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Pressestimmen von Mittwoch, 26. Oktober 2005

Arian Fariborz 25. Oktober 2005

Sparbeschlüsse / Irakische Verfassung

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Die Kommentatoren der führenden deutschen Tageszeitungen beschäftigen sich an diesem Mittwoch vor allem mit den Sparbeschlüssen der Unionsparteien und der SPD sowie mit dem Ergebnis des Verfassungsreferendums im Irak.

Union und SPD suchen derzeit nach Streichposten, um das Haushaltssparziel von 35 Milliarden Euro erreichen zu können. Hierzu schreibt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG:

"Klar ist, dass sich die Misere ohne Steuererhöhungen und harte Einschnitte nicht überwinden lässt. Klar ist, dass die Union Maßnahmen zustimmen muss, die sie vor ein, zwei Jahren strikt abgelehnt hat. Klar ist auch, dass die SPD die Hand zu einer maßvollen Erhöhung der Mehrwertsteuer reichen muss, der sie sich bisher verweigert hat. Jeder der Wahlverlierer muss Positionen räumen. Mehr Demut und weniger Polterei täten den Koalitionsverhandlungen daher gut."

Kritisch kommentiert die Tageszeitung DIE WELT die rot-schwarzen Sparbeschlüsse:

"Seit Dienstag ist die deutsche Politik am Maß aller Dinge angelangt, der Staatsverschuldung. Und wenigstens einmal sei es der Sprachverwirrung entgegengehalten: Sparen heißt WENIGER AUSGEBEN und nicht MEHR EINNEHMEN. Es handelt sich also um einen Schwindel, wenn Union und SPD 'Einsparungen' von 35 Milliarden Euro im Bundesetat 2007 ankündigen. Das Gros dieser Summe wird, wenn überhaupt, aus erhöhten Einnahmen stammen, die jene Firmen und Privatleute aufbringen müssen, die bislang von steuermindernden Regeln profitieren. Würde auch noch der Mehrwertsteuersatz eilfertig angehoben, hätte sich die Politik der Selbstüberprüfung entzogen, wieder einmal."

Zu einer ähnlichen Bewertung kommt auch die KÖLNISCHE RUNDSCHAU:

"Abgesehen vom Streichen der Eigenheimzulage sind echte Sparvorschläge noch nicht im Raum. Damit deutet sich ein fataler Fehler an: Die Erfahrung lehrt, dass Staaten, die Defizite über Abgabenerhöhungen schließen wollten, zuerst die Konjunktur abgewürgt haben und dass ihnen dann noch die Steuereinnahmen weggebrochen sind. Was zudem fehlt, ist eine gesellschaftspolitische Diskussion. Wenn von einem 250-Milliarden-Euro-Etat des Bundes zwei Drittel weg gehen für Fixkosten wie Rente, Zinsen, Personal, Bundeswehr und Entwicklungshilfe, dann sind die Spielräume zum Sparen tatsächlich klein."

Themawechsel: Zehn Tage nach der Volksabstimmung im Irak hat die Wahlkommission die Annahme der Verfassung endgültig bestätigt. Hierzu lesen wir in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG:

"Die Sunniten, die unter Saddam die Macht in Händen hielten, stehen der neuen Mehrheit von Schiiten und Kurden gegenüber. Es ist nicht verwunderlich, dass deren Enthusiasmus für den neuen föderalen Staat besonders groß ist. Es wird jetzt an ihnen liegen, jene Sunniten für den politischen Prozess zu gewinnen, die nicht gemeinsame Sache mit Terroristen machen. Wenn es gelingt, diese Sunniten für das Projekt eines neuen Irak zu gewinnen, wenn die Besatzungsmächte endlich zu einer erfolgversprechenden Strategie gegen die Aufständischen finden und sich die Sicherheit im Alltag verbessert, werden sich die Untergangsvorhersagen nicht bewahrheiten."

Das HANDELSBLATT aus Düsseldorf warnt davor, das Ergebnis der Verfassungsabstimmung politisch überzubewerten:

"Ob die Nachricht von der Annahme der irakischen Verfassung tatsächlich eine gute ist, wird erst die Zukunft zeigen. Denn groß ist die Zahl der Skeptiker, die nicht glauben können und wollen, dass es für eine Ablehnung des Entwurfs nicht gereicht haben soll. Schon ist von Manipulation die Rede, bald schon sollen Gerichte klären, ob alles mit rechten Dingen zuging. So mag die Verfassung zwar auf den ersten Blick dazu dienen, dass der politische Fahrplan mit den Parlamentswahlen im Dezember auch weiterhin eingehalten werden kann. Doch ob das veröffentlichte Votum tatsächlich dazu angetan ist, die Lage in dem zerrissenen Land zu beruhigen, muss bezweifelt werden."