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Pressestimmen von Mittwoch, 27. März 2002

zusammengestellt von Hanns E.Petrik.26. März 2002

Schwarzgeld-Skandal Hessen / Lage nach Abstimmung im Bundesrat / Das Ende der Kirch-Gruppe

https://p.dw.com/p/229I

Die Beschlüsse hessischer Richter im Schwarzgeld-Skandal der CDU bestimmen die Kommentare der Zeitungen an diesem Mittwoch. Darüber hinaus befassen sich die Blätter mit der Situation in Brandenburg nach der denkwürdigen Abstimmung im Bundesrat und beleuchten den dahinsiechenden Konzern des Leo Kirch. Zunächst nach Hessen. Dazu bemerkt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG:

"Der gewaltige hessische Schwarzgeldskandal soll strafrechtlich ohne Folgen bleiben. Die hessischen Richter führen auf 16 Seiten aus, warum der Skandal, der die CDU und die Republik erschüttert hat, zwar möglicherweise ein Skandal war, aber strafrechtlich irrelevant sei. Da werden vom Gericht alle Zweifel gesucht, addiert und zur frühzeitigen Verfahrenseinstellung verdichtet; da kommt nur Entlastendes ins Töpfchen und alles Belastende ins Kröpfchen. ... Es handelt sich um eine Justizfarce."

Und die MÄRKISCHE ODERZEITUNG meint:

"Der Skandal freilich ist, dass Kanther und Co. in den 80er Jahren, als schon einmal ein Parteispendenskandal die Republik aufrührte, nicht etwa mit der Offenlegung ihrer Parteifinanzen reagierten, wie das nun zwingend vorgeschrieben war, sondern -- darf man das sagen? - - geradezu mafiös. Kanther, der als Bundespolitiker zum Vorreiter gegen die organisierte Kriminalität wurde, betätigte sich höchstselbst der organisierten und fortgesetzten Geldwäscherei. Auch wenn dieser Vorgang, weil verjährt und in eine Gesetzeslücke fallend, juristisch nicht mehr geahndet werden kann - - ein politischer Skandal bleibt er gleichwohl."

Schliesslich lesen wir in DIE WELT:

"Strafrechtliche Konsequenzen werden geprüft, ganz so, als hätten die drei einen Firmenwagen missbraucht oder betriebseigene Briefmarken geklaut. Im Kern liegt eine ähnliche Konstellation vor, wie sie die SPD zur Zeit in Nordrhein-Westfalen vorfindet. Aber unser Problem ist nicht das Strafrecht, sondern das Parteiengesetz. Allein dieses Gesetz betrifft den Bereich politisch-finanzieller Hygiene. Und es ist bis heute so zahnlos, so ausnahmebelastet, wie ein Gesetz nur sein kann, das von den Hauptbetroffenen selbst gestaltet wurde."


Themenwechsel und ins Land Brandenburg mit seiner SPD/CDU-Koalition nach der Abstimmung im Bundesrat. Die Mainzer ALLGEMEINE ZEITUNG schreibt:

"Zuletzt hoffte nur noch die PDS in Potsdam darauf, dass die Trümmer der großen Koalition in den märkischen Sand verstreut würden. Sehr zum Leidwesen der Sozialisten aber hatte nicht einmal mehr die CDU-Basis den Bruch des Bündnisses mit Stolpes SPD gefordert. So halten beide, Stolpe und Schönbohm, natürlich "zum Wohle des Landes", zwischen Elbe und Oder aneinander fest. Mussten sie doch einen Stellvertreterkrieg für die beiden großen Kämpen Schröder und Stoiber ausfechten und durch das Stahlbad des Bundesrates gehen. Das war Millimeterarbeit, die zusammenschweißt."

In der HEILBRONNER STIMME heisst es:


"Hat sich der Föderalismus und der Bundesrat als sein wichtigstes Organ seit 1949 etwa nicht bewährt? Nach den jüngsten Vorfällen ist man geneigt, nur noch ein kräftiges "Ja, aber" zu antworten. Allein seit 1998 durchlebte die Kammer vier ernste Krisenphasen, von der SPD-Steuerreform-Blockade am Ende der Kohl-Ära über das Geschacher bei Schröders Steuer- und Rentenreform bis zum Theaterdonner vorige Woche. Missstände sind offenkundig, nicht nur, was unklare Vorgaben bei Stimmen-Splitting angeht. Der Ruf nach Karlsruhe als klärender Instanz reicht nicht, die Legislative ist gefordert. Alle Parteien sollten sich nach der September-Wahl zusammenraufen und über Reformen ernsthaft nachdenken."


Zum Abschluss noch ein Kommentar zur Lage im Medienkonzern von Leo Kirch - die BERLINER ZEITUNG dazu:


"Kirch erzeugte schon dadurch Argwohn, dass er vorzugsweise im Hintergrund agierte. Einer, der mit Öffentlichkeit sein Geld verdient, aber selbst das Licht der Öffentlichkeit scheut, wirkt zwielichtig und dubios. Nun ist die Ära beendet. Kirch sagt: "Murdoch ist ein Haifisch. Haifische haben scharfe Zähne. Wer mit denen nicht schwimmen kann, der soll gar nicht erst zu ihnen ins Becken steigen." Um das Bild aufzunehmen: Gemessen an Leo Kirch sind Rupert Murdoch und Silvio Berlusconi zwei besonders imposante Knorpelfische. Weiße Haie. Deutschlands Medienunternehmer und Politiker werden wohl oder übel zu ihnen ins Becken steigen müssen."