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Pressestimmen von Samstag, 14. September 2002

Eleonore Uhlich13. September 2002

Bundestagsdebatte/ Mobilcom

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Die meisten deutschen Tageszeitungen gehen an diesem Samstag auf den Schlagabtausch des Kanzlers und seines Herausforderers während der Bundestagsdebatte ein.


Im BERLINER KURIER lesen wir:

"Das letzte Gefecht. Die Gelegenheit wollte sich keiner entgehen lassen. Das Korsett der TV-Duelle streiften Schröder und Stoiber im Bundestag ab, sie schenkten einander nichts. Es war nicht die Stunde der leisen, feinen Töne. Neun Tage vor der Bundestagswahl gelten andere Regeln. Deshalb werden wir Rednern Dinge verzeihen, die im Eifer des Gefechts verletzten. Schröder mit Siegerlächeln. Drei Punkte Vorsprung bei der letzten Umfrage verliehen ihm Flügel. Joschka Fischer vergaß seinen Jetlag. Gerade aus New York zurück, startete er ein Redefeuerwerk. Doch es waren nur Worte."

Sie BADISCHEN NEUESTEN NACHRICHTEN aus Karlsruhe stellen fest:

"Die Kontrahenten Schröder und Stoiber spiegelten beim Elefanten-Duell im Bundestag die Stimmung wider, die aus Umfragen herauszulesen ist. Schröder im Hoch, Stoiber im Fall. Aber auch das mag nur eine Momentaufnahme sein. Im Endspurt will die Union mit dem sensiblen Thema Zuwanderung Punkte machen. Das ist ihr bisher nicht gelungen, obwohl das Zuwanderungsgesetz der rot-grünen Koalition schon seit längerer Zeit Angriffspunkte bietet. Stoiber begibt sich damit auf gefährliches Terrain."

Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG schreibt:

"Die Selbstgewissheit, die Schröder noch in seiner Antwort auf seinen Herausforderer Stoiber zur Schau trug, wich sichtbarem Ingrimm, als Frau Merkel ihn des «schamlosesten Betrugs am Wähler in der Nachkriegsgeschichte» zieh. Doch auch Schröder müsste sich eingestehen, dass es eine derartige Instrumentalisierung der allzumenschlichen Kriegsangst durch einen Bundeskanzler seit den fünfziger Jahren nicht mehr gegeben hat. Auch wenn Schröder meinte, er sei nur ebenso gerissen wie einst Adenauer - die Leute sind mündiger geworden und merken nun, vor wem er sie eigentlich schützen will: vor den Amerikanern. Vor dem Irak schützt er so niemanden."

Abschließend zu diesem Theme die PFORZHEIMER ZEITUNG:

"Politische Willensbildung wird von Show und Emotion bestimmt. Doch nach der Wahl wird es richtig ernst werden. Denn egal, welche Regierung künftig die Geschicke Deutschlands bestimmt, sie wird sich ganz besonders mit dem beschäftigen müssen, was gestern wegen Irak-Frage, Politbarometer und Fluthilfe unter den Teppich gekehrt wurde: der Haushaltsentwurf. Nur die Zahlen zeigen, was auf dem Markt der Möglichkeiten in Sachen Arbeit und Soziales finanziert werden kann. Und da muss jeder Finanzminister lange nach einem Silberstreif am Horizont suchen."

Ein weiteres Thema der Kommentare ist die drohende Pleite des norddeutschen Telekommunikations-Anbieters Mobilcom, mit dem sich die WESTFALEN-POST aus Bielefeld befasst:

"Geht es nach den Franzosen, so liegt die Schuld bei Gerhard Schmid und bei Gerhard Schröder. Deutschland habe mit seiner Entscheidung, die UMTS-Lizenzen zu versteigern, die Telekom-Branche in den Ruin getrieben. Mal abgesehen davon, ob tatsächlich der französische Weg, die Lizenzen nach der Schönheit der Augen (und der Nähe zu Paris) zu vergeben, der bessere war: Warum sollte Berlin auf die Milliarden Euro verzichten, die Hans Eichel dringend zur Sanierung des Bundeshaushalts benötigte? Es sind die Konzerne selbst, die getragen von einem boomenden Markt und einer euphorischen Börse die Chancen von UMTS total überschätzt haben."

Die LÜBECKER NACHRICHTEN merken an:

"Die Zeche zahlen neben den Aktionären, von denen viele das Risiko eines solchen Engagements unterschätzt haben, wieder einmal die Beschäftigten. An einem radikalen Personalabbau führt kein Weg vorbei. Ein finanzkräftiger Investor aus der Telekommunikations- Branche, der bei Mobilcom einstiege, ist nicht in Sicht. Von den Banken ist keine müde Mark zu erwarten - es sei denn, ihre Kredite werden verbürgt. Das Land Schleswig-Holstein und die Bundesregierung wollen Mobilcom helfen. Wenn diese Zusage über den Wahltag am 22. September hinaus Bestand hat, ist sie im Sinne des Erhalts möglichst vieler Arbeitsplätze im strukturschwachen Norden nur zu begrüßen."

Auf Dauer aber entscheidet allein das harte Gesetz des Marktes über Gewinner und Verlierer, meinen die LÜBECKER NACHRICHTEN, mit denen wir unsere Presseschau beenden.