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Pressestimmen zu Obamas Anti-Terror-Strategie

4. Januar 2010

Nach dem geplatzten Anschlag plant US-Präsident Obama eine Anti-Terroreinheit im Jemen und verstärkt die Sicherheitskontrollen an Flughäfen. In den Kommentaren internationaler Zeitungen wird das unterschiedlich bewertet.

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Zeitungen (Foto: ap)
Bild: dpa

Seit dem vereitelten Attentat müssen sich Passagiere aus den 14 terrorverdächtigen Ländern bei der Einreise in die USA verschärften Sicherheitsvorkehrungen wie Nacktscannern und Leibesvisitationen unterziehen. Die NEW YORK TIMES kritisiert diese Maßnahmen:

„Die Entscheidung der Obama-Administration, extra Untersuchungen anzuordnen - unter anderem Ganzkörperabtastungen – für Menschen, die aus den 14 fast ausschließlich muslimischen Ländern in die USA reisen – provoziert Kritik von ofizieller Seite aus dem Ausland und Skepsis bei einigen Sicherheitsexperten, dass die Maßnahmen nicht effektiv seien.“

Die Obama-Administration setzte sich am Anfang der Regierungszeit für einen effizienteren Umgang mit terrorrelevanten Geheimdienstinformationen ein. Laut der WASHINGTON POST zeigen die Maßnahmen jedoch Schwächen auf:

„Das schnelle Umstürzen im Umgang mit terrorrelevanten Geheimdienstinformationen – die erste größere Änderung dieser Art während Obamas Amtszeit – erweckt den Anschein, dass erkannt wurde, dass die Schwelle, um mögliche Gefahren zu erkennen, zu niedrig gesetzt wurde. Die Entscheidung widerspricht sich mit frühen Aussagen von führenden Offiziellen, dass Abdulmutallab aufgrund von mangelhaftem Informationsaustausch oder schwacher Informationsanalyse übersehen wurde.“

Die mailändische Zeitung CORRIERE DELLA SERA macht den Druck klar, der auf Obama lastet:

"Der Druck, auf die Kritiken der Republikaner zu antworten, ohne schwach zu erscheinen, drängt US-Präsident Barack Obama den rauchenden Colt zu schwingen. In Wahrheit ist der mit Bomben geführte 'Krieg gegen den Terrorismus' schon längst verloren. Die Methoden George W. Bushs haben dazu geführt, dass sich der Terror in der Welt noch weiter ausgebreitet hat. Der moderne Krieg, der mit dem Attentat vom 11. September begonnen hat, muss vor allem mit Hilfe der Geheimdienste und auf wirtschaftlicher Ebene geführt werden. So mag die Versuchung, Obama in der momentanen Lage einen Mangel an Führungskraft vorzuwerfen, groß sein, es ist jedoch ein Irrtum. Denn der junge US-Präsident hat das Desaster geerbt und das erst vor zwölf Monaten. Doch die Zeit rennt und drängt Obama, zu beweisen, dass er nicht nur seinen Posten sondern auch seinen Nobelpreis verdient hat."

Die Wiener Zeitung DER STANDARD sieht in den Anschlagsplänen sogar Vorteile für Obama:

"Ausgerechnet Dick Cheney! US-Präsident Barack Obama musste sich nach dem vereitelten Terroranschlag auf Flug 253 vom früheren republikanischen Vizepräsidenten und Folterapologeten vorwerfen lassen, dass er die Terrorismusgefahr nicht ernst genug nehme. Cheney und seine Republikaner überschlugen sich am vergangenen Wochenende mit Wortmeldungen darüber, dass Obama 'soft on terror' sei. Das Ziel war klar: Der Vorfall in Detroit soll Obama politisch so schwer wie möglich schaden.

Aber tut er das tatsächlich auch? Auf den ersten Blick nicht. Denn die Vorwürfe sind, freundlich formuliert, völlig hirnverbrannt. Obama ist schon in seiner Wahlkampagne als Falke in Sachen Terrorismus aufgetreten. Zuletzt hat er die Terrorbedrohung als Hauptgrund dafür vorgebracht, die US-Truppen in Afghanistan aufzustocken. Anschlagversuche wie jener von Detroit spielen dem Präsidenten eher in die Hände, weil sie seine Pläne stützen."

Auch die HAMBURGER MORGENPOST verweist darauf, dass Obama schon vor dem vereitelten Anschlag Jemen angegriffen hat - und warnt vor mehr Gewalt:

"Seit Monaten schon greifen die USA dort Terror-Nester an in einem Krieg, über dessen zivile Opfer wir wenig hören. Verbündet hat man sich mit Jemens Präsidenten Salih, der Hilfe sucht für seinen brutalen Kampf gegen Schiiten im Norden. Und die haben nichts mit El Kaida zu tun. Es ist die gleiche Geschichte wie in Afghanistan. Doch aus Angst vor Washingtons republikanischen Kriegstreibern zieht Barack Obama die falschen Schlüsse. Den Terror stoppt man weder in Kabul noch in Sanaa mit immer mehr Feuerkraft. Im Gegenteil: Jedes verfehlte Geschoss, jede Drohne auf Abwegen produziert neue tote Frauen und Kinder, neuen Hass, neue Fanatiker. Und dann neue Anschläge."

Redaktion: Daniela Späth (ako)