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Pressestimmen von Mittwoch, 11.September 2002

Ulrike Quast.11. September 2002

Gedenken an den 11. September / Deutsche Position im Irak-Konflikt

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Ein Jahr ist es her, dass eine Gruppe von Terroristen Flugzeuge in das World Trade Center in New York und auf das Pentagon in Washington steuerten. Mehr als 3.100 Menschen kamen bei den Anschlägen ums Leben. In der ganzen Welt wird an diesem Mittwoch der Opfer gedacht. Auch die Kommentare der deutschen Tagespresse widmen sich vorrangig diesem Thema. Daneben wird abermals der Widerstand von Bundeskanzler Gerhard Schröder gegen eine deutsche Beteiligung an einem möglichen amerikanischen Militärschlag auf den Irak kommentiert.

Die FRANKFURTER RUNDSCHAU schreibt zum Jahrestag der Anschläge:

'Die wahnwitzige Gewalt des 11. September verlangt gerade nicht nach den Alleingängen von konservativen Neoimperialisten, sondern nach globalen Allianzen. Die dürfen sich freilich nicht in Feldzügen gegen Kriminelle erschöpfen, sondern müssen ebenso zielgerichtet die Ursachen von Rückständigkeit, Armut und verweigerten Menschenrechten benennen und beseitigen. Denn bei aller kriminellen Energie Einzelner, bei aller religiösen Verblendung Vieler? Hier sind die Antworten zu suchen auf die Frage, die sich manche nach dem 11. September in den USA und dem gesamten Westen gestellt haben: Warum hassen sie uns?'

Die BERLINER ZEITUNG meint:

'Ein Jahr nach dem 11. September 2001 ist klar: Die US-Regierung hat den Kampf gegen den Terrorismus aufgegeben. Sie macht lieber das, worin sie Erfahrung und womit sie Erfolge hat: Sie führt Krieg, ... den konventionellen mit Raketen und Bombern. Mit dem kann man Staaten in die Knie zwingen, aber weder Drogenbarone, noch Terroristen. An denen scheint die US-Regierung gescheitert.

Ein Blick in die ALLGEMEINE ZEITUNG aus Mainz:

'Wenn dieser Tag, der wie kein anderer die Welt verändert hat, sich heute jährt, wird erneut global der Atem angehalten, weil nun der Irak ins Visier der internationalen Allianz gegen den Terror, geraten ist. Aber selbst dann, wenn sich mit einem Militärschlag gegen den Irak tatsächlich etwas lösen ließe, blieben immer noch viele Fragen offen. Denn konkret geändert hat sich bisher nichts. Die Hintermänner blieben zumeist unbehelligt. Ihre Sympathisanten wachsen an Zahl und Radikalität.'

Die Tageszeitung DIE WELT kommentiert mit Blick auf die deutsche Haltung zum Irak-Konflikt:

'Der 11. September war ein Angriff auf die Freiheit. Sofort war klar, es würde leichter fallen, die Freiheit, die Vereinigten Staaten von Amerika zu unterstützen, solange sie sich verteidigen. Und es würde schwerer sein, aber umso nötiger, Amerika auch zu unterstützen, wenn es beginnt, die Feinde der Freiheit zu besiegen. Manchmal brauchen nicht nur Verteidiger, sondern auch Angreifer Solidarität - was in Deutschland mittlerweile Regierung und Opposition übersehen. Es geht um eine Positionsbestimmung, die nicht so selbstverständlich ist, wie sie klingt. Denn das deutsch-amerikanische Verhältnis befindet sich auf einem historischen Tiefpunkt.'

Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG aus München kommt zu dem Schluss:

'Dem Kanzler ist nicht vorzuwerfen, dass er einer deutschen Beteiligung an einer militärischen Intervention im Irak zum Ziele des Sturzes von Saddam eine klare Absage erteilt. Dies liegt durchaus in der logischen Konsequenz der von der Bundesregierung seit dem vergangenen Herbst vertretenen Haltung. ... Was Schröder allerdings anzukreiden ist, ist seine Weigerung, die deutsche Position den Bündnispartern, vor allem Washington, zu erläutern und im internatioalen Rahmen jenen begrenzten Einfluss zu nehmen, den Deutschland hat. Anders als die Union dies behauptet, isoliert sich Berlin nicht durch sein klares Nein, sondern durch die an Feigheit erinnernde Attitüde das Nein nicht denen mitzuteilen und zu erklären, gegen die es internatioal gerichtet ist.'

Abschließend der MANNHEIMER MORGEN:

'Dem Machtwillen der USA stehen Unentschlossenheit und Missmut auf europäischer Seite gegenüber. Ausgerechnet der deutsche Regierungschef macht sich zum Vorreiter einer 'Mit-uns-nicht' -Politik, die ihm in ihrer rüden Konfrontationsmanier im Wahlkampf nützen mag, auf längere Sicht aber das Verhältnis zu Amerika schwer beschädigt. Schröder macht vor, wie die derzeit ohnehin geringen Möglichkeiten der Einflussnahme auf Washington gänzlich preisgegeben werden. So hätten denn die Terroristen ein Ziel erreicht, das sie wohl nicht im Visier hatten: Nichts weniger als die traditionelle Bündnispolitik des Westens, die ihn überhaupt erst stark gemacht hat, steht zur Disposition.'