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Pressestimmen von Mittwoch, 9. Mai 2007

Herbert Peckmann8. Mai 2007

Nordirland ist befriedet / CDU präsentiert neues Programm

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Es war eine historische Stunde in Nordirland. Die ehemaligen Feinde, der protestantische Regierungschef Paisley und sein katholischer Vize, Sinn-Fein-Chef McGuinness, wurden in Belfast vereidigt. Damit sollte der 1998 eingeleitete Friedensprozess abgeschlossen werden. Ein wichtiges Thema für die deutsche Tagespresse, ebenso wie das neue Programm der CDU. Doch zunächst nach Nordirland:

Die Zeitung DIE WELT meint, in Belfast gestern die Hand der Geschichte gespürt zu haben:

'Dass solche politischen Extreme wie die unionistischen Hardliner von der DUP, unter Anführung des Reverend Ian Paisley, dem 'Dr. No' Ulsters, und die irisch-republikanischen Partei Sinn Féin sich ins Bett einer gemeinsamen Regierung begeben könnten – es ist das Nonplusultra des Unvorstellbaren. Genau so gut könnten Feuer und Wasser Frieden miteinender schließen. …Im nordirischen Belfast freilich stehen wir erst am Anfang eines schwierigen Heilungsprozesses.“

Die RHEINZEITUNG aus Koblenz blickt zuversichtlich auf die neue Koalition:

'Frieden schließen nur die Starken. Sonst hat das Vertragswerk meist keinen Bestand. Nicht anders ist es in Nordirland. Der protestantische Dickschädel Ian Paisley und der ehemalige katholische IRA-Kämpfer Martin McGuinness bilden eine überkonfessionelle Regierung. Das ist der Stoff, aus dem nordirische Friedensträume sind. Wenn selbst die einst Uneinsichtigen erkennen, dass es zum Friedensschluss keine Alternative gibt, dann hat der Aussöhnungs-Prozess ein stabiles Fundament. Allein Paisley, McGuiness und ihre engsten Verbündeten besitzen die Autorität, auch die letzten verbliebenen Radikalen auf den neuen Kurs einzuschwören.'

Das MAIN-ECHO aus Aschaffenburg gibt sich verhaltener und fragt:

' Eine neue Ära für Nordirland? Noch tanzen die Menschen in Belfast nicht auf den Straßen. Sie haben wohl zu oft Hoffnungsbotschaften gehört, als dass sie jetzt davon überzeugt wären, dass nichts mehr schiefgehen könnte. Doch ein leiser Optimismus macht sich breit. Diesmal könnte es klappen. Eine bessere Möglichkeit, einen verheißungsvolleren Start in eine neue Zukunft hat Nordirland noch nie gehabt. Jetzt geht es darum, diese Chance beim Schopf zu packen.“

Und der TAGESSPIEGEL aus Berlin meint:

'Nordirland bestimmt nun über seine eigenen Geschicke, der Konflikt ist nach fast 40 Jahren formell beigelegt. (Premierminister) Blair darf stolz sein auf die unbeirrbare Sturheit, mit der er die Altlast beseitigt hat. Er hinterlässt ein befriedetes Nordirland und eine eng befreundete Republik Irland. Der zähe Friedensprozess ist in vieler Hinsicht exemplarisch. ... Trotz seiner langen Dauer folgte der Ablauf Gesetzmäßigkeiten, im Nachhinein lässt sich gar eine gewisse Folgerichtigkeit erkennen. Das beweist: Es gibt keine unlösbaren Konflikte.'

Themenwechsel. Die CDU gibt sich ein neues Grundsatzprogramm. Dazu schreiben die KIELER NACHRICHTEN:

'Das neue CDU-Programm propagiert auf 90 Seiten ein entschlossenes Sowohl-als-auch. Die CDU setzt sich für weniger Staat im Allgemeinen und für mehr Staat im Besonderen ein, nämlich in der Umwelt-, Bildungs- und Familienpolitik. Sie wünscht sich Weltoffenheit und Toleranz und verlangt zugleich eine deutsche Leitkultur. Als Fundamente der Gesellschaft bezeichnet sie Ehe und Familie, erkennt aber großzügig auch alle anderen Formen der Partnerschaft an. Merkel hält sich mit ihrem programmatischen Allerlei alle Optionen offen. Mit ihrer Klimapolitik können sich die Grünen anfreunden, mit ihrer Wirtschaftspolitik die Liberalen.“

Für die Tageszeitung TAZ aus Berlin liefert das Programm „Stoff für einen spannenden Wahlkampf'. Dort lesen wir:

'Fast trotzig beharrt die CDU in ihrem neuen Grundsatzprogramm auf alten Forderungen, die im letzten Wahlkampf wenig Anklang fanden. So viel Abbau des Kündigungsschutzes und so viel Privatisierung wie nur möglich wünscht sich die Partei der Kanzlerin - und mehr Kopfpauschalen denn je. Das Prämienkonzept mit gleichen Beiträgen für Chef und Sekretärin wird von der Gesundheit auf die Pflege ausgeweitet. Von einer Sozialdemokratisierung der Union kann jedenfalls wirtschafts- und sozialpolitisch keine Rede sein.“

Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG sieht es so:

'Tatsächlich enthält das Programm beachtliche Sprünge in die Moderne, die vor zehn Jahren für die CDU unvorstellbar waren - beim Familienbild, bei der Umweltpolitik und bei der Integration von Zuwanderern. Doch ist dabei keine klare, mutige und konsistente Definition einer modernen bürgerlichen Partei herausgekommen. Es ist kein Entwurf aus einem Guss. Stattdessen stehen Signale des Modernen und Verbeugungen vor der Parteitradition und ihren Flügeln unvermittelt nebeneinander. Das Streben, jetzt bloß nicht wieder Anhänger etwa unter den Konservativen zu verprellen, hat ein Werk ohne klare Überschrift produziert. Alle werden bedient.'

Schließlich die FINANCIAL TIMES DEUTSCHLAND:

' Es wäre unfair, der CDU vorzuwerfen, sie habe es sich mit ihrem Grundsatzprogramm überall zu leicht gemacht. Bei den Themen Bildung und Familie hat die Partei sich unter Schmerzen auf die Höhe der Zeit gebracht. Ein klares Bekenntnis zur Ganztagsschule etwa wäre kürzlich noch undenkbar gewesen. Die Politik von Familienministerin Ursula von der Leyen wird künftig nicht mehr als Verrat an der reinen konservativen Lehre behandelt, sondern als gestaltende Antwort auf gewandelte Verhältnisse verstanden. Als eine Modernisierung, die auch mehr ist als eine bloße Anpassung an gesellschaftliche Trends.'