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Pressestimmen von Donnerstag, 7. Juni 2007

Reinhard Kleber6. Juni 2007

G8-Gipfel in Heiligendamm / Evangelischer Kirchentag

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In Heiligendamm an der Ostsee hat der mit Spannung erwartete Gipfel der sieben führenden Industriestaaten und Russlands begonnen. Unter dem Vorsitz der EU-Ratspräsidentin Angela Merkel werden die Staats- und Regierungschefs drei Tage lang über thematische Schwergewichte wie zum Beispiel den Klimaschutz und die Bekämpfung der Armut in den Entwicklungsländern diskutieren. Das ambitionierte Programm ist ein zentrales Thema der Kommentarspalten in der deutschen Presse – ebenso wie der Evangelische Kirchentag in Köln. Doch zunächst zu G8-Gipfel.

Die BERLINER MORGENPOST merkt an:

„In Heiligendamm pokern die Chefs der wichtigsten sieben Industrieländer samt Russlands Putin noch von Angesicht zu Angesicht. Das verspricht Spannung und Hoffnung zugleich. Im Mittelpunkt steht dabei der Klimaschutz. Zwar prallen, seit auch der amerikanische Präsident George W. Bush das Thema entdeckt hat, zwei Philosophien aufeinander. Ein Fortschritt ist es aber allemal, dass die Klimaerwärmung endlich von allen als Bedrohung der globalen Natur und Umwelt anerkannt wird.“

Die WESTFALENPOST aus Hagen schreibt:

'Man läuft Gefahr, aus dem Staunen nicht mehr herauszukommen, wenn man von der Kanzlerin hört, was sie alles vorhat in Heiligendamm: Globalisierung menschlich gestalten, Armut bekämpfen, Freiheit für Handel und Investoren fördern, nicht zuletzt internationale Konflikte bewältigen. (...) Wenn acht Mächtige tagen, dann darf man schon einiges erwarten. Oder nicht? Jedenfalls hat die G8-Präsidentin Merkel einiges an Erwartungen geweckt, indem sie ausgerechnet den Klimaschutz zum Hauptanliegen dieses Treffens deklarierte. In der Öffentlichkeit hat man das als ein Versprechen verstanden, dem widerstrebenden US-Präsidenten ein Bekenntnis zu konkreten Zielmarken zu entlocken.'

Die KÖLNISCHE RUNDSCHAU gibt zu bedenken:

„Es gibt Fragen, die nicht mit weichgespülten Pseudo-Einigungen zu lösen sind. Die Weltklimapolitik gehört dazu. Deshalb ist es richtig und sehr zu begrüßen, dass Kanzlerin Merkel auf dem G8-Gipfel und schon im Vorfeld den Konflikt mit den USA riskiert. Das muss keineswegs zum Scheitern des Gipfels führen. Die Zeiten sind nicht mehr so, dass sich die USA mit Lippenbekenntnissen durchmogeln könnten. Das geht schon aus Gründen der US-Innenpolitik nicht mehr.“

Dagegen setzt sich die OSTTHÜRINGER ZEITUNG aus Gera kritisch mit der Themensetzung des Gipfels auseinander:

'Nicht die Gipfeltreffen an sich, aber deren inhaltliche Überfrachtung ist zu kritisieren. Iran, Israel oder Tuberkolose haben auf einem 'Weltwirtschaftsgipfel' eigentlich wenig zu suchen. Weniger wäre hier mehr, eine Rückbesinnung auf wirtschaftliche Themen dringend nötig. Und schließlich, die Legitimitätsfrage stellt sich den elitären Acht mit jedem Jahr dringlicher: Wie können Regierungschefs, die zwar für zwei Drittel der globalen Wirtschaftskraft stehen, aber nur 14 Prozent der Weltbevölkerung repräsentieren, für sich in Anspruch nehmen, die großen Zukunftsfragen der Menschheit quasi im Alleingang zu lösen?'

Und nun zum zweiten Thema, dem Kirchentag, dem zweiten deutschen Großereignis. Schon am Eröffnungsgottesdienst unter freiem Himmel nahmen rund 50.000 Gläubige teil. Und zu dem fünftägigen Protestantentreffen werden bis Sonntag rund eine Million Menschen erwartet. Ein zentrales Thema dürfte auch hier die Globalisierung sein.

Der KÖLNER STADT-ANZEIGER schreibt:

„Mit der Globalisierung haben die Kirchen Erfahrung. Aggressive Verdrängungspolitik, Kulturimperialismus, Ressourcen-Raubbau zum eigenen Nutzen. Aber in den Annalen stehen eben auch beispielhafte Blütephasen in christlichen Missionsgebieten oder die wechselseitige geistige Befruchtung verschiedener Kulturkreise. Schon deshalb wäre es geschichtsvergessen und realitätsblind, wenn sich der Kirchentag in Köln zum Forum einseitiger Globalisierungskritik machen würde.“

Im COBURGER TAGBLATT findet sich dieser Kommentar:

„Kirchentage brauchen klare Botschaften - auch der in Köln. Zeit und Ort scheinen zum Austausch solcher Botschaften bestens gewählt. So können die evangelischen Christen mit Blick auf die Mächtigen mit der Forderung nach Bekämpfung der Armut auf der Welt einen moralischen Brückenschlag von Köln nach Heiligendamm vornehmen. Die Kirche muss als moralische Instanz ihre Stimme erheben und angesichts des Klimawandels die nur von Wahltermin zu Wahltermin denkenden Politiker an ihre Verantwortung zur Bewahrung der Schöpfung für die nächsten Generationen erinnern.“

Die WESTDEUTSCHE ALLGEMEINE ZEITUNG aus Essen meint:

„Köln, das erzkatholische, wird protestantisch. Fünf Tage lang tickt die Metropole evangelisch. Selbst heute, am hohen katholischen Feiertag Fronleichnam, gehören die Straßen beiden - evangelischen wie katholischen Christen. Die einen folgen ihrer Prozession, die anderen ihrer - religiös motivierten - Kundgebung 'Macht der Würde' gegen die Ungerechtigkeit der Welt. Beides spielt sich unter den ehrwürdigen Türmen des Doms und den farbenfrohen Fahnen der Protestanten ab. Eigentlich ein schönes Bild für das Miteinander der getrennten Kirchen. Vielleicht bleibt es da nicht nur ein frommer Wunsch, dass dieser Kirchentag der Ökumene den dringend nötigen, neuen Schwung verleihen möge.“

Zum Schluss noch die DRESDNER NEUESTEN NACHRICHTEN:

„Lebendig und kräftig und schärfer - unter diesem Motto kann in Köln wohl jeder Kirchentagsbesucher entspannt seine Isomatte ausrollen. Es fehlt die zentrale Herausforderung, an der sich wie zu Nachrüstungszeiten der Kirchentag protestantisch-wortreich reiben kann. Über G8, Islam oder Familienbild reden (zu) viele. Deshalb aber das Programm als Leipziger Allerlei zu verspotten, wie es Kardinal Meisner spitzzüngig tat, geht zu weit. Lebendig ist die evangelische Kirche, allen Abgesängen von atheistisch-eifernden Weltaufklärern zum Trotz. Kräftig und schärfer will Kirche erst werden - als Stimme, die etwas zu sagen hat.“