1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Priester! Trotz allem

1. Juli 2010

Seit den Missbrauchsskandalen haben Priester einen schlechten Ruf. Stehen unter Generalverdacht. Trotzdem gibt es noch junge Männer, die sich zum Priester berufen fühlen. Wie gehen sie mit den Vorfällen um?

https://p.dw.com/p/O8MW
Ein Priester hält einen Rosenkranz und eine bischöfliche Erklärung zu den Missbrauchsfällen durch Jesuiten-Pater in der Hand (Foto: dpa)
Bild: picture alliance / dpa

Seit elf Jahren ist Regamy Thillainathan in der Kinder- und Jugendarbeit tätig. Als er das erste Mal vom Missbrauch innerhalb der katholischen Kirche hörte, war er fassungslos, sprachlos, dann wütend. Immer noch ist er enttäuscht über das Handeln seiner "Mitbrüder im priesterlichen Dienst". "Wir haben das Vertrauen von Eltern und Kindern missbraucht." Thillainathan sagt bewusst "wir", denn er begreift die Kirche als großes Ganzes, bestehend aus vielen Einzelnen.

Priester Regamy Thillainathan (Foto:Petra Nicklis)
Regamy Thillainathan zieht sich zwar ab und an...Bild: Petra Nicklis

Der Missbrauch sei passiert "inmitten dieser Kirche, für die ich gerade stehe, für die ich mein Leben einsetze". Seinem in Verruf geratenen Arbeitgeber den Rücken zu kehren, kam für ihn deshalb nie in Frage. Ans Hinschmeißen hat der 28-Jährige nie gedacht. Thillainathan versucht zu helfen. Doch geeignete Worte gebe es nicht, um den Opfer zu sagen, wie leid es einem tue. Immer wieder thematisiere er in seinen Predigten den Missbrauch und biete Gespräche an.

Die große Sehnsucht

Regamy Thillainathan wurde in Sri Lanka geboren. Aufgewachsen ist er im rheinischen Neuss. Hier ist er zur Schule gegangen, hier engagierte er sich in seiner Heimatgemeinde, St. Marien. Später leitete er dort die Pfarrjugend. Das Gefühl, zum Priester berufen zu sein, habe er schon seit frühester Jugend gehabt, sagt er, aber er habe den Gedanken beiseite geschoben. Doch der ließ ihn nicht los. Mit 17 Jahren trat er schließlich in das Sebastianuskloster in Neuss ein.

Glasfenster einer Kapelle (Foto: Petra Nicklis)
...hinter diese Kapellenfenster zurück,...Bild: Petra Nicklis

Weil er minderjährig war, mussten seine Eltern ihre Einwilligung geben und sie gaben dem Drängen ihres Sohnes nach, trotz all der anderen Pläne und Träume, die sie für ihn hatten. Seine Freunde versuchten ihm auszureden, ins Kloster zu gehen, doch Regamy Thillainathan verbrachte letztlich seine gesamte Oberstufenzeit auf dem Gymnasium bis zum Abitur im Sebastianuskloster, drei Jahre. Auf Anraten von Kardinal Meisner, dem Erzbischof von Köln, ging er anschließend, im Alter von 20 Jahren, nach Bonn und begann dort 2002 mit dem Theologiestudium - als Priesterkandidat.

Keine Pflicht, sondern Auszeichnung

Der Zölibat, also die Ehelosigkeit und sexuelle Enthaltsamkeit, sei für ihn kein Verzicht, sondern eine Bevorzugung, sagt er. Ihm sei Gott so nahe gekommen, dass er die Beziehung zu Gott allen anderen vorziehe. Er studierte unter anderem in Indien und arbeitete mit den Missionarinnen der Nächstenliebe von Mutter Teresa zusammen. In Burgos, Nordspanien, setzte er sein Studium fort. Abschluss in Bonn. Kardinal Meisner legte ihm danach Düsseldorf ans Herz, um dort seine Seminaristenzeit zu absolvieren. In der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt wurde er dann zum Diakon geweiht und arbeitet jetzt dort als Neupriester.

Priester Regamy Thillainathan knieend in Kapelle (Foto: Petra Nicklis)
...aber nur um zu beten. Nicht um sich zu versteckenBild: Petra Nicklis

Er ist auch deutlich als Priester zu erkennen, wenn er über die Straße läuft. Angefeindet wurde er noch nicht – auch nicht, als die Wogen rund um die Missbrauchsfälle richtig hoch kochten. Es sei gerade jetzt wichtig, sich nicht zu verstecken, sagt er. Denn er und viele andere hätten sich ja nichts vorzuwerfen. Es dürfe nichts mehr vertuscht oder verheimlicht werden, alles, was im Dunkeln liege, müsse ans Licht gezerrt werden und sei es auch unter Schmerzen. Die Krise müsse eine Reinigung sein.

Autorin: Petra Nicklis
Redaktion: Marlis Schaum