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Bosnien Arbeitsmarktlage

18. November 2010

In Bosnien sind oft Schmiergeld und Beziehungen für die Anstellung im öffentlichen Dienst nötig. Wenn ein Arbeitsloser beides ablehnt, bleiben private Arbeitsvermittler. Und die verzeichnen eine hohe Vermittlungsquote.

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Eine Hand berührt ein das Werbeplakat mit der Aufschrift Job (Foto: dpa)
Hohe Vermittlungsquote bei der Internet-JobbörseBild: dpa Zentralbild

Korruption ist in Bosnien-Herzegowina laut dem diesjährigen Bericht von Transparency International (TI) besonders im öffentlichen Dienst ausgeprägt. Häufig wird für eine Festanstellung die Mitgliedschaft in einer Partei oder Schmiergeld gefordert. In dem Land, das sich noch immer im Übergang vom Sozialismus zur Marktwirtschaft befindet, gilt der Privatsektor als unsicher.

Viele Firmen überleben nicht lange auf dem freien Markt. Daher sind Stellen im öffentlichen Dienst sehr begehrt. Darüber hinaus ist die Arbeitslosenquote in Bosnien-Herzegowina mit 44 Prozent eine der höchsten in Europa. Das heißt, die Zahl der Arbeitslosen hat 500.000 bei einer Gesamtbevölkerungszahl von rund 4,6 Millionen seit längerem überschritten.

Haris Culjkovic, Pressesprecher von einem Arbeitsamt in Bosnien (Foto: DW)
Pressesprecher Haris Culjkovic sieht Mitverantwortung bei ArbeitslosenBild: Haris Culjkovic

Geringe Vermittlungsquote

Der Staat ist zwar bemüht die Menschen in Arbeit zu bekommen. Doch ist die Erfolgsquote der staatlichen Arbeitsvermittler sehr gering. Auch wenn es im Land 13 verschiedene staatliche Arbeitsagenturen gibt, haben nur zehn Prozent der Beschäftigten Arbeit über diese Behörden bekommen. Arbeitnehmer, die ihren Arbeitsplatz verloren haben, melden sich daher nicht bei diesen Agenturen als arbeitslos, weil sie hoffen, in Arbeit vermittelt zu werden. Sie melden sich meist nur um 160 Euro Arbeitslosengeld zu beziehen.

"Diese Unterstützung zahlen die Agenturen nur, wenn die früheren Arbeitgeber auch in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt haben", sagt Haris Culjkovic, Pressesprecher einer der Agenturen. Cjuljkovic zufolge sind Arbeitslose dazu verpflichtet, Arbeit zu suchen. Die Agenturen seien dazu da, sie für die Arbeitnehmer fit zu machen durch diverse Fortbildungen und Vorbereitungen auf den Arbeitsmarkt. Haris Culjkovic sagt indes, dass viele Schwarzarbeit annähmen und weiterhin Arbeitslosengeld bezögen.

Logo von Transparency International
Korruptionswächter üben Kritik am Öffentlichen Dienst

Politische Einflussnahme

Die Pressesprecherin von TI in Bosnien, Ivana Korajlic, meint, dass Arbeitswillige in Bosnien ohnehin auf andere Weise Arbeit suchten und häufig zu Beziehungen griffen, um eine Arbeitsstelle zu bekommen. "Korruption bei der Einstellung ist im öffentlichen Sektor besonders verbreitet." Am meisten betroffen sei das Gesundheits- und Schulwesen, so Ivana Korajlic.

Gängige Forderungen, zum Beispiel an Universitätsabsolventen, sei etwa die Mitgliedschaft in einer Partei. Auch ginge es oft um Geld. "Wenn jemand sich für einen Bewerber bei einer Stelle im öffentlichen Dienst einsetzt, fordert dieser ein Jahresgehalt oder 5000 Euro. Und auch wenn sie keine Beziehungen nutzten wollen, werden die Bewerber förmlich [von Parteien] aufgespürt", meint Korajlic.

So sei es ihr zufolge ist es schon vorgekommen, dass eine Person zum Vorstellungsgespräch erscheint, aber zu einer Parteiveranstaltung gebracht wird. Ihr werde auferlegt, in Wahlen für diese Partei zu stimmen. Daraufhin würde die Person als Mitglied aufgenommen, und erst dann als ernsthafter Kandidat für die vakante Stelle betrachtet.

Solche Fälle seien häufig während des Wahlkampfes 2010 aufgetreten, erläutert Korajlic. Die Person, die dem Bewerber die Arbeit verschafft habe, trete nach einer gewissen Zeit an den Neuankömmling heran und fordere, die Parteilinie bei ihrer Arbeitsstelle zu vertreten oder im Interesse der Partei zu handeln. Dies ist laut TI noch verwerflicher als Geld für einen Arbeitsplatz zu fordern, weil es den freien Willen und die politische Mündigkeit der Bürger beeinträchtigt.

Internet-Jobbörse auf dem Vormarsch

Es gibt aber auch viele, die diese Machenschaften ablehnen. Diese Arbeitssuchenden haben die Möglichkeit, über private Arbeitsvermittler eine Anstellung zu suchen. Diese sind auch im Internet vertreten wie die Website www.posao.ba. In den vergangenen sieben Jahren haben bei dieser Jobbörse 140.000 Arbeitssuchende ihren Lebenslauf auf die Seite gestellt. Zugleich haben dort 50.000 Arbeitgeber Stellenangebote eingestellt.

Über diese Jobbörse haben bislang 40.000 Menschen Arbeit gefunden. "Das heißt, dass 80 Prozent der Arbeitgeber, die Mitarbeiter über unsere Seite gesucht haben, auch welche gefunden haben, die ihren Kriterien entsprachen. Dabei handelt es sich überwiegend um privatwirtschaftliche Unternehmen", sagt die Pressesprecherin der bekanntesten Internet-Jobbörse des Landes, Vedrana Maglajlija.

Am meisten gesucht werden ihr zufolge Kaufleute, Verkäufer, Verwaltungsangestellte, Buchhalter, Manager, Programmierer, Pflegekräfte und Ingenieure.

Autoren: Milan Sutalo / Mirjana Dikic

Redaktion: Fabian Schmidt