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Pressestimmen von Montag, 21. Januar 2008

Walter Lausch20. Januar 2008

Umstrittene Wahlkampfempfehlung von Clement

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Wirbel um den SPD-Politiker Wolfgang Clement. Er rief die hessischen Wähler in einem Zeitungsbericht indirekt dazu auf, nicht für die Spitzenkandidatin der Sozialdemokraten, Andrea Ypsilanti, zu stimmen. Diese Haltung wird in den deutschen Tageszeitungen überwiegend kritisch kommentiert. So schreibt die STUTTGARTER ZEITUNG:

"Der kaum verbrämte Aufruf des früheren Wirtschaftsminister Wolfgang Clement, Ypsilanti wegen ihrer Energiepolitik nicht zu wählen, hat eine neue Qualität. Ihm passt die ganze Richtung nicht. Das ist sein gutes Recht. Aber dass man als Parteifreund, der zudem noch Kostgänger eines Energieunternehmens ist, seiner Spitzenkandidatin so in den Rücken fällt, zeugt schon von sehr schlechtem politischen Stil. Clements Vorgehen lässt nur einen Schuss zu: Er hat mit dieser sich immer stärker nach links orientierenden SPD nichts mehr am Hut. Der Ruf, Clement jetzt aus der Partei auszuschließen, belegt, dass es umgekehrt genau so ist."

Wenig Verständnis hat auch der MANNHEIMER MORGEN:

"Aus Clement spricht gleichzeitig ein gut bezahlter Wirtschaftslobbyist sowie ein enttäuschter Politiker. Weil er half, Schröders Reformen innerparteilich durchzusetzen, will er nicht mitansehen, wie diese teils zurückgenommen werden. Deshalb hat er im Dezember damit gedroht, die SPD zu verlassen. Eine solche Position ist ehrenwert. Clements Einsatz für die Kernenergie ist es nicht. Schmerzhafter kann man einer Mit-Genossin nicht in den Rücken fallen. Das zeigt, wie wenig ihm an seiner Partei gelegen ist."

Für die HESSISCHE/NIEDERSÄCHSISCHE ALLGEMEINE aus Kassel kommt die Äußerung von Clement nicht überraschend:

"Clement steht auf der Gehaltsliste von RWE, und dass der Betreiber von Biblis A und B sowohl gegen die Abschaltung der AKW ist als auch gegen die Förderung alternativer Energien, ist klar. Frei nach dem Motto: Wes Brot ich ess, des Lied ich sing. Gänzlich unakzeptabel aber ist, dass Clement gegen die SPD agiert, ohne die Partei zu verlassen. Wenn er etwas Anstand besitzt, muss er schleunigst austreten. Damit würde er wenigstens am Ende seiner Karriere eine richtige Entscheidung treffen. Während seiner langen Politiker-Jahre gab es davon ja bekanntlich nur sehr wenige."

Die LANDESZEITUNG LÜNEBURG empfiehlt der SPD dagegen, sich mit der Position von Clement auseinander zu setzen:

"Die SPD kann es sich leicht machen mit Wolfgang Clement -- und ihn wegen Verrats an den wahlkämpfenden Genossen verjagen. Aber die SPD kann so nicht die Kritik an ihrem Kurswechsel mundtot machen. Macht es sich die SPD nicht zu leicht mit Clement, muss sie sich mit dessen schon vor Monaten geäußertem Unbehagen an der Zerfledderung der Agenda 2010 unter Kurt Beck auseinandersetzen."

Zum Schluss noch die Einschätzung der BRAUNSCHWEIGER ZEITUNG:

"Das perfide an Clements Strategie ist, dass er über einen Rausschmiss aus seiner Partei gar nicht traurig wäre. Mehr noch: In Wahrheit will er ihn mit seiner Philippika gegen Ypsilanti und Scheer herbeiführen. Dann könnte er sich mit der Rolle des aufrechten Mahners und Warners brüsten, der den linken Ideologen in der SPD unterlag, nur weil er es wagte, deren Phantastereien beim Namen zu nennen. Clement lag schon in rot-grünen Regierungstagen immer wieder mal im Clinch mit der Partei. Nun hat er offenbar die Nase voll. Das ist sein gutes Recht. Aber er macht dabei eine erbärmliche Figur, weil er zu spät den Mund aufmacht und weil sein Manöver zu plump ist, um glaubwürdig sein zu können."