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Pressestimmen von Montag, 13. November 2006

Hans Ziegler12. November 2006

Führungswechsel bei der Telekom / NPD-Parteitag in Berlin

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Nach vier Jahren im Amt ist Telekom-Chef, Kai-Uwe Ricke zurückgetreten. Wie es heißt, folgt ihm der bisherige Chef der Mobilfunktochter T-Mobile, Rene´ Obermann nach. Für die deutsche Tagespresse ist der Führungswechsel bei Europas größtem Telekom-Konzern ein zentrales Kommentarthema. Außerdem findet der NPD-Parteitag in Berlin Beachtung. Zunächst zum voraussichtlichen Führungswechsel bei der Telekom:

Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG schreibt:

"Zu spät reagierte der Telekom-Chef auf den scharfen Wettbewerb in Deutschland. Während die Konkurrenz die Kunden mit attraktiven Bündelangeboten für Telefon und Internet köderte und zum Preiskrieg auf dem Mobilfunkmarkt blies, verlor die Telekom sich in den Machtkämpfen ihrer Sparten. René Obermann, der neue Mann an der Spitze des größten europäischen Telekommunikationskonzerns, tritt ein schweres Erbe an."

Der KÖLNER STADT-ANZEIGER macht für die Krise der Telekom auch den Bund verantwortlich. Im Kommentar heißt es:

"Die Frage ist, ob dem designierten neuen Telekom-Chef, René Obermann gelingen kann, die Erosion der Festnetzanschlüsse zu stoppen. Aufzuhalten ist die Massenflucht kaum, sie ist ja sogar gewollt vom Bund und der regulierenden Bundesnetzagentur. Schließlich war es von Anfang an das Ziel des Bundes, das Monopol der Telekom aufzulösen und den Markt zu liberalisieren. Wenn sich der Bund nun darüber wundert, dass der ehemalige Monopolist unter Druck gerät, dann ist das schon überraschend."

Die WESTDEUTSCHE ZEITUNG aus Düsseldorf meint:

'"Auch wenn der vorgesehene Ricke-Nachfolger Obermann als Problemlöser und Vollblut-Unternehmer gilt, braucht er viel Kraft und auch Glück. Der Kampf um Kunden wird in einem sich dramatisch verändernden Markt noch verbissener werden. Hinzu kommt, dass der Bund seine 33prozentige Beteiligung weiter reduzieren will. Jeder neue Aktionär - ob so genannte Heuschrecke oder nicht - fordert rasch Erfolge in Form klar steigender Aktienkurse und Dividenden."

Ähnlich die HEILBRONNER STIMME, die ebenfalls auf die Macht der Börse verweist:

"Rene Obermanns Chance wird darin liegen, das Misstrauen der telekomgeschädigten Kunden, Aktionäre und Mitarbeiter zu überwinden. Als ehemaliger Eishockeyspieler weiß er, wie wichtig ein funktionierendes Team auf der einen und das Publikum auf der anderen Seite sind, und dass man mit offensivem Spiel am meisten Beifall erhält. Hier hat er bessere Voraussetzungen als sein zurückhaltender Vorgänger. Allzu großzügig wird die Schonfrist für den Neuen allerdings nicht ausfallen. An der Kundenzahl und am Aktienkurs wird sich jede Strategie messen lassen."

Zum Machtwechsel bei der Telekom abschließend die MAIN-POST aus Würzburg mit der folgenden Stellungnahme:

"Nein, Mitleid mit Telekom-Chef Kai-Uwe Ricke wäre nun wirklich fehl am Platze. Rickes Antwort klang ähnlich, wie die seiner Kollegen bei Volkswagen, Allianz oder DaimlerChrysler: massiver Stellenabbau. Wenn sich dann noch, wie bei Siemens, die Vorstände die Gehälter kräftig erhöhen, muss sich niemand mehr wundern, dass das Ansehen der Bosse in Deutschland immer tiefer in den Keller rutscht."

Themenwechsel und zur rechtsextremen NPD, die am Wochenende ihren Parteitag demonstrativ in Berlin abgehalten hatte. In den Kommentaren der deutschen Tagespresse geht es vor allem um das Für und Wider eines neuen Verbotsantrages.

Die RHEIN-NECKAR-ZEITUNG begrüßt eine neue Initiative in dieser Richtung:

"Im Verhältnis zur NPD begehen immer noch viele Demokraten einen Fehler: Sie denken, die NPD sei die Partei gewordene Speerspitze der deutschen Neonazi-Szene. Das ist falsch. Richtig ist: Die NPD ist die deutsche Neonazi-Szene. Ein gut formulierter Verbotsantrag würde deshalb zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Die Öffentlichkeit müsste nicht länger die dreisten Aufmärsche der Rechtsextremisten erdulden. Zum zweiten würde dieser Neonazi-Szene das Steuergeld entzogen."

Die STUTTGARTER ZEITUNG plädiert ebenfalls für ein Verbot, macht aber auch Bedenken geltend:

"Die Forderung nach einem neuen Verbotsverfahren ist richtig. Allerdings ist ein neues Verfahren nur sinnvoll, wenn vorher die Voraussetzungen für einen Erfolg geschaffen wurden. Im Ruf nach einem Verbot liegt zudem die Gefahr, dass die Mehrheitsgesellschaft glaubt, sie könne sich zurücklehnen. Das Gedankengut der Neonazis ist aber einfach da."

Die NEUE WESTFÄLISCHE aus Bielefeld meint:

'"In Sonntagsreden haben Politiker darüber debattiert, wie der Vormarsch des braunen Mobs zu stoppen sei. Auch jetzt werden wieder Forderungen nach einem NPD-Parteiverbot laut. Scheitert aber ein solcher Verbotsantrag wie 2003 vor dem Bundesverfassungsgericht, dann würden die Rechten noch mehr triumphieren. Der wirksamste Kampf gegen den Rechtsradikalismus müsste daher aus der Mitte der Gesellschaft erfolgen. Doch hier fehlt die Courage und schlimmer noch: Nach seriösen Untersuchungen ist jedem fünften Deutschen der Einfluss der Juden zu groß."

Auch die FRANKFURTER RUNDSCHAU sieht in einem Verbot kein Allheilmittel:

"Aus der Mitte des Volkes hieß das Motto des Berliner NPD- Parteitags. Auf tragische Weise trifft die Rassisten-Partei mit diesem Slogan zum Teil die Wirklichkeit. Und genau hier liegen die eigentlichen Probleme. Probleme, die man mit aller Macht bekämpfen, aber sicher nicht einfach verbieten kann."

Abschließend der FRÄNKISCHE TAG aus Bamberg mit dem ebenso kurzen wie scharfen Kommentar:

"Mehr als dreieinhalb Jahre nach dem kläglichen Scheitern des NPD- Verbotsantrages vor dem Bundesverfassungsgericht hat sich die Bundesregierung noch immer nicht zu einem neuen Anlauf aufgerafft. Dieser Mangel an Entschlossenheit erinnert in der Tat an schlimme deutsche Zeiten."