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Pressestimmen von Freitag, 11. August 2006

Gerd Winkelmann10. August 2006

Der Terroralarm von London

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Fast fünf Jahre nach den Anschlägen vom 11. September in den USA haben britische Ermittler nach eigenen Angaben einen bevorstehenden Großangriff auf den transatlantischen Luftverkehr vereitelt. Mehrere Flugzeuge hätten auf dem Weg in die USA mit Flüssigsprengstoff zum Absturz gebracht werden sollen. Für den Kommentator des WIESBADENER KURIERS steht an diesem Freitag fest, dass . . .

'Auch wenn über die Urheber der tödlichen Pläne - etwa El Kaida - noch gerätselt wird, (...) der Londoner Terroralarm die andauernde Fähigkeit der islamistischen Netzwerke zu hochkomplexen Operationen (belegt). Freilich zeigt sich auch die deutlich verbesserte Fähigkeit der Behörden, solchen Vorbereitungen auf die Spur zu kommen. Denn die Anschläge wurden ja nicht durch zufällige oder routinemäßige Kontrollen verhindert, sondern durch lange systematische Beobachtung wenn nicht Infiltrierung des verdächtigen Kreises. Gute Polizeiarbeit, nicht brachiale Politik, gibt die erfolgversprechendste Antwort auf die terroristische Bedrohung.'

Die OFFENBACH-POST schreibt:

'Im Angesicht von Horror-Szenarien, die bis vor fünf Jahren (11. September) eigentlich unvorstellbar waren und über die Sicherheitskreise öffentlich nicht gerne reden, wird sich unsere freie Welt, werden sich unsere liebgewordenen Gewohnheiten z.T. drastisch verändern müssen. Die politische Diskussion darüber ist seit gestern voll entbrannt, auch wenn einige hierzulande immer noch so tun, als sei Deutschland nicht im Schussfeld des internationalen Terrorismus.'

Im KÖLNER STADTANZEIGER lesen wir:

'Wenn jetzt bei uns wieder über neue Sicherheitsgesetze und Überwachungsmaßnahmen nachgedacht wird, wenn Regierungszentralen, Flughäfen und andere öffentliche Orte in Festungen verwandelt werden, so kann man jetzt schon vorhersagen: Letzte Sicherheit kann es nicht geben, solange Fanatiker sich glücklich schätzen, wenn sie ihr Leben opfern können, um unsere Gesellschaft zu treffen, deren Symbole wie Konsum oder Freizügigkeit sie aus tiefstem Herzen hassen.'

Die BERLINER ZEITUNG stellt sich Frage nach Ursache und Wirkung:

'Die Reaktion aus Washington war eindeutig. Die Terrorpläne seien der Beweis, «dass wir ein Land sind, das sich im Kriegszustand befindet», erklärte der US-Justizminister. Sein Präsident George W. Bush wird daraus den Schluss ziehen, seine Militärstrategie der vergangenen fünf Jahre sei richtig und müsse fortgesetzt werden. Das aber ist ein fataler Schluss. Denn seit die USA nach den Anschlägen des 11. September ihren Krieg gegen den Terrorismus eröffnet haben, ist die Welt um nichts sicherer, sondern um ein Vielfaches unsicherer geworden... Es zeugt von einer katastrophalen Analyseschwäche dieser amerikanischen Politik, die sich kaum einer ideologischen und politischen Auseinandersetzung mit dem radikalen Islamismus stellt, sondern die Kampf allein in militärischen und personalisierten Kategorien führt.'

In der Kommentarspalte des NORDBAYERISCHEN KURIERS entdecken wir dazu folgende Meinung:

'Da ist sie wieder, die hässliche Fratze des Terrors, die die ideologisch gespaltene Welt nicht mehr los wird. Wer dieser ständigen Herausforderung wirkungsvoll begegnen will, muss wachsam sein. Der britische Geheimdienst MI5 war auf der Hut, hat mit seiner lautlosen Arbeit im Verborgenen eine Katastrophe verhindert. (...) Die neue Terrorgefahr verlangt nach schärferen Kontrollen, die weitere Beschränkungen persönlicher Freiheiten mit sich bringen. Demokratische Gesellschaften haben damit prinzipiell ein Problem, doch sie werden nicht umhin kommen, diesen Preis für mehr Sicherheit zu bezahlen.'

Hier die Einschätzung des SCHWARZWÄLDER BOTEN zum selben Thema:

'Die Mordpläne muslimisch-verbrämter Terroristen offenbaren eine grenzenlose Vernichtungssucht. Argumentativ ist der Sumpf der Mörder nicht trockenzulegen. Wer für den vermeintlichen Kampf gegen irgendetwas Familien in den Tod schicken will, ist nicht von dieser Welt. Es helfen nur professionelle Ausspähung und Vorbeugung durch Geheimdienste und Polizei - mit Blick auf die Täter. Aber auch den Aufwieglern im Hintergrund muss der Boden zu heiß werden.'

Der MANNHEIMER MORGEN vertritt die Ansicht:

'Der Terror lebt nebenan. Die Integration mancher Zuwanderer ist offenbar ein frommer Wunsch gewesen. Man lebt Tür an Tür und ist sich doch fremder als jemals zuvor. Wer sich bei Mitgliedern der moslemischen Gemeinden umhört, kehrt mit beunruhigenden Nachrichten zurück. Manch einer bringt den Attentätern offene Sympathie entgegen. Der Sieg über den Terror könne nicht durch einen Polizeieinsatz, sondern nur vor Ort und gemeinsam mit allen Volksgruppen errungen werden, glaubt der britische Innenminister. Seit Donnerstag scheint dieses Ziel wieder ein wenig weiter in die Ferne gerückt worden zu sein.'

Zu guter Letzt noch ein Blick in die STUTTGARTER ZEITUNG:

'Was nach den Anschlägen auf das World Trade Center so chaotisch und panisch begonnen hat, scheint jetzt in einer ausgewogenen Art und Weise zu funktionieren: Die nötigen Gesetze und Reformen ermöglichen Fahndungserfolge, das Warnsystem arbeitet schnell und effektiv. Die Betroffenen, Unternehmen und Reisende, reagieren in den meisten Fällen mit Professionalität und Verständnis. Ärgerlich dagegen ist so manche Reaktion seitens der Vertreter öffentlicher Institutionen. Da wird wieder der Dritte Weltkrieg beschworen, vor Massakern unvorstellbaren Ausmaßes gewarnt und sofort nach Gesetzesverschärfungen gerufen. Panikmache spielt den Terroristen in die Hände.'