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Pressestimmen von Montag, 27. März 2006

Ulrike Quast26. März 2006
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Drei Landtagswahlen an einem Sonntag und ein für alle Seiten wenig überraschendes Ergebnis. Die Regierungschefs Beck -SPD- in Rheinland-Pfalz und Oettinger -CDU- in Baden-Württemberg gehen deutlich gestärkt aus der Wahl hervor. In Sachsen-Anhalt bleibt die CDU mit Ministerpräsident Böhmer stärkste politische Kraft. Die Kommentatoren der Tagespresse widmen sich dem Wahlausgang.

Zunächst die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG: "Nach gut hundert Tagen großer Koalitionsharmonie im Bund verlief der erste Wahlsonntag in der neuen Legislaturperiode so unspektakulär wie selten. (...) Die Bestätigung der CDU-FDP-Koalition in Stuttgart eine Formsache; die SPD in Mainz (...) völlig ungefährdet; die CDU in Sachsen-Anhalt, dem politisch instabilsten Land der Bundesrepublik, in der ungewohnten Rolle des Stabilitätsankers.(...) Es hieße indes die Botschaft des Wahlsonntags gründlich mißzuverstehen, deutete man die Spannungsarmut als Abkehr von einer latent vorhandenen Protesthaltung oder gar als Anzeichen einer lang ersehnten Rückkehr des Vertrauens der Bürger in die Politik. Die vielerorts sehr niedrige Wahlbeteiligung steht wohl eher für ein resignatives Abwarten gegenüber Berlin und ein um sich greifendes Desinteresse an der Landespolitik." Die TAGESZEITUNG aus Berlin kommentiert:

"Die alte Theorie, der zufolge jede große Koalition zwangsläufig die Ränder stärkt, hat sich zumindest bei diesen Wahlen nicht bestätigt. Die Wählerinnen und Wähler haben - achselzuckend? - allerorten den Auftrag erteilt: Macht halt erst mal so weiter wie bisher. Wir sind vielleicht nicht gerade hingerissen, aber eine bessere Alternative sehen wir auch nicht."

Die BRAUNSCHWEIGER ZEITUNG kommt zu dem Schluss:

"Das Volk ist klüger, als die Wahlbeteiligung vermuten lässt. Wenn's wichtig ist für unser Land, geht es zur Wahl. Wenn die Macht nicht wirklich zur Wahl steht, wie an diesem Sonntag, dann erfreut es sich des Lebens und des Frühlings und hofft, dass die Wahlprognosen eintreffen. So strömt das Volk stets in Massen zur Bundestagswahl - weil es dann entscheidende Weichen stellen kann. Wenn die Wähler aber keine Weichen stellen können, verlieren sie die Lust - am Wählen, nicht an der Demokratie."

Die WESTFÄLISCHE RUNDSCHAU aus Dortmund schreibt:

"Seit in Berlin die Großen kuscheln, scheint's den Menschen auch im Lande ganz gleich zu sein, wer sie regiert. Wer sich doch zur Wahl aufrafft, macht sein Kreuz pflichtschuldigst dort, wo am wenigsten Unheil droht. (...) Hauptsache, es gibt nicht schon wieder Streit und neue Experimente am lebenden Wähler. Was lernen wir sonst aus den gestrigen Wahlergebnissen? Ein paar Kopfnoten haben die Bürger verteilt. Gute an die seriös und unspektakulär regierenden Ministerpräsidenten. Schlechte an Herausforderer, die sich schon lange überschätzen. Christoph Böhr oder Ute Vogt jedenfalls haben ihre politische Zukunft hinter sich. Das ist kein großer Verlust für die deutsche Politik."

Die BERLINER ZEITUNG meint:

"Durch das Wahlergebnis wurde die große Koalition im Bund im Amt bestätigt. Sie darf sich ein zweites Mal gewählt fühlen. Die großen Parteien sind als Regierungsparteien gestärkt. Die Bürger haben so mitgeteilt, dass sie es ernst meinen mit der großen Koalition. Aber auch, dass sie etwas von ihr erwarten. Das klare Wahlergebnis ist ein Auftrag. Ein Auftrag, endlich mit der innenpolitischen Regierungsarbeit tatkräftig zu beginnen."

Ein Blick in die Tageszeitung DIE WELT: "Ein Erdbeben blieb aus, die Wahlbeteiligung erschreckend niedrig. Ruhig liegt also die Provinz - und ein gutes Stück weiter weg von Berlin, seitdem dort die große Koalition regiert. (...) Ganz nebenbei wird deutlich, daß die SPD in den Ländern und später auch einmal im Bund über weit mehr Bündnisoptionen verfügt als die Union: Sie reichen von Rot-Grün über Rot-Rot bis hin zu den Liberalen oder der großen Koalition. Man fragt sich, wovor die SPD eigentlich solche Angst hatte in den vergangenen Wochen, als sie selbst mit dem eigenen Vorsitzenden schon haderte."

Die FRANKFURTER RUNDSCHAU ist der Ansicht:

"Berlin hat jetzt seine letzte Ausrede verloren. Nun reicht es nicht mehr, einen guten Eindruck zu machen im In- und Ausland, jetzt heißt es schaffen. Gesundheit und Föderalismus, Unternehmensteuern und Arbeitsmarkt - die große Koalition ist künftig als Leistungsträger gefordert, nicht als bloßes Zweckbündnis. Mehr als eine Ausrede waren sie für Berlin nämlich kaum, diese Landtagswahlen in drei Ländern. (...) Drei Mal Weiter so haben die Landtagswahlen ergeben, wenn auch mit Nuancen. Und dafür hat Berlin angeblich den Reformmotor runtergefahren. Zu den nächsten Wahlen im Herbst können sie sich diese Ausrede nicht mehr leisten."

Abschließend die OSTTHÜRINGER ZEITUNG aus Gera: "Der von Linkspartei und WASG erhoffte Höhenflug bei den Landtagswahlen ist ausgeblieben. Die volltönenden Parolen der Allesbesserwisser wie Lafontaine, Gysi oder Ernst fanden nicht die selbst prognostizierte Resonanz. Mit Ausnahme von Sachsen-Anhalt. Dort legte die PDS, von der erschreckend niedrigen Wahlbeteiligung profitierend, auf fast ein Viertel der Stimmen zu. Das aber ist ein regionales ostdeutsches Phänomen, das sich nicht in Anspruch nehmen lässt für die Chancen im Westen des Landes. Doch den linken Lautsprechern wird schon etwas einfallen, der angestrebten linken Einheitspartei weiterhin eine rosige Zukunft vorauszusagen."