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Pressetimmen von Samstag, 7.September 2002

zusammengestellt von Frank Gerstenberg 7. September 2002

Irak-Krise / TV-Duell zwischen Kanzler und Kandidat

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Die Irak-Krise ist das beherrschende Thema in den deutschen Tageszeitungen. Die Kommentatoren befassen sich vor allem mit den Folgen eines möglichen Krieges gegen Saddam Hussein. Weiterhin steht das TV-Duell zwischen Bundeskanzler Gerhard Schröder und Herausforderer Edmund Stoiber sowie die jeweiligen Wahlchancen im Blickpunkt.

Für den MANNHEIMER MORGEN steht fest, dass US-Präsident Bush auch ein persönliches Motiv in der Irak-Krise verfolgt:

"Auch wenn nächste Woche die schrecklichen Bilder vom 11. September die Emotionen bewegen werden - George W. Bush kann die ungedeckten Rechnungen aus der Vergangenheit nicht begleichen. Damals hat sein Vater den Marsch auf Bagdad abgeblasen. Diese Entscheidung war im Rückblick falsch. Sollte der Sohn dennoch einen zweiten Versuch
starten, dann könnte er Amerika vielleicht erneut in die Rezession führen - und wie George Bush die Schlacht am Wahltag verlieren."

Dies sehen die WESTFÄLISCHEN NACHRICHTEN aus Münster ähnlich:

"Missverständnisse, Fehler und verpasste Gesprächschancen: Das Ergebnis ist die Wiederkehr alter Vorurteile. Bush erscheint hier zu Lande als trotzig-naiver Cowboy, der mit Rambo-Methoden die Welt nach seinem Gusto gestalten und dabei seinem Vater zeigen will, dass er
mit Saddam richtig aufräumen kann. Und im Weißen Haus wirkt das Bild des zaudernden Deutschlands nach, das sich in moralinsaure Diskussionen verrennt, während Tony Blair Gewehr bei Fuß steht. Ist man sich diesseits und jenseits des Atlantiks im Klaren darüber, was auf dem Spiel steht?"

Der Regierung offenbar schon, meint die NEUE RUHR ZEITUNG aus Essen:

"Es ist richtig, dass Schröder Amerika im Kampf gegen den
Terror erneut Deutschlands Unterstützung versichert. Der Irak aber gehört nicht in dieses Umfeld. Bush hat mit einer Konstante amerikanischer Politik gebrochen. Ihm geht es um eine Erweiterung amerikanischer Macht. Und nicht mehr darum, die eigenen Interessen so durchzusetzen, dass sie auch anderen dienen, vor allem den Partnern. Auch die größte Militärmacht der Welt darf nicht so handeln, als seien alle, die jetzt Zweifel hegen, Schwächlinge und Bedenkenträger.
Der Rest der Welt ist nicht der Hinterhof der USA."

Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG vertritt in der Irak-Frage folgende Position:

"Offenkundig denkt in Europa niemand von Gewicht mehr daran, mit allem Nachdruck auf eine gemeinsame Haltung hinzuarbeiten. Nur all zu gern wird diesseits des Atlantiks die Stimmenvielfalt in Washington als Beleg für Richtungskämpfe und allgemeines Tohuwabohu genommen. Aber am Ende wird verbindlich entschieden, wo die Fäden zusammenlaufen. In Europa wird entschieden, wohin die Fäden auseinander laufen - je nach Gusto, Interesse oder politischer Wahl-Saison. Wem es wirklich Ernst ist mit Europa als ´global player` und dessen Fähigkeit zur Partnerschaft mit Amerika, der kann die Dinge nicht so schleifen lassen."

Die Zeitung DIE WELT befasst sich mit dem TV-Duell der beiden Kontrahenten Schröder und Stoiber am kommenden Sonntag:

"Diesmal wollen sie sich anblicken. Das zweite Duell zwischen Kanzler und Kandidat soll besser werden als vor zwei Wochen. Zu starr sei das erste Zusammentreffen geraten, zu choreografiert, lautete die fast einhellige Bewertung. Dennoch schalteten 15 Millionen Menschen
ein. Gerade die strenge Form hob die Auseinandersetzung zwischen Gerhard Schröder und Edmund Stoiber ab vom üblichen Polit-Talk. Weil die beiden sich nicht gegenseitig ins Wort fallen durften, weil nicht gewann, wer den Konkurrenten niedersprach, gerade deshalb wurde dies erste Duell ein Schlagabtausch im wörtlichen Sinn. Je freier Schröder sein kann, desto besser wird das Ergebnis der zweiten
Sendung für ihn ausfallen. Schon deshalb werden die Stoiber-Berater dafür sorgen wollen, dass sich die Spontaneität am Sonntag in Grenzen hält. Zumal der Druck auf Stoiber steigt. Vor zwei Wochen noch schien die Union uneinholbar vorn zu liegen. Nun könnte es doch ein enges Rennen werden."

Was den Wählerwillen und die teils widersprüchlichen Prognosen betrifft, meint abschließend die HESSISCH/NIEDERSÄCHSISCH ALLGEMEINE aus Kassel:

"Was wäre wenn die ersten Hochrechnungen am Wahlabend so unentschieden ausfallen wie die Vorhersagen des jüngsten
Politbarometers? Nun sind Stimmungsbilder das eine und ausgezählte Stimmen das andere. Das Wahlverfahren schließt ein völliges Patt zwischen den großen Parteien nahezu aus. Aber ein knapper Sieg egal für wen könnte bitter schmecken. Nämlich dann, wenn der PDS der Sprung in den Bundestag gelingt. Er hätte zur Folge, dass SPD und
Union zu Verbündeten in der Niederlage würden. Der Wählerwille ist diesmal ungewöhnlich schwebend. Und keiner kann sagen, wo er letzten Endes seinen Landeplatz findet."