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Pressestimmen von Mittwoch, 10. April 2002

zusammengestellt von Peter Wagen9. April 2002

Debatte über Nahost-Einsatz der Bundeswehr / Deutsch-russischer Dialog / Besuch des chinesischen Präsidenten

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Die Kommentatoren der deutschen Tagespresse befassen sich intensiv mit der von Bundeskanzler Schröder angeschobenen Debatte über einen Friedenseinsatz der Bundeswehr im Nahen Osten. Weitere Themen sind der deutsch-russische Dialog in Weimar und der Besuch des chinesischen Präsidenten Jiang Zemin.

Zur möglichen Rolle der Bundeswehr im Nahen Osten heißt es in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG aus München:

"So hat der Kanzler gefördert, was er besser vermieden hätte: Die deutsche Politik diskutiert nun darüber, ob die Bundeswehr nach Palästina gehen soll. Die Befürworter sagen, Deutschland könne sich nicht entziehen, wenn es darum gebeten werde. Und wo sollen diese Soldaten dann stehen? In Israel, mit freundlicher Billigung der Holocaust-Überlebenden und den Nachfahren der Opfer? Auf dem Grenzstreifen oder auf palästinensischem Gebiet, allzeit bereit, israelische Soldaten mit Waffengewalt davon abzuhalten, einen vermutlich niemals auszuschließenden Terrorakt zu vergelten? Beide Varianten sind schwer vorstellbar."


Der WIESBADENER KURIER schreibt:

"Die bedingt einsatzfähige deutsche Armee, die sich in Afghanistan verständlicherweise vor Führungsaufgaben drückt und auf dem Balkan ihr Engagement zurückfahren will, würde in Nahost in ein unkalkulierbares Abenteuer schlittern, solange die Chancen auf einen Waffenstillstand täglich unter neuen Trümmern und Toten begraben werden und von Friedenswillen auf beiden Seiten keine Spur ist. Aber so weit ist es ja noch lange nicht. Da sind zunächst einmal Scharon und Bush davor; der eine wird eine Einmischung grundsätzlich ablehnen, der andere sich seinen Führungsanspruch nicht nehmen lassen."

In der FRANKFURTER RUNDSCHAU lesen wir:

"Die internationale Normalität, in der Schröder Deutschland zu Recht angekommen sieht, ist weder ein Grund noch ein Vorwand, die deutsche Geschichte mit ihrer von uns zu tragenden Verantwortung derart hemdsärmelig abzuschütteln, wie der Kanzler das in seiner gern gezeigten Macherpose getan hat. Israel würde es ohne den Holocaust nicht geben. Auch mehr als ein halbes Jahrhundert nach dem Mord an sechs Millionen europäischen Juden durch Nazi-Deutschland bleibt dies die historische Wahrheit, die uns Deutschen eine besondere Verantwortung auferlegt. Deutschland ist Teil der Ursache des Nahostkonflikts und kann deshalb nicht selbst anbieten, unter Waffen Teil der Lösung des Konflikts zu werden."


Zum deutsch-russischen Gipfeltreffen in Weimar heißt es im FRÄNKISCHEN TAG aus Bamberg:

"Es ist nicht nur der Dank für die Wiedervereinigung, dass Deutschland zum Fürsprecher Russlands in Europa geworden ist. Berlin erkennt die Fortschritte zum Rechtsstaat und zur zivilen Gesellschaft an. Wandel durch Handel - das ist überholt, Handel zum gegenseitigen Vorteil und Wohlstand ist die aktuelle Devise. Letzterer ist in Russland zwar noch dünn, doch durch die Schuldentilgung kann der Wunschtraum erstmals Wirklichkeit werden."


Die MITTELBAYERISCHE ZEITUNG aus Regensburg vertritt folgende Ansicht:

"Beim 'Petersberger Dialog' müssen auch unliebsame Themen auf die Tagesordnung. Vorrangig sind es zwei Themen, die international für Stirnrunzeln sorgen, vor den laufenden Kameras aber nur ungern beim Namen genannt werden. Die eingeschränkte Pressefreiheit und die Tschetschenien-Politik. Noch hat sich Schröder bei diesen Themen zurück gehalten. Will er aber die deutsch-russische Partnerschaft weiter entwickeln, so dürfen neben für beide Seiten wichtigen Aspekten, wie Sicherung und Ausbau der Rohstoffversorgung oder weiterer Öffnung des russischen Marktes, auch unangenehme Wahrheiten nicht tot geschwiegen werden."

Zum Schluss zitieren wir die BRAUNSCHWEIGER ZEITUNG zum Besuch des chinesischen Präsidenten:

"Noch immer - wer könnte in der Nachkriegszeit ein überzeugenderes Lied davon singen als die Bürger der Bundesrepublik - sind wirtschaftliche Erfolge ein entscheidender Baustein für eine offene und tolerante Gesellschaft. Deshalb und wegen der eigenen legitimen Interessen auf einem der größten Märkte der Welt gilt es, den Kurs Jiangs zu fördern. Mit Rigorismus, der das wohlfeile Feindbild über das langfristige Ziel stellt, würde nur chinesisches Porzellan zerschlagen - ohne Rücksicht auf die Menschenrechte übrigens, deren Einhaltung so vehement angemahnt wird. Zusammenarbeit bietet die weitaus größere Chance, dass politische Freiheiten, jedenfalls in historischer Perspektive, im Transrapid-Tempo Wirklichkeit werden. Auch in China."