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Pressestimmen von Freitag, 18. Mai 2007

Eleonore Uhlich17. Mai 2007

EU-Russland-Gipfel / Deutsch-französisches Verhältnis

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Kanzlerin Angela Merkel nimmt als Ratspräsidentin der Europäischen Union mit anderen EU-Spitzenpolitikern am EU-Russland-Gipfel im Samara an der Wolga teil. Dabei will sie für eine Entspannung der Beziehungen zu Russland sorgen.

Die MÄRKISCHE ALLGEMEINE aus Potsdam schreibt dazu:

"Das Treffen mit Wladimir Putin an der Wolga ist wahrlich keine einfache Mission für Angela Merkel. Einerseits möchte sie das gereizte Klima zwischen Russland und dem Westen verbessern, andererseits muss sie als Ratspräsidentin europäische Positionen vertreten. Die stimmen jedoch nicht immer mit denen des Kreml überein. Dass Russland unter Putin derzeit ein nahezu unverhohlenes Großmachtgebaren an den Tag legt, macht die Sache nicht einfacher."

Der MÜNCHNER MERKUR bemerkt:

"Kanzlerin Merkel muss einerseits Putin davon überzeugen, dass EU und Nato keine Hühnerhaufen sind, die beim ersten lauten Wort auseinanderstieben. Und sie muss andererseits darauf bedacht sein, die Partner an allem zu hindern, was den Kremlchef weiter provozieren könnte. Russland und die EU brauchen sich wechselseitig; der Systemunterschied zwischen kommunistischen und kapitalistischen Staaten ist Geschichte. Für eine neue Eiszeit gibt es keinen rationalen Grund."

Die BERLINER MORGENPOST beleuchtet den Politiker Wladimir Putin:

"Wenn die Krise in den Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Russland ein Gutes hat, dann die Erkenntnis, dass Russland unter Wladimir Putin nicht der erträumte Partner ist. Putins Russland ist viel mehr Konkurrent und Gegner als Freund. Das Land hat unter dem ehemaligen KGB-Agenten den Weg zur Demokratie so weit verlassen, dass eine schnelle Rückkehr nicht zu erwarten ist. (...) Insofern sollte man der Krise dankbar sein. Birgt sie doch auch echte Chancen. Zum einen, dass die bislang zerstrittenen Europäer gegenüber Moskau endlich mit einer Stimme sprechen. Zum anderen, dass die Beziehungen zu Russland statt von gefühlsduseligen Freundschaftsbekundungen von reiner Interessensabwägung abhängen."

Die STUTTGARTER ZEITUNG analysiert die Rolle Deutschlands als Vermittler im Geflecht der Weltpolitik:

"Ohne Russland wird es weder eine Einigung im Atomstreit mit dem Iran noch eine Lösung im Nahen Osten geben. Und auch auf dem Balkan braucht Europa Russland. Seit den Tagen Willy Brandts ist Deutschland geradezu prädestiniert, Verständigung mit Russland zu suchen, so schwierig diese Aufgabe auch ist. Wer sich aber mit Russland offen auseinander setzt, kann auch Polen, Tschechen und Balten daran erinnern, dass antirussische Reflexe kein Ersatz für eine vernünftige Politik sind."


Ein weiteres Thema ist der Amtsantritt des neuen französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy. Für die Zeitungskommentatoren ist dies der Anlass, sich mit dem künftigen deutsch-französischen Verhältnis zu befassen.

DIE RHEIN-ZEITUNG aus Koblenz stellt fest:

"Mit einem Schlag ist das Gesicht Frankreichs (...) um gut 20 Jahre jünger geworden. Der gütige Großvater und Charmeur Jacques Chirac, zwar weltpolitisch erfahren wie kein anderer, aber zuletzt doch sichtlich überfordert und zaudernder denn je, hat seinen Platz geräumt für den Macher Sarkozy. Angela Merkel hat es als Erste im Ausland gemerkt: Der galante Handkuss à la Chirac ist out, das elegante Herumreden um den heißen Brei aber auch."

Der Berliner TAGESSPIEGEL geht auf die künftige Wirtschaftpolitik Sarkozys ein:

"Beide - Merkel und Sarkozy - wissen, dass im kommenden Jahr eine Revision des EU-Haushalts ansteht. Nach wie vor zählt Frankreich dabei zu den größten Nutznießern der gewaltigen Agrarsubventionen. Wenn Paris sichergehen will, dass Frankreichs Landwirte auch künftig noch zu den größten Profiteuren der Brüsseler Zahlungen gehören sollen, braucht es auch die Unterstützung aus Berlin. Sarkozy dürfte dies künftig wohl auch mit bedenken, sollte er wie erwartet die Belange französischer Unternehmen auf dem EU-Binnenmarkt offensiv vertreten wollen."

Die RHEIN-NECKAR-ZEITUNG aus Heidelberg gibt sich prophetisch:

"Das wird ein spannendes, sicher auch knallhartes Spiel unter Gleichen. Wobei sich Sarkozy auch aus der alten französischen Gefangenschaft des antibritischen und antiamerikanisches Ressentiments befreit und damit Frankreichs Möglichkeiten deutlich erweitert hat."

Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG beleuchtet Sarkozys künftige Innenpolitik:

"Einen Sozialisten mit einem wichtigen Ministerposten zu betrauen, zeigt den Willen, bequeme Rechts-Links-Denkschemata zu sprengen, die für die Stagnation im Lande mit verantwortlich sind. Beifall ist ihm sicher. Ob der andauert, wenn Sarkozy seine Ankündigung umsetzt, verkrustete Strukturen in der Gesellschaft zu aufzubrechen?"

Abschließend das Urteil der AUGSBURGER ALLGEMEINEN:

"Merkel, Sarkozy und Brown, bieten Kontrastprogramme zu den Volkstribunen, die ihnen vorausgegangen sind. Das neue Trio ist von anderer, durchweg sachlicherer Art. Dies tut Europa gut. Denn es ist die Zeit der Sachprobleme, die Zeit der großen, romantischen Würfe ist vorbei. Frischer Wind aber wird gebraucht, und den bringt Sarkozy. Er ist ein ungeduldiger Macher. So ein Partner kann die in der Großen Koalition ernüchterte Angela Merkel beflügeln."