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Pressestimmen von Montag, 18. Dezember 2006

Marko Langer17. Dezember 2006

Palästinenser-Konflikt / Gerangel um Gesundheitsreform

https://p.dw.com/p/9XsY

Der Konflikt zwischen den Palästinenser-Organisationen Hamas und Fatah droht zu einem Bürgerkrieg zu werden. Nun hat Präsident Abbas vorgezogene Neuwahlen angekündigt, um das Volk entscheiden zu lassen. Die regierende Hamas lehnt dies ab.

Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG kommentiert:

"Schon verfassungsrechtlich ist Abbas' Weg fraglich. Er hat nicht das Recht, das Parlament aufzulösen. Zudem ist nicht gewiss, wer die Wahlen gewönne. Hamas und Fatah sind derzeit gleich stark. Warum geht Abbas dennoch das Risiko ein? Er will einen Bürgerkrieg verhindern und setzt dabei auf die Massen, die es leid sind, dass ihre Vertreter sich gegenseitig blockieren. Diese Hoffnung mag sogar aufgehen. Denn auch die Hamas könnte in einem Bürgerkrieg nur verlieren."

Der NORDKURIER aus Neubrandenburg notiert:

"Wie gering der Einfluss des Präsidenten auf die Hitzköpfe im

eigenen Lager ist, haben die vergangenen Tage gezeigt. Abbas ist

schwach, spätestens seit der Niederlage der Fatah bei den

Parlamentswahlen im Januar. Sein beständiges Eintreten für eine

Verhandlungslösung mit Israel ist nicht gerade dazu angetan, seine

Position gegenüber den Radikalen beider Lager zu stärken. An

Neuwahlen kann niemand ein echtes Interesse haben."

Die WESTDEUTSCHE ZEITUNG aus Düsseldorf findet:

"Allein die Ankündigung von Neuwahlen hat die Lage vor Ort nicht beruhigt, sondern verschärft. Und was passiert, wenn die Menschen tatsächlich erneut zur Urne gerufen werden? Die Gefahr ist groß, dass die radikal-islamische Hamas dann auch noch den Präsidenten stellt. Wollen die USA und die EU, die den Neuwahl-Plan von Abbas etwas vorschnell begrüßten, ihren Finanzboykott gegen die Palästinenser dann ausweiten? Eine erfolgreiche Strategie war das

bislang offensichtlich nicht."

Der GENERAL-ANZEIGER aus Bonn gibt zu bedenken:

"Die Wähler wissen wohl, dass das dringend benötigte Geld erst wieder fließen wird, wenn es nicht von der Hamas zum Kauf von Waffen und zur Zahlung von Renten an die Hinterbliebenen der Selbstmordattentäter missbraucht wird. Aber die Uhren im Nahen

Osten ticken anders; die Menschen reagieren auch in ihrer Not und

Armut emotionaler als im Westen. So könnte es sein, dass auch

diesmal die Hamas erfolgreich sein wird, weil man sich nicht vom

Westen kaufen lassen will, der die Fatah von Abbas mit Geld und guten Worten unterstützt."

Die TAZ aus Berlin meint abschließend mit einem Hinweis auf die Situation im Libanon:

"Es bleibt ein Fehler zu glauben, dass sich Hamas und Hisbollah durch irgendwelche Tricks einfach wegzaubern ließen. Beide werden ein Teil der arabischen politischen Landschaft bleiben - gleichgültig, ob man ihre Neuwahl-Forderung zu ignorieren versucht, wie im Libanon. Oder sie erst politisch und finanziell sabotiert und dann durch Neuwahlen loszuwerden sucht, wie in den Palästinensergebieten."

Themenwechsel. Wieder einmal gibt es Gerangel um die Gesundheitsreform, und wieder einmal sind es die Bundesländer, die ihre Bedenken anmelden. Schon zeichnet sich ein neuer Konflikt in der großen Koalition ab, denn die SPD appelliert an die Kanzlerin, sich an die Vereinbarungen zu halten.

Der MANNHEIMER MORGEN kommentiert:

"Die Ministerpräsidenten von CDU und CSU lassen, wieder einmal, die Muskeln spielen - und bringen ihre Kanzlerin damit in eine schwierige Situation. Bessert sie die Gesundheitsreform tatsächlich in mehr als 100 Punkten nach, ist sie in jedem Fall die Blamierte. Bleibt sie hart, droht das Gesetz am Veto der Länder zu scheitern. So gesehen kann Angela Merkel in diesem Streit nur noch verlieren."

Die MÄRKISCHE ALLGEMEINE aus Potsdam führt aus:

"Es geht, wie so oft, ums Geld. Und um eine der größten Baustellen der Republik: die Gesundheitsreform. An der gibt es fraglos eine Menge auszusetzen, aber sie ist nun mal der kleinste gemeinsame Nenner zwischen Union und SPD. Dass ausgerechnet Edmund Stoiber sich jetzt an die Spitze der Protestbewegung stellt, verwundert. Bayerns Ministerpräsident war bei den Verhandlungen von Anfang an dabei."

In der ESSLINGER ZEITUNG heißt es:

"Je länger der Streit andauert, desto mehr Rückenwind dürften die

Kritiker erhalten in den Verbänden, den Gewerkschaften, der

Opposition und nicht zuletzt in den eigenen Reihen. Schon drängt die

SPD-Linke darauf, den Gesundheitsfonds zu verschieben. Und in der

Union wächst der Unmut über die Regelungen für die private

Krankenversicherung. Weitere Konflikte sind damit programmiert. Für

Kanzlerin Merkel und SPD-Chef Beck dürfte es in Sachen

Gesundheitsreform immer schwieriger werden, die Koalition auf einen

einheitlichen Kurs einzuschwören."

Das HANDELSBLATT aus Düsseldorf urteilt über das Vorgehen der Ministerpräsidenten:

"Es wäre nur zu begrüßen, wenn sie dieses Mal den Mut hätten, die Koalition zum Verzicht auf das bürokratische Monstrum zu bewegen. Denn der Versuch, das Bürgerversicherungsmodell der SPD über einen Fonds plus kleiner Kopfpauschale mit dem Gesundheitsprämienmodell der Union zu versöhnen, war von Anfang an so sinnvoll wie die Kreuzung von Pferd und Esel. Bekanntlich kann der Maulesel, der aus dieser Verbindung hervorgeht, keine Nachkommen zeugen. Genauso unfruchtbar ist der Fonds für die Weiterentwicklung des deutschen Gesundheitswesens."

DER TAGESSPIEGEL aus Berlin dagegen warnt:

"Angela Merkel hat die Kraftprobe gescheut, als es um den inhaltlichen Kern der Gesundheitsreform ging. Sie jetzt zu wagen, wäre unorthodox. Nur: Wenn Merkel zulässt, dass Unionsländer von ihren eigenen Kompromissen nachträglich nichts mehr wissen wollen, dann wird das Wellenreiten unter Ministerpräsidenten rasch zum Breitensport."