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Pressestimmen von Montag, 26. August 2002

Ulrike Quast. 25. August 2002

Fernsehduell zwischen Schröder und Stoiber / UN-Weltgipfel in Johannesburg

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Die Kommentatoren der Tagespresse beschäftigen sich an diesem Montag mit dem Schlagabtausch zwischen Kanzler Gerhard Schröder und seinem Herausforderer Edmund Stoiber. Erstmals vor einer Bundestagswahl traten die Kandidaten zu einem Rede-Duell im Fernsehen an. Daneben werden die Erfolgsaussichten des UN-Weltgipfels im südafrikanischen Johannesburg hinterfragt.

Die FRANKFURTER RUNDSCHAU schreibt:

'Nach dem Duell ist vor dem Duell. Gerhard Schröder und Edmund Stoiber haben noch vier Wochen Wahlkampf vor sich und schon beim nächsten direkten Schlagabtausch kann alles wieder ganz anders sein. Gemach also, Wahlvolk. Nach dem historisch ersten deutschen Kanzlerkandidaten-Fernsehduell - auch wenn es nur ein penibel inszeniertes Streitgespräch vor laufenden Kameras war - feiern die Medien sich in all den vielen Reaktions- und Wirkungsberichten selbst. ... Das angesichts fehlender inhaltlicher Wahlkampf- Zuspitzung der öffentliche Eindruck vom Eindruck zum großen Trendverstärker werden könnte, erhöht die Gefahr inhaltlicher Beliebigkeit. Aber es klage niemand darüber bei SPD und Union. Beide haben es so gewollt. ... Viel Vergnügen bei der kollektiven Psychoanalyse.'

Die Tageszeitung DIE WELT kommentiert:

'So sind wir Deutschen: Wir schütten gerne das Kind mit dem Bade aus. Mokieren uns über die Medialisierung und Trivialisierung der Politik, stöhnen darüber, dass nicht mehr der Inhalt zählt, sondern nur noch die Verpackung, und jammern über amerikanische Verhältnisse. Und dann saßen doch so viele Deutsche wie nur bei der Fußballweltmeisterschaft vor dem Fernseher, weil sie endlich mit Spannung etwas erleben konnten, was sich gemeinhin dem Lebensmittelpunkt des ganz normalen Bürgers entzieht: Politik als Schauspiel. Der Wähler als Konsument, der Politiker als Produkt, was eigentlich ist daran so schlimm? Auch Deutschland ist längst schon Mediendemokratie, ohne dass dies der politischen Sphäre nachhaltig geschadet hätte.'

Der SCHWARZWÄLDER BOTE kommt zu dem Schluss:

'Im Vorfeld gab's viel Getöns um so wichtige Themen, wie: Wie hoch müssen die Pulte sein und wer beantwortet die erste, wer die letzte Frage? Für RTL und Sat.1 war's ein TV-Event, mit vielen prominenten Statisten um die beiden «Duellanten» herum. Sei's drum: Für den Informierten gab's wenig Neues, und wer keine Ahnung von Politik hat, weiß jetzt wohl auch nicht mehr. Kurzum: Wer was Besseres zu tun hatte, als vorm Fernseher zu sitzen, hat nichts versäumt.'

Themenwechsel. Das HANDELSBLATT meint zum UN-Weltgipfel, der an diesem Montag beginnt:

'Skepsis über die Veranstaltung ist aus vielen Gründen angebracht. Einer der Gründe ist der (wenn auch legale) Missbrauch des Treffens durch die deutsche Delegation mit Kanzler Schröder, den Ministern Trittin und Wieczorek-Zeul, denen die wahlbedingte Show recht gelegen kommen dürfte. Ein anderer ist die Zahl der Teilnehmer, die an Größenwahn erinnert: Erwartet wirklich jemand, dass dabei effektiv diskutiert oder gar etwas beschlossen werden kann? Nicht nur die alljährlichen Gipfeltreffen der G8 sind auch wegen der mittlerweile erreichten zehntausend Teilnehmer fragwürdig geworden.'

In der RHEIN-ZEITUNG aus Koblenz heißt es zum Gipfel in Johannesburg:

'Noch immer wehren sich zu viele Verantworliche in Politik und Wirtschaft gegen einen wirksamen Umweltschutz. ... So bleibt die Hoffnung auf Beharrlichkeit einzelner Politiker wie dem Direktor des Uno-Umweltschutzprogramms, Klaus Töpfer, die sich seit Jahren vor keinem Rückschlag entmutigen lassen. Und die Hoffnung auf jene Menschen, die schon jetzt von Naturkatastrophen heimgesucht werden: Sie können ihren Politikern die Bedeutung des Umweltschutzes vor der eigenen Haustüre belegen.'

Abschließend die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG:

'Das ist der Gipfel: Es ist die größte Konferenz in der Geschichte der Vereinten Nationen, und so gut wie keiner weiß, worum es in Johannesburg geht. Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung heißt das Treffen offiziell ... Nun ringen die Unterhändler wieder um den Inhalt des geplanten Aktionsprogramms: um wie viel der Anteil der erneuerbaren Energien gesteigert oder bis wann der Anteil der Menschen ohne Zugang zu sanitärer Grundversorgung halbiert werden soll. Weil man in den Kernpunkten nicht weiterkommt, wird der Nachhaltigkeitsbegriff immer weiter gedehnt und verwässert. Wo das endet, zeigt die Bundesregierung. In ihrem Konzept kommen sogar die Kriminalitätsstatistik und die staatliche Kinderbetreuung vor. Die Folge von Überfrachtung ist Beliebigkeit. Das sollte nicht das Ergebnis von Johannesburg sein.'