1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Pressestimmen von Freitag, 1. Juli 2005

Annamaria Sigrist30. Juni 2005

Bundeskanzler stellt Vertrauensfrage / Managergehälter müssen offengelegt werden

https://p.dw.com/p/6rZG

Die Kommentare der deutschen Tageszeitungen befassen sich an diesem Freitag überwiegend mit der von Bundeskanzler Gerhard Schröder gestellten Vertrauensfrage im Bundestag. Ein weiteres Thema ist das neue Gesetz zur Offenlegung von Managergehältern.

Zu der von Schröder gestellten Vertrauensfrage schreibt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG aus München:

"Eine stabile Regierung mit stetigen Mehrheiten ist das schon lange nicht mehr. Nach der Selbstzerfleischung der vergangenen Wochen sind die Reste von Vertrauen dahingeschmolzen wie Schnee in der Sommersonne. Ein vom Präsidenten oder dem Gericht verordnetes Andauern dieser Regierung würde die politische Lage auf den Kopf stellen. Mehr noch: Das Ansehen der Politik, ja des Parteisystems insgesamt, würde schwere, vielleicht irreparable Schäden erleiden. Es gäbe dann eine Bundesregierung, die nicht mehr regieren will, ein Parlament, dessen große Mehrheit die Auflösung wünscht und ein Volk, das es satt hat, dass sich 'die' Politiker immer nur mit sich selbst beschäftigen."

Die WESTDEUTSCHE ZEITUNG aus Düsseldorf bemerkt:

"Wir sollten uns nichts vormachen: Gerhard Schröders so quälend inszenierte Vertrauensfrage ist tatsächlich nur ein fadenscheinig bemäntelter Rücktritt, das Eingeständnis, im zentralen Feld seines Regierungshandelns, der Wirtschafts- und Sozialpolitik, gescheitert zu sein. Für seine neoliberale Agenda 2010 hatte der Kanzler niemals ein Votum des Wählers. Im Gegenteil: Diese Politik dementierte sämtliche Versprechen des Wahlkämpfers Schröder."

Das OFFENBURGER TAGEBLATT notiert:

"Es wäre unerträglich und unverantwortlich, wenn die so gut wie handlungsunfähige Regierung noch über ein Jahr gegen die Bastion der Union im Bundesrat weiter wursteln würde. Spätestens in diesen Grabenkämpfen um die Startblöcke für die reguläre Bundestagswahl 2006 würde Schröder wahrscheinlich tatsächlich die Kanzlermehrheit abhanden kommen. So gesehen kommt das für heute geplante Betätigen des roten Knopfes für den Schleudersitz lediglich dem voraussehbaren Absturz zuvor."

Die WELT aus Berlin schließlich ergänzt:

"Natürlich gibt es große Bedenken gegen das ... Verfahren für Neuwahlen, auch gegen das Hemdsärmelige des Schröder-Coups am 22. Mai. Zu Recht. Aber die eigentliche Vertrauensfrage ist nicht die heute im Parlament an eine tricksende Mehrheit von Rot-Grün. Die wahre Vertrauensfrage beantwortet der Wähler. Er hat ein Recht darauf. Am 18. September."


Zum nächsten Thema. Manager börsennotierter Unternehmen müssen von 2007 an ihre Gehälter offenlegen. Das neue Gesetz verabschiedete der Bundestag am Donnerstag mit den Stimmen von SPD und Gründen sowie der Union. Die FDP votierte dagegen. Die FRANKFURTER RUNDSCHAU bewertet die Offenlegung der Managergehälter positiv:

"Es geht doch noch etwas im Vor-Wahlkampf. Während viele Gesetzesvorhaben wegen gefühlter rot-grüner Handlungsunfähigkeit oder tatsächlich fehlender parlamentarischer Mehrheiten versenkt worden sind, hat es ein Projekt kurz vor dem wahrscheinlichen Torschluss geschafft. Warum die Union anders als ihr liberaler Wunsch-Koalitionspartner jetzt mitspielt, liegt auf der Hand. Natürlich hätten CDU und CSU die Noch-Regierenden auch beim Thema Manager-Gehälter ins Abseits laufen lassen können. Dieser Versuchung hat man widerstanden. Denn mit einer Verweigerung hätte die Union Rot-Grün im Wahlkampf eine wunderbare Steilvorlage geliefert - nach dem Motto: Die Schwarzen haben nichts besseres zu tun, als das intransparente Gebaren der bösen Kapitalisten weiter zu decken."

Abschließend notiert der KÖLNER-STADTANZEIGER:

"Die Forderung nach Transparenz wird in immer mehr Bereichen geltend gemacht. Empfänger von Arbeitslosengeld II müssen dem Staat mitteilen, was sie auf der hohen Kante haben. In Reisepässe werden biometrische Daten eingefügt - zur besseren Verbrechensbekämpfung. Das veränderte Abgeordnetengesetz und das Gesetz über die Offenlegung von Managergehältern fügen sich hier nahtlos ein. Es liegt in der inneren Logik der Informationsgesellschaft, dass sie ihr wachsendes Informationsbedürfnis befriedigt sehen will."