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Pressestimmen von Samstag, 07. April 2007

Ulrike Quast6. April 2007

UN-Klimabericht

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Der Weltklimarat der Vereinten Nationen hat sich nach erbittertem Ringen um einzelne Formulierungen auf den zweiten Teil des Berichts zum Klimawandel geeinigt. Vor allem in den ärmeren Regionen drohen demnach Überschwemmungen und Dürreperioden in bisher nicht gekanntem Ausmaß. Die Tagespresse kommentiert den UN-Klimabericht.

Zunächst ein Blick in den MANNHEIMER MORGEN:

"Das Signal lautet nicht nur: Unser Planet ist in Gefahr. Es heißt auch: Viele haben es noch immer nicht begriffen. Tatsächlich ist Europa manch anderen Industrienationen bereits einen Schritt voraus. Denn man hat verstanden, dass Klimaschutz und Lebensstandard sowie wirtschaftlicher Fortschritt keine Gegensätze sind, sondern zusammengehören. Solange die USA, aber auch China das nicht verstanden haben und ihrer Wirtschaft nicht die entsprechenden Perspektiven setzen, solange werden sie ihre eigene Führungsrolle, aber auch die Lebensperspektive aller aufs Spiel setzen."

Die TAGESZEITUNG aus Berlin meint:

"Der neue Realismus in der Klimapolitik ist eine große Chance - und die einzige, wenn man Hungersnöte, Flutkatastrophen, das massive Artensterben oder den Exodus von Hunderten von Millionen Menschen vermeiden will. Diesen Fahrplan zur Apokalypse haben die Autoren jetzt auf den Tisch gelegt. Und gerade, weil er den kleinsten geringsten Nenner darstellt, ist er so eindrücklich. Zum Realismus gehört neben den Investitionen in Deiche und Solaranlagen aber auch ein Begriff, der bislang den Gutmenschen vorbehalten war: Gerechtigkeit. Nur eine faire Behandlung der Schwellen- und Entwicklungsländer wird das Schlimmste für alle verhindern. Sie brauchen Geld, saubere Technik, faire Handelsbeziehungen und Hilfe bei der Forschung, und sie werden sie bekommen."

Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG kritisiert, dass die Politik den UN-Klimabericht für ihre Zwecke instrumentalisiert:

"Gefragt sind nicht differenzierte Erkenntnisse, sondern Angstszenarien, mit denen die Bevölkerung für jede Maßnahme gefügig gemacht werden soll. Was mit einfacher Umweltpolitik nie möglich war - etwa die Besteuerung des Flugbenzins -, rückt nun in greifbare Nähe. Klimapolitik unter Androhung apokalyptischer Strafen hat eine geradezu bunkerbrechende Durchschlagskraft. Das macht sie bei Politikern so beliebt. Die Wissenschaft aber hat sich in politischen Verhandlungen in einer Weise zur Magd gemacht, die ihre Wissenschaftlichkeit selbst untergräbt"

Die BADISCHE ZEITUNG aus Freiburg schreibt:

"Skeptisch stimmt die Feststellung der Experten, dass vom Klimawandel die ärmsten Regionen der Erde zuerst und am schlimmsten betroffen sein werden. Man kennt das: Solange «nur» die Menschen in den Elendsgebieten Afrikas oder Asiens unter Wassermangel und Hungersnöten leiden, halten sich Leidens- und Handlungsdruck in den Industrienationen allzu oft in Grenzen. Dabei können wir alle uns diese kurzfristige Sicht schon lange nicht mehr leisten."

Die KÖLNISCHE RUNDSCHAU merkt an:

"Die zentrale Botschaft des neuen UN-Klimarat-Reports ist klar. Sie lautet: Der Mensch trägt die Hauptverantwortung für die globale Erwärmung. Wenn sich, wie jetzt geschehen, die Staatengemeinschaft auf dieses Fazit einigt, dann ist das bemerkenswert. Eigentlich müsste sich man sich auf Basis dieses klimapolitischen Nenners nun auf ein abgestimmtes Vorgehen verständigen können. Die ersten Reaktionen stimmen aber eher pessimistisch. Schon wieder bricht die alte Kluft auf zwischen der Fraktion, die die Erderwärmung kleinredet, und der Fraktion, für die keine Prognose düster genug ist. Was fehlt, ist ein Gesamtkonzept."

Auch die SÜDWEST PRESSE aus Ulm fordert ein globales Gesamtkonzept:

"Während der Klimawandel etwa in Europa Verlierer und Gewinner hinterlassen wird, verteilen sich die Leidtragenden der Entwicklung vor allem auf arme Regionen, die nicht in der Lage sein werden, sich vor Dürren, Hochwasser und Überflutungen ihres Lebensraumes zu schützen. Daraus ergibt sich, dass die Völker der Erde diese Bedrohung endlich als gemeinsame Herausforderung begreifen. Die Bewohner dieses Planeten erlauben ihren Regierungen und einflussreichen Interessengruppen schon viel zu lange, um Treibhausgas-Tonnen zu feilschen. Sie sollten von ihnen verlangen, dass sie einen Wettbewerb um das Vermeiden schädlicher Klimagase entfachen."

Die FRANKFURTER RUNDSCHAU mahnt die Verantwortung der Europäischen Union für die Entwicklung des Klimas an:

"Wenn die EU schwächelt, funktioniert der erhoffte ökologische Domino-Effekt nicht, der gemäß der klima-historischen Verantwortung zuerst die anderen CO-2- Schwergewichte wie die USA, Australien, Japan und dann die Schwellenländer wie China, Indien, Brasilien erfassen muss. Brüssel hat auf aktuelle Vorhaltungen aus Australien, man schaffe ja wohl die selbst gesteckten Ziele nicht, selbstbewusst und offensiv reagiert. Wenn Instrumente wie der Emissionshandel noch nicht richtig funktionierten, dann würden sie eben verbessert. Europa steht, zum Glück. Das macht Hoffnung."

Die THÜRINGER ALLGEMEINE aus Erfurt erinnert:

"Was inzwischen für ein Schulkind eine Binsenweisheit ist, war selbst im so aufgeklärten Europa noch bis vor wenigen Jahren ein Gegenstand des Spotts. Fast alle Parteien, die heute an der Macht sind, haben sich an der Verschleppung rechtzeitiger Entscheidungen beteiligt und sich mitschuldig gemacht. All die ideologischen Schwätzer sind nun abgetaucht, in der Hoffnung, es möge sich niemand an ihre giftigen Kommentare zu den Öko-Spinnern erinnern. Nun glotzen sie verschreckt: nachdem der Winter ausgeblieben ist."