gemeinsame Werte hinweg und schreibt sich seine eigenen Regeln. Basta! Die anderen können über Ethik und Moral sülzen. Für den Regelverstoßer gilt nur: Lass dich nicht erwischen. Doping ist im Spitzensport eher die Regel denn die Ausnahme. Das gestern vorgelegte Anti-Doping-Gesetz ist nur Placebo.'