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Pressestimmen von Montag, 03.Dezember 2005

Stephan Stickelmann2. Januar 2005

Flutkatastrophe / Hartz-IV-Reformen

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Die Katastrophe in den Ländern Süd- und Südostasiens bleibt das beherrschende Kommentarthema der Zeitungskollegen. Zahlreiche Blätter beschäftigen sich aber auch mit dem Start der als Hartz IV bezeichneten Arbeitsmarkt- und Sozialreformen.

Zum ersten Thema: Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG analysiert das Verhalten der Bundesregierung angesichts der Flutkatastrophe und kommt zu dem Schluss:

"Der Kanzler und der Außenminister haben nicht mehr getan, als Anstand, Würde und Mitgefühl verlangten. Doch das genügt. Schröders Rückkehr aus dem Weihnachtsurlaub war der Situation angemessen, dasselbe gilt für seinen und Fischers Appell an die Bürger, zum Jahreswechsel am Feuerwerk zu sparen und den Notleidenden im fernen Asien Unterstützung zukommen zu lassen. Das hohe Ausmaß der Bereitschaft dazu wirft nebenher ein anderes, freundlicheres Licht auf Deutschland als die selbstquälerischen Dosenpflegepfandreformdebatten der vergangenen zwei Jahre."

Die STUTTGARTER ZEITUNG lenkt die Blick auf die Rolle der UN:

"Die Vereinten Nationen stehen vor ihrer größten Herausforderung: Kann es gelingen, nationale Egoismen und Eitelkeiten zu überwinden und eine gemeinsame Hilfe für die verwüstete Region und ihre Menschen zu organisieren? Die UN müssen in Asien beweisen, was sie bewerkstelligen können. Gleichzeitig gilt aber auch, dass die Vereinten Nationen auf den guten Willen ihrer Mitglieder angewiesen sind. Fehlt dieser, dann steht Kofi Annan mit leeren Händen da. Weltweite Solidarität aber erfordert auch weltweite Organisation. Wann könnten sich Sinn und Notwendigkeit der Organisation der Vereinten Nationen besser erweisen als jetzt?"

Das HANDELSBLATT aus Düsseldorf ist dagegen schon vom Erfolg der UN überzeugt, merkt jedoch an:

"Wenn es der Staatengemeinschaft möglich ist, auf eine derart große zivile Katastrophe mit der Mobilisierung massiver Unterstützung zu reagieren, stellt sich zwangsläufig die Frage, warum sie viel zu häufig nicht gewillt ist, solche Aktionen auch bei politischen Krisen zu starten. Die Kriegsschauplätze Kongo, Ruanda oder Sudan liefern wenige Stichworte auf einer unvollständigen Liste. Auch dort werden wir Tag für Tag mit humanitären Katastrophen konfrontiert. In Asien beweisen die Uno und ihre Mitglieder, dass sie über Finanzen und Logistik zum Krisenmanagement verfügen. Sie sollten sie häufiger einsetzen - auch in politisch schwierigem Umfeld."

Und damit Themenwechsel. Computerpannen, Protestveranstaltungen, rechtliche Bedenken - mit diesen Lasten im Gepäck startet die so genannte Hartz-IV-Reform. Die ABENDZEITUNG aus München notiert:

"Vom Pannenstart mal abgesehen: Hartz IV ist weder Wunderwaffe noch Teufelszeug. Es ist unredlich von Wirtschaftsminister Clement, von einer Halbierung der Arbeitslosigkeit zu reden, wenn es in Wirklichkeit um eine bittere, aber nötige Sparmaßnahme geht. Aber es ist genauso daneben, wenn Berufsdemonstranten jetzt Massenelend beschwören und mit selbst gebastelten Särgen vor den Arbeitsämtern demonstrieren."

Weitaus kritischer ist das Urteil des NEUEN DEUTSCHLAND in Berlin:

"Die Wünsche zum Jahreswechsel dürften für Millionen Menschen von wenig Hoffnung erfüllt gewesen sein. Schließlich erwartet Langzeiterwerbslose und deren Angehörige statt eines 'guten Rutsches' nun der Rutsch in die Armut. Angesichts der Dimension der als Reform verbrämten Leistungskürzung wird Hartz IV denn auch zu Recht als Meilenstein gesehen - von Gegnern wie Befürwortern. Dass das Jahr dennoch mit Blockaden von Arbeitsagenturen beginnt, macht so gesehen Hoffnung - auch für die Betroffenen."

Die FRANKFURTER RUNDSCHAU kommt allerdings zu dem Schluss:

"Schwerer wiegen die beachtlichen verfassungsrechtlichen Bedenken. Nicht auszudenken, welches Chaos entstünde, wenn das Bundesverfassungsgericht das mit glühend heißer Nadel gestrickte Gesetz verwerfen und Millionen Bescheide zum Arbeitslosengeld II rechtswidrig würden. Und noch etwas bremst rot-grüne Zukunftseuphorie: Je länger die Bundesagentur für Arbeit mit den Kinderkrankheiten von Hartz IV zu kämpfen hat, desto länger bleiben die sehnlichst erhofften Vermittlungserfolge aus. Mag der Kanzler angesichts dessen auch verkünden, Schuldzuweisungen seien ausnahmslos an Wirtschaftminister Clement zu adressieren: Fällt der Reformriese, liegt auch Schröder drunter."