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Pressestimmen von Samstag, 2. Februar 2008

Herbert Peckmann1. Februar 2008

USA: Bundeswehrsoldaten für Süd-Afghanistan

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Die Aufforderung der US-Regierung an Deutschland und andere Nato-Mitgliedsländer, zusätzliche Soldaten für Afghanistan bereitzustellen und endlich Kampftruppen in den Süden des Landes zu schicken, ist bei der Bundesregierung umgehend auf Ablehnung gestoßen. Auch die Zeitungskommentatoren reagieren angesichts des großen deutschen Afghanistan-Engagements verschnupft.

So meint der NORDBAYERISCHE KURIER aus Bayreuth:

„Der Feldwebelton des amerikanischen Verteidigungsministers stößt in Berlin auf taube Ohren. Das ist gut so. Denn die Mission der NATO, Afghanistan mit militärischen Mitteln zu befrieden, ist zum Scheitern verurteilt. Es wird keine militärische Lösung des Afghanistan- Konfliktes geben, weil mechanisierte Verbände der NATO für den Kampf gegen die Taliban nur bedingt tauglich sind. Deutschland tut gut daran, dem amerikanischen Ansinnen nicht untertänig zu folgen.“

Ebenso sieht es das MAIN-ECHO aus Aschaffenburg:

„Die US-Regierung spielt ein gefährliches Spiel. Sie droht ihre Partner zu überfordern, da sie wegen des selbstverschuldeten Irak-Krieges an die Grenzen ihrer Möglichkeiten gekommen ist. Eine Änderung des bestehenden Mandats wird es niemals geben, eine Ausweitung des Einsatzgebietes steht nicht zur Debatte. Das müsste auch Gates wissen. Ihm sei daher gesagt: 3.200 deutsche Soldaten im Norden Afghanistans sind für das Bündnis wertvoller als gar keine deutsche Soldaten am Hindukusch.“

Die FRANKFURTER RUNDSCHAU beleuchtet einen anderen Aspekt:

„Tatsächlich hatte sich die Bundeswehr eine zivilere Strategie gewünscht. Nun aber kam es anders, und die deutschen Soldaten sitzen mittendrin. Und statt sich selbst und die Öffentlichkeit auf Kampfeinsätze der Bundeswehr vorzubereiten, hat sich die große Koalition die Wirklichkeit so lange schöngeredet, bis sie wieder ins Bild passte. Dieses Märchen vom sanften Krieg geht jetzt zu Ende.“

DER TAGESSPIEGEL aus Berlin erinnert an die deutsche Geschichte:

„Schon länger wird der Vorwurf der Feigheit erhoben. Die Deutschen sollen nicht als Nato-Betrüger dastehen. Ja, so sehen es die Alliierten, weil doch die Bundesrepublik Deutschland ihr so viel wie kein anderes Land zu verdanken hat. … Now its payback time, Zeit, die Schulden zurückzuzahlen. … Es ist Zeit, dass die Kanzlerin dem deutschen Volk sagt, wohin sie ihr Land führen will. Das verlangt der Amtseid. Und die Lage. Es geht darum, zu sagen, was dieser Satz bedeutet: Deutschland verteidigt seine Sicherheit am Hindukusch.“

Die Rostocker OSTSEE-ZEITUNG verweist auf ein Dilemma der Alliierten in Afghanistan. Das Blatt schreibt:

„Nach fast sieben Jahren ist der demokratische Aufbau nicht weit vorangekommen. Die Taliban sind nicht besiegt. Kein Frieden nirgends im geschundenen Land. Vor diesem Hintergrund sollte die Bundesregierung Washington die kalte Schulter zeigen. Der Brief von Gates ist die Nötigung einer untergehenden US-Regierung, die das militärische Fiasko in Afghanistan auf breitere Schultern verteilen möchte.“

Zum Schluss der Bonner GENERAL-ANZEIGER:

„Wenn nicht alles täuscht, rollt auf Deutschland - viel zu spät - eine Grundsatzdebatte darüber zu, für welche Ziele deutsche Soldaten in Afghanistan stehen. Im Bundestag wird es drunter und drüber gehen. Selbst die Koalition von Union und SPD kann es zerreißen. Kommt der Marschbefehl in den afghanischen Süden, rüttelt dies an den Grundfesten der SPD als Friedenspartei. Dann entscheidet Außenpolitik noch über ein anderes Bündnis: die große Koalition.“