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Simbabwe Regierung

Ludger Schadomsky12. Februar 2009

Morgan Tsvangirai ist als neuer Premierminister Simbabwes vereidigt, sein 31-köpfiges Kabinett muss dringend handeln. Vorrangig ist jetzt der schnelle Aufbau der Wirtschaft. Ludger Schadomsky kommentiert.

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Bild: DW

Auch wenn nun eine Einigung über die Kontrolle der Sicherheitskräfte erzielt werden konnte, behält die ZANU-PF von Robert Mugabe die wichtigsten Portfolios. Derweil laviert die westliche Staatengemeinschaft zwischen Sanktionen und dem Versprechen von Hilfsmillionen.

Südafrikas Anti-Apartheid-Ikone Desmond Tutu kommentierte die Zwangsehe im Nachbarland wenig euphorisch. Der Koalitionsvertrag sei das Papier nicht wert, so Tutu sinngemäß, und Wandel in Simbabwe könne es nur ohne Mugabe geben. Dies ist freilich Wunschdenken des Erzbischofs, denn Mugabe wird frühestens nach einer achtzehnmonatigen Übergangsperiode bis zu Neuwahlen zum Rücktritt zu bewegen sein.

Also nur mit Mugabe?

Robert Mugabe vor der Wahl in Simbabwe
Mächtiger DinosaurierBild: AP

Wer sich freilich allein auf die beiden Hauptprotagonisten einschießt, der verkennt, dass das mit Abstand wichtigste Amt nun Tendai Biti zukommt. Der Jurist und MDC-Wirtschaftsexperte wurde wie allgemein erwartet von Tsvangirai zum Finanzminister berufen. Das Wirken des 42jährigen, der die Opposition in den Verhandlungen mit Mugabes ZANU-PF vertrat, wird entscheidenden Anteil daran haben, ob Simbabwe, das angesichts einer Hyperinflation von zuletzt 230 Millionen Prozent seine Währung freigab, Vertrauen bei Gebern und Kreditinstituten zurückgewinnen und seine Wirtschaft reanimieren kann.

Alles hofft auf den MDC-Finanzminister

SADC Gipfel in Südafrika Morgan Tsvangirai und Tendai Biti
Morgan Tsvangirai (links) mit Tendai BitiBild: picture-alliance/ dpa

Wenn Biti, der erst in der vergangenen Woche vom Vorwurf des Hochverrates freigesprochen wurde, seinen Job gut macht, könnte sich in Simbabwe der Südafrika-Effekt der 90er Jahre einstellen: Damals übernahm mit Trevor Manuel ein international anerkannter Mann das Finanz-Ressort, beruhigte die nervösen Märkte und sorgte dafür, dass Südafrika exzellente Kreditratings bekam. Wenn Biti der Versuchung widersteht, sich mit dem Gouverneur der Zentralbank und Mugabe-Vertrauten Gideon Gono Dauerfehden zu liefern, sollten die Europäer wie versprochen schnell und unbürokratisch ihre Hilfe wiederaufnehmen und ggf. ihre Sanktionspolitik überdenken.

Zeitbombe Cholera

Simbabwe Cholera Epidemie
Mit der Schubkarre zur KlinikBild: picture-alliance/ dpa

Auch jenseits der Wirtschaft sind die Herausforderungen enorm: Die Cholera-Epidemie mit bislang fast viertausend Toten ist nach wie vor nicht kontrolliert, die Lebenserwartung auf 30 (Frauen) bzw. 32 Jahre (Männer) gesunken. Gesundheits- und Bildungssystem liegen ebenso am Boden wie die Landwirtschaft. Angesichts dieser enormen Aufgaben schauen nicht nur die Entwicklungspartner im Westen gebannt auf das Experiment in Simbabwe. Vor allem der Nachbar Südafrika erhofft sich, dass ein gutes Jahr vor der WM 2010 endlich Ruhe einkehrt. Immerhin ist Afrikas Wirtschaftsmotor durch die Krise im Nachbarland erheblich ins Stottern geraten. Der Flüchtlingsstrom über die Grenze hat zudem das mühsam austarierte soziale Gleichgewicht im Post-Apartheidland erschüttert.

Verantwortung der SADC bleibt

Sambia Entwicklungsgemeinschaft Südliches Afrika Treffen
Unter Freunden: SADC-Gipfel in SambiaBild: AP

Für die Regional-Staatengemeinschaft SADC bleibt Simbabwe vorerst die größte anzunehmende Bewährungsprobe. Die einen loben das Krisen-Management und sagen, allein dem Druck der SADC (Botswana, Sambia) sei die Einheitsregierung zu verdanken. Andere fürchten, dass eben dieser Druck auf Tsvangirai, mit dem Posten des Premierministers de facto seinen Anspruch auf den Wahlsieg abzutreten, dem Scheitern Vorschub leiste. So oder so: Die SADC tut gut daran, Sicherheitskräfte bereitzuhalten, sollte die Übergangsphase gewalttätig verlaufen.

Menschrechte stärken

Protest in London gegen die Regierung in Simbabwe
Proteste gegen Mugabe in LondonBild: AP

Mugabe und Tsvangirai „kämen gut miteinander aus“, meldete der südafrikanische Interimspräsident Kgalema Motlanthe zu Beginn der Woche. Ob man es glauben darf? Entscheidender als persönliche Sympathie sind jetzt politische Gesten: etwa die Freilassung der Menschenrechtsaktivistin Jestina Mukoko und 30 politischer Mitgefangener, die seit Monaten im Gefängnis vegetieren. Und Mugabe wäre gut beraten, seine Pläne zurückziehen, zu seinem 85. Geburtstag am 21. Februar eine 300.000 Dollar teure Party zu schmeißen. Er schuldet es seinen geknechteten Landsleuten. Und es würde manch einem die Entscheidung versüßen, Mugabe eine Generalamnestie und ein Auslieferungsverbot auszuhändigen.