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Pressestimmen von Montag, 15. Oktober 2007

Herbert Peckmann14. Oktober 2007

Alkohol-Testkäufe durch Jugendliche

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Der Plan von Familienministerin Ursula von der Leyen, Minderjährige künftig als verdeckte Ermittler im Kampf für den Jugendschutz einzusetzen, hat zu heftiger Kritik geführt. Die Ministerin stellt zur Diskussion, zur Kontrolle der Abgabe von Branntwein, Zigaretten und Gewaltvideos Jugendliche als 'Testkäufer' einzusetzen. In der deutschen Tagespresse wird dieses Ansinnen meist scharf kritisiert.

So schreibt die STUTTGARTER ZEITUNG:

'Würden Sie Ihre 14-jährige Tochter mit amtlicher Genehmigung in den Supermarkt oder an den Kiosk ums Eck schicken mit dem Auftrag, einen Flachmann oder ein Sixpack zu kaufen? Eben. Genau dies will aber Familienministerin Ursula von der Leyen ermöglichen im Dienste des Jugendschutzes. … Der Vorschlag muss vom Tisch, und zwar schnell.'

Deutliche Bedenken äußert auch das Düsseldorfer HANDELSBLATT:

'Der Vorstoß aus dem Familienministerium ist nicht nur moralisch höchst bedenklich, sondern auch juristisch. … Da nützen alle Beteuerungen wenig, dass Jugendämter diese Aktionen pädagogisch begleiten sollen. … Die Ministerin erzeugt bei den Jugendlichen doch zuallererst ein fragwürdiges Bild von einem Rechtsstaat, der Kinder anleitet, Gesetzesverstöße zu begehen und das auch noch mit ihrem Schutz begründet. Das ist nicht nur mit der Würde von Kindern unvereinbar, sondern es ist auch ein eklatanter Missbrauch.'

Anders sieht es die HEILBRONNER STIMME:

'Nichts spricht dagegen, dass Jugendliche in Begleitung von erwachsenen Amtspersonen Testkäufe durchführen. 50 000 Euro Strafe sind daher angemessen, solange sich Händler weigern, das Alter der Kunden zu kontrollieren. Beim Verkauf von Killerspielen, Zigaretten und Alkohol wurde zu lange weggeschaut. Es wird Zeit, dass die Öffentlichkeit endlich die Augen öffnet.'

Für die KÖLNISCHE RUNDSCHAU dagegen ist jeder Einsatz von Lockspitzeln heikel. Dort lesen wir:

'Der Staat ist Hüter des Rechts. Dass er Bürger zum Rechtsbruch verführen lässt, um Beweise zu sammeln, ist ein juristischer Salto mortale. Das Provozieren von Straftaten birgt die Gefahr, dass etwas aufgeklärt wird, was ohne Lockspitzel gar nicht passiert wäre.'

Die FRANKFURTER RUNDSCHAU fragt:

'Wollen wir Feuerwehrleute als Brandstifter einsetzen, damit wir die Qualität unserer Feuerwehren überprüfen können? Oder Langfinger probeweise zugreifen lassen, damit wir des Diebstahls Herr werden? Keine guten Ideen? Stimmt, sie sind alle so wenig geeignet, Missstände zu beheben, wie der Vorschlag der Familienministerin, Jugendliche zu verdeckten Ermittlern im Einzelhandel zu machen. Dennoch: Kettenraucher im zarten Alter von 12 Jahren und kindliche Alkoholleichen sind tatsächlich ein Problem unserer Gesellschaft. Und die Analyse der Familienministerin stimmt: Der Jugendschutz greift da nicht richtig.'

Und die Rostocker OSTSEE ZEITUNG meint:

'Ursula von der Leyens Gesetzesentwurf war nicht nur juristisch fragwürdig und moralisch bedenklich. Er zeigt auch, wie mühselig der Kampf der Behörden gegen Saufgelage oder Nikotinmissbrauch von Jugendlichen ist. Die Familienministerin will jetzt Ideen sammeln, um das lasche Jugendschutzgesetz aufzufrischen. Recht so! Eines hat Ursula von der Leyen mit ihrem Vorstoß ja immerhin schon erreicht: Sie hat das Thema in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit gerückt.