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Pressestimmen von Mittwoch, 25. Mai 2005

zusammengestelt von Bernhard Kuemmerling24. Mai 2005

Parteiaustritt Lafontaines / Neuwahl im Herbst

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Der Partei-Austritt des früheren SPD-Chefs Oskar Lafontaine und die angestrebte vorgezogene Bundestagswahl im Herbst beschäftigen an diesem Mittwoch die Kommentatoren der deutschen Tagespresse.

Das in Düsseldorf erscheinende HANDELSBLATT analysiert:

"Der Schritt Oskar Lafontaines und die Drohung der Spitze trifft die SPD in einer denkbar ungünstigen Situation. Nicht nur, dass die aufmüpfige Linke in der Bundestagsfraktion sich nun aus der Partei gedrängt oder zumindest diszipliniert fühlen wird. Einige Genossen tragen sich auch dort mit dem Gedanken, die Partei zu verlassen, ehe sie womöglich dazu aufgefordert werden. Nein, Oskars Austritt aus der SPD birgt auch ein nicht zu unterschätzendes Gefahrenpotential bei der Wahl. Eine Koalition aus PDS und linkem Bündnis WASG mit einer Galionsfigur Lafontaine vorneweg im Kampf gegen Hartz IV und 'Agenda 2010' mag zwar bei der anstehenden Bundestagswahl im Herbst keinerlei oder bestenfalls nur geringe Chancen haben, über die notwendige Fünf- Prozent-Hürde zu kommen. Aber es kann immer noch ausreichend Stimmen auf sich vereinen, um die SPD weiter zu schwächen."

Die FRANKFURTER RUNDSCHAU meint:

"War es eigentlich noch eine offene Frage, ob Oskar Lafontaine die SPD bald verlässt? In seiner öffentlichen Selbstdarstellung vielleicht. Aber das war doch längst mehr Taktik als echte Unklarheit. Der ehemalige Vorsitzende hat in den zentralen wirtschaftspolitischen Fragen derart fundamental andere Positionen bezogen als die heutige SPD, dass ein Zueinanderkommen schlichtweg ausgeschlossen ist. (...) Die viel wichtigere Frage als die nach der Zukunft des Oskar Lafontaine ist die, ob die gesellschaftliche Linke nach den sieben rot-grünen Jahren künftig die Kraft aufbringt, neue mehrheitsfähige Perspektiven zu entwickeln."

Im STRAUBINGER TAGBLATT/LANDSHUTER ZEITUNG lesen wir:

"Zu gewinnen ist die Schlacht ums Kanzleramt kaum. Dafür könnte schon der gestern aus der SPD ausgetretene Oskar Lafontaine sorgen. Gelingt es dem Saarländer, die PDS und die linke Wahlalternative zu einer gemeinsamen Liste mit ihm und Gregor Gysi als Zugpferde zu bewegen, droht den Sozialdemokraten eine wirkliche Katastrophe. Die beiden Demagogen bieten zwar keine schlüssigen Konzepte an, doch sie sind Meister im Einlullen. Die Stimmen, die die Wahlalternative der SPD in NRW abgenommen hat, hätten 2002 im Bund den Regierungswechsel herbeigeführt."

Der Kommentator des BERLINER KURIER meint:

"Oskar Lafontaine und Gregor Gysi im Bundestag. Irgendwie finde ich das prickelnd. Aber Gysi zögert noch wegen seiner Gesundheit, und Oskar müsste sich auf eine Liste der PDS 'flüchten'. Aber ich träume schon mal von den Redeschlachten zwischen dem Linken Oskar und der Kanzlerin Angela Merkel, der flinken Zunge von Gregor Gysi und dem drögen Gerede von Edmund Stoiber. Der Bundestag wäre wieder richtig lebendig. Und wenn ich mir dann vorstelle, dass ein starkes linkes Lager im Bundestag die schlimmsten Auswüchse der Merkel-Truppe verhindern könnte, dann fände ich das toll!"

Im BADISCHEN TAGBLATT aus Baden-Baden heißt es:

"Eine Bündelung der Kräfte links von der SPD könnte zu einem neuen Sammelbecken der Unzufriedenen werden. (...) Sollte das neue Bündnis zudem noch zugkräftige Spitzenkandidaten haben etwa Gregor Gysi im Osten und Lafontaine im Westen ist nicht auszuschließen, dass dieses Bündnis auch die Fünf-Prozent-Hürde überspringt. In diesem Fall könnte dies dazu führen, dass weder Rot-Grün noch Schwarz-Gelb eine Mehrheit erhalten. Die Konsequenz wäre dann eine große Koalition."

Abschließen ein Blick in die in Hamburg erscheinende Zeitung DIE ZEIT:

"Eine Niederlage von Rot-Grün wäre viel mehr als der Abschied der parlamentarischen Linken von der Macht. Der Rückzug der Generation, die seit 1968 diese Gesellschaft in allen Bereichen prägte und nirgendwo anders so erfolgreich war wie in Deutschland, hat begonnen. Was an Universitäten, an Strafgerichten oder in den Medien aus Altersgründen geschieht, wird in der Politik durch Abwahl vollzogen. Es ist kein Wegdämmern an der Macht wie in der Endphase von Helmut Kohl, es ist ein (beinahe freiwilliger) Abschied in Würde. Für die gesellschaftliche Ausrichtung der Bundesrepublik Deutschland ist dieser Generationenwechsel einschneidender als der bloße Regierungs- wechsel."