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Pressestimmen von Mittwoch, 2. Mai 2007

Gerhard M Friese1. Mai 2007

Arbeitsmarkt in Deutschland / Präsidentenwahl in der Türkei / Wirtschaftspartnerschaft USA-EU / Verhältnis USA-Russland

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Die positive Entwicklung auf dem deutschenArbeitsmarkt, der Machtkampf um die Präsidentenwahl in der Türkei sowiedie Wirtschaftsbeziehungen zwischen den USA und der Europäischen Union und die Beziehungen der USA zu Russlandsind an diesem Mittwoch die herausragenen Themen der Kommentare deutscher Tageszeitungen.

Die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland ist erstmals seit mehr als vier Jahren in einem April wieder unter die Grenze von vier Millionen gesunken. Doch das ist für die deutsche Tagespresse kein Grund zum Jubeln.

So schreibt die RHEIN-NECKAR-ZEITUNG aus Heidelberg:

'Einen besseren Zeitpunkt als den 'Tag der Arbeit' hätte es nicht geben können, um den Deutschen zu verkünden: Die Trendwende ist nun auch auf dem Arbeitsmarkt vollzogen. Erstmals gibt es wieder unter vier Millionen Arbeitslose - und das Beste: Die Konjunktur läuft auch in absehbarer Zukunft wie geschmiert. Und dennoch gibt es auch eine Schattenseite bei diesem Aufschwung nach amerikanischem Vorbild: Die Lockerungen auf dem Arbeitsmarkt, die Hartz-Reformen, das jetzt anlaufende Programm 50plus - das alles schafft nur vorübergehend Arbeitsplätze. Deutschland ist dabei, sich zu einer dynamischen Wirtschaft zu entwickeln. Lebenslang ein Arbeitsplatz, das dürfte künftig die Ausnahme sein.'

In der Münchener ABENDZEITUNG lesen wir:

' Weniger als vier Millionen Arbeitslose - wer hätte das vor zwei Jahren für möglich gehalten? Damals waren es über fünf Millionen und die weiteren Aussichten wirkten düster. Nun sagen dagegen alle Experten voraus: Es wird noch besser. Und doch bleibt ein bitterer Beigeschmack: Denn trotz Super-Konjunktur finden noch immer Millionen Langzeitarbeitslose nicht zurück in den Arbeitsmarkt. Etwas für sie zu tun - das ist die dringlichste Aufgabe des Arbeitsministers. Erst wenn Franz Müntefering das schafft, sollte er sich mit guten Jobzahlen brüsten.'

Im BERLINER KURIER heißt es dazu:

'Weniger als vier Millionen Arbeitslose! Müntefering konnte die Nachricht nicht für sich behalten. Sie sprudelte nur so aus ihm heraus. Und noch dazu am 1. Mai, dem Tag der Arbeit. Münte, der Überbringer der frohen Kunde. Doch mit der Botschaft, die er verkündete, hat die Politik nicht viel zu tun. Die Konjunktur hat fast alles gemacht. Und bei aller Freude dürfen wir doch die nahezu vier Millionen Frauen und Männer nicht vergessen, die weiter ohne Job dastehen. Schon lange spricht niemand mehr von Vollbeschäftigung. Sie wäre Grund zum Jubeln. Sind wir vielleicht zu genügsam geworden?'

Und die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG konstatiert:

' Die leidgeprüfte SPD darf wenigstens am 1. Mai Wunden lecken und sich an Münteferings Gute-Laune-Wetterbericht zum Arbeitsmarkt wärmen: Nix Merkel-Aufschwung - der Franz, der kann's. Doch damit endet auch schon der beschwingte Tanz in den Mai. Denn die bejubelten Arbeitsmarktreformen kennen eine hässliche Kehrseite: Die rasante Ausbreitung von Zeitarbeit und Minijobs. In der SPD setzt man nun im neuen Schulterschluss mit den Gewerkschaften auf Mindestlohn - um den Flächenbrand zumindest einzudämmen. Der gestrige Schlachtenlärm der eifrigsten Mindestlohn-Vorkämpfer hilft bei den politischen Löscharbeiten jedoch kaum weiter.'


Das türkische Verfassungsgericht hat die erste Runde der Präsidentenwahl für ungültig erklärt. Die Richter in Ankara folgten damit einer Klage der oppositionellen Partei CHP.

Das HAMBURGER ABENDBLATT meint:

'Die Annullierung der türkischen Präsidentenwahl ist Indiz für die Macht des im Hintergrund agierenden Militärs. Aber sie beendet das Ringen zwischen Armee und Regierung um die gesellschaftliche Orientierung der Türkei keineswegs. Zwar ist es ein zu wohlfeiles Argument anzuführen, geografisch gehöre die Türkei zu 97 Prozent zu Asien und daher nicht zu Europa. Doch ist zu konstatieren: Trotz der temporeichen Reformbemühungen - gerade auch der AKP - ist das Land am Bosporus politisch erst auf dem Weg nach Europa. Aber noch lange nicht dort angekommen.'

Das Berliner Blatt DER TAGESSPIEGEL hält dagegen:

'Noch ist offen, welche der beiden Seiten den Machtkampf für sich entscheiden kann. Ein Verlierer steht aber jetzt schon fest: die Armee. Mit ihrer Putschdrohung gegen die Regierung Erdogan haben die Generale selbst bei vielen ihrer Anhänger unter den Zivilisten Kredit verspielt. Die Demonstranten in Istanbul protestierten nicht nur gegen Erdogan und seinen Präsidentschaftskandidaten Gül, sondern ausdrücklich auch gegen einen neuen Staatsstreich der Militärs.'


Mit der Wirtschaftspartnerschaft zwischen den USA und der Europäischen Union. befasst sich die Düsseldorfer Wirtschaftszeitung HANDESLBLATT :

'Merkel versucht, dem Projekt Nachhaltigkeit zu verleihen, weit über die Dauer von Amtszeiten und Legislaturperioden hinaus. Die deutsche und die amerikanische Industrie unterstützen das. Die US-Administration dagegen folgt eher halbherzig und ohne innere Neigung, angetrieben nur vom persönlichen Impetus des Präsidenten. Aber reicht das, um beispielsweise die mächtige SEC langfristig von ihrer Blockadepolitik abzubringen, die eine gegenseitige Anerkennung von Bilanzierungsstandards verhindert?'


Und die BERLINER ZEITUNG geht auf das amerikanisch-russische Verhältnis ein:

'Für die Lösung wirklicher weltpolitischer Konflikte, wie dem im Nahen Osten oder der Krise um Iran, wird Russland gebraucht. Unter dem Rat seiner Freundin Angela Merkel und angesichts der Defensive, in die er durch den desaströsen Irakkrieg geraten ist scheint Präsident Bush sich dieser Erkenntnis wieder mehr zu öffnen. Vergangene Woche hat er Putin immerhin schon angerufen. Genau dies ist das Ziel der Bundesregierung: Die Sprachlosigkeit zwischen Moskau und Washington zu überwinden. Es ist ein Ziel, bei dem sich Merkel und ihr sozialdemokratischer Außenminister Frank-Walter Steinmeier nicht verheben. Denn auch für Putin bleibt Berlin trotz der kühleren Behandlung seit Merkels Amtsantritt der wichtigste und vertrauteste Ansprechpartner im Westen.'