1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Pressestimmen von Mittwoch, 05. Dezember 2007

Walter Lausch4. Dezember 2007

Atomwaffenpläne des Iran?

https://p.dw.com/p/CXBe

Bastelt der Iran an einer Atombombe? Die US-Geheimdienste meinen "nein". US-Präsident Bush beharrt dagegen darauf, dass es keinen Grund zur Entwarnung gibt. Die meisten Kommentatoren in den Mittwochsausgaben der deutschen Tageszeitungen neigen dazu, den Geheimdienstinformationen zu trauen. So schreibt die RHEIN-ZEITUNG, die in Mainz und Koblenz erscheint:

"Die umsichtige Iran-Expertise ist daher auch ein Zeichen für amerikanische Selbstheilungskräfte. Die Geheimdienste versuchen, verlorenes Vertrauen wiederzugewinnen. Dazu gehört, dass sie politische Einflussnahme weitgehend zurückdrängen. Doch ein letzter Rest Misstrauen bleibt. Denn die neue Einschätzung passt durchaus in die politische Landschaft. Die Mehrheit der Amerikaner will keinen Waffengang, die verhandlungsbereiten Demokraten haben Rückenwind. Auch für die Dienste könnte die Versuchung groß sein, ihre Ergebnis im Lichte der allgemeinen Stimmung zu interpretieren. Doch gleich, wie man die jüngste Expertise bewertet: Einen Iran-Krieg wird es damit in der Ära Bush mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr geben."

Die TAGESZEITUNG -taz- aus Berlin schätzt die Lage anders ein:

"Die US-Geheimdienste geben Entwarnung: Das iranische Atomwaffenprogramm sei vor vier Jahren gestoppt worden. Diese Erkenntnis böte den Regierungen in Washington, London, Paris und Berlin eine große - vielleicht letzte - Chance, ihre fatale Politik gegenüber Teheran zu korrigieren. Sie würden damit die Gefahr einer kriegerischen Eskalation mindern. Doch danach sieht es nicht aus. Die Regierungen in Berlin, Paris, London und Washington scheinen weiter fest entschlossen, den Konfrontationskurs gegen Iran fortzusetzen und die Sanktionen zu verschärfen. Darauf deuten zumindest die ersten Reaktionen auf den neuen Bericht hin. Damit könnte die Bush-Administration den Konflikt um das iranische Atomprogramm weiter treiben. Dabei geht es ihr in Wirklichkeit um ein anderes Ziel: um einen Regimewechsel in Teheran, notfalls mit militärischen Mitteln."

Das OFFENBURGER TAGEBLATT sieht das Thema instrumentalisiert:

"Ja was denn nun! Bastelt der Iran an Atomwaffen oder nicht? Die widersprüchlichen Meldungen aus den USA und Israel sorgen für Verwirrung, die nur einen Schluss zulassen: Mit der Angst des christlichen Abendlandes vor den verrückten Islamisten wird handfeste Politik gemacht. Die Dummen dabei sind die Bürger. Mit ihren Steuergeldern bezahlen sie Aufrüstungsprogramme in nie dagewesenem Umfang. Profitiert davon haben im unnötigen Irak-Krieg vor allem Rüstungsfirmen in den USA. Und beim zurzeit laufenden Wiederaufbau hält die Wirtschaft erneut die Hand auf. Das ist wie Gelddrucken. Und in Deutschland gräbt Innenminister Wolfgang Schäuble mit Hilfe der Islamisten-Hysterie die Bürgerrechte an. Die Online-Durchsuchung wird dabei nur der Anfang sein."

Der BERLINER KURIER geht mit dem US-Präsidenten hart ins Gericht:

"Die iranische Atom-Bombe entpuppt sich als Pappkamerad. Präsident Bush steht ziemlich dumm da. Wegen der gefährlichen Mullahs hatte er vor Wochen mit dem Dritten Weltkrieg gedroht, auch seine Raketenschild-Pläne in Osteuropa begründet. Nun fällt dieses Bedrohungs-Szenario in sich zusammen. Einfach so. Genau so erging es ihm mit dem Irak-Krieg. Alle Gründe, die Bush der Welt präsentierte, waren entweder hausgemacht, aufgeblasen oder einfach nur erstunken und erlogen. Er muss sich nun fragen lassen, ob seine Außenpolitik auf Irrtümern oder Lügen basiert."

Für die PFORZHEIMER ZEITUNG hat der US-Präsident keine Wahl mehr:

"Eines ist klar: Nachdem jetzt öffentlich ist, dass der Iran in jeder Beziehung noch weit vom Bau einer Atombombe entfernt ist, muss Bush etwaige Angriffspläne dem Papierkorb zuführen. Der Geheimdienstbericht ist außerdem das Ausrufungszeichen hinter das miserable Zeugnis für die Außenpolitik des US-Präsidenten. Wenn Bush demnächst abdankt, hinterlässt er jede Menge verbrannte Erde und die Mammutaufgabe, das immer noch mächtigste Land der Welt wieder zu einer verlässlichen Größe zu machen."

Zur Wachsamkeit mahnt der TAGESSPIEGEL aus Berlin:

"Es war einmal eine große, starke, finstere Macht. Doch halt, genau das bleibt der Iran. Mahmud Ahmadinedschad ist nicht nur im Märchen Bösewicht, sondern real. Er will Israel vernichten, er lässt Uran anreichern, obwohl sein Land über viel Öl als Energiequelle verfügt, und er kann, wann immer er will, aus dem friedlichen ein kriegerisches Atomprogramm machen. Die Gefahr, die von seinem Regime ausgeht, ist weniger akut, als behauptet worden war. Das ist gut. Besser wäre, es gäbe sie gar nicht. Schadenfreude kommt vor dem Knall."